Gesundheitstherapien müssen halten, was sie versprechen
Niemand wird abstreiten, dass Sauerstoff eine positive Wirkung auf den Menschen hat. Deshalb darf ein Gerät, das Sauerstoff auf eine besondere Weise verarbeitet, aber nicht gleich als "Basistherapie gegen Zivilisationskrankheiten" beworben werden. Jedenfalls nicht, solange diese Eigenschaft nicht durch entsprechende Tests und Forschungen nach wissenschaftlichen Standards belegt ist. Mit dieser Einschätzung gab das Landgericht Köln (Az. 33 O 88/13) der Klage eines Verbraucherschutzvereins gegen die Verkäuferin sogenannter "B"-Geräte statt.
Die Beklagte hatte in einer Zeitungsbeilage mit dem "B"-Gerät geworben und dessen Vorzüge angepriesen. Das Gerät, so die Beschreibung, wandle auf der Grundlage von Photosynthese die trägen Moleküle des Sauerstoffs in der Atemluft in eine Art "Powerluft" um. Damit werde die Energieproduktion in jeder Körperzelle gefördert, was langfristig der Gesundung von Kranken bzw. der Gesundheit an sich diene. Regeneration, Konzentration, Ausdauer und Wohlbefinden könnten damit gesteigert werden, die Atemluft werde so zum gesundheitsrelevanten Wirkstoff. Der Fachbegriff dieser Art der Behandlung lautete Spirovital-Therapie. Garniert war die Werbung mit dem Zitat "Belegbarer Erfolg" und den lobenden Worten eines Facharztes.
Der klagende Verein attestierte unlauteren Wettbewerb. Die Händlerin werbe damit, dass die Spirovital-Theraphie bzw. ihre Geräte in Bezug auf die getroffenen Aussagen wirksam seien. Rein wissenschaftlich sei diese Wirksamkeit aber gar nicht gesichert. Oder anders ausgedrückt: Die Beklagte behauptete laut Verein nur, dass ihr Sauerstoffgerät positive Effekte habe, konnte es aber nicht beweisen.
Dieser Sichtweise des Klägers schloss sich das Landgericht an. Gemäß § 3 HWG liege eine unzulässige irreführende Werbung insbesondere dann vor, wenn Arzneimitteln Wirkungen angedichtet werden, die sie nicht haben. Werbeaussagen für Produkte im Gesundheitsbereich seien nur dann zulässig, wenn sie aufgrund gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnisse getroffen wurden. Dies sei hier aber nicht der Fall gewesen.
Zu ihrer Verteidigung hatte die Beklagte eine Druckschrift mit dem Titel „Medizinisch-wissenschaftliches Kompendium Spirovital-Therapie mit Airnergy” vorgelegt. Damit wollte sie die Wirksamkeit ihres Geräts belegen. Das Gericht kam nach der Lektüre aber zum gegenteiligen Schluss, die Wirksamkeit werde durch die Druckschrift eben gerade nicht belegt. Schon im Vorwort machte dort ein Mediziner darauf aufmerksam, dass es bis heute keine Möglichkeit gegeben habe, Groß-Tests durchzuführen. Zudem sei es generell schwierig, die Wirkung von Naturheilmitteln nachzuweisen.
Immerhin war in der Druckschrift nachzulesen, dass es eine Studie gegeben hat, die nach den anerkannten Regeln und Grundsätzen wissenschaftlicher Forschung durchgeführt worden war. Die Ergebnisse konnten jedoch keine einzige der Werbeaussagen der Beklagten zur Wirksamkeit ihrer Sauerstoffduschen untermauern. Abschließend weist das Gericht in seinem Urteil auf einen ebenfalls in der Druckschrift enthaltenen Beitrag einer Medizinerin hin. Aus dem geht hervor, dass erst weitere klinische Untersuchungen nötig sind, bevor jemand sagen könne, inwieweit die Spirovital-Therapie tatsächlich wirksam und für therapeutische Arbeit von Nutzen ist. Mit der Vorlage dieses Beweismittels hatte sich die Beklagte ein klassisches Eigentor geschossen.
Kommentar
Wenn es um die eigene Gesundheit geht, zieht selbst der Geizigste die Spendierhosen an. Das wissen auch findige Geschäftemacher. Dass ein Produkt mit Eigenschaften beworben wird, das es gar nicht hat, kennen wir aus der Lebensmittelindustrie zur Genüge. Hier ärgern wir uns bestenfalls, wenn im Marillentee gar keine Marillen drin sind. Beim sensiblen Thema Gesundheit hört der Spaß jedoch auf. Wenn Kranke im Vertrauen auf die in der Werbung angepriesene Wirksamkeit Geld für ein Mittel oder, wie im beschriebenen Fall, für eine Therapie ausgeben, dann muss gesichert sein, dass ebendiese Wirkung wissenschaftlich belegt ist. Die Aussage eines einzelnen Arztes reicht hier bei weitem nicht aus. Nachweise nach wissenschaftlichen Standards konnte die Beklagte aber nicht erbringen, stattdessen legte sie eine Broschüre vor, in der jeder nachlesen konnte, dass die Wirksamkeit ihrer Therapie eben nicht gesichert war. Möglicherweise hatte sie etwas zu viel "Powerluft" geschnuppert ...
LG Köln, Urteil vom 01.10.2013, Az. 33 O 88/13