Gekaufte Kundenbewertungen – erkauftes Vertrauen
Kaum ein Onlineshop möchte noch auf sie verzichten: die Kundenbewertung. Dies insbesondere in Anbetracht der Tatsache, dass sich Produkte mit 4 oder 5 Sternen (eine 5 Sterne Skala zu Grunde legend) besonders gut verkaufen und Onlinekunden auf solche Bewertungen offensichtlich große Stücke halten. Allerdings sind angeblich ca. 20 -30 Prozent dieser Kundenbewertungen gefälscht, wie Computerbild unlängst in einem Selbstversuch ausführte. Der Weg zu solchen gekauften Kundenbewertungen ist denkbar einfach, wie das Beispiel „YourRate“ zeigt. Registrieren und ein entsprechendes Paket zur Abgabe von Bewertungen auswählen.
Wird die Bewertung innerhalb der Bewertungsportale, wie z.B. Google Places, Yelp, Pointoo abgegeben, erhält der Bewerter, der sich ebenfalls über YourRate registrieren kann, eine Vergütung von mindestens 1,00 €.
Ein Hinweis auf YourRate oder die Entlohnung der Bewerter in den Bewertungen ist nicht Voraussetzungen.
Derartige erkaufte Kundenbewertungen sind nach unserer Ansicht jedoch ganz klar unzulässig, da es sich zum einen um Schleichwerbung handelt und zumeist gegen die AGB der Bewertungsportale verstoßen wird.
Zugegebenermaßen ist diese Problematik nicht neu. Obergerichtliche Entscheidungen hierzu existieren bereits. So hat zum Beispiel das OLG Hamm (Az.: I-4 U 136/10) bereits entschieden:
„Die Klägerin wird verurteilt, bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000, EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu vollstrecken an ihrem Geschäftsführer, es zu unterlassen, im Rahmen geschäftlicher Handlungen bei Fernabsatzverträgen über Druckerzubehör ihren Kunden ein Entgelt für die Abgabe einer Bewertung auf dem Meinungsportal D in Aussicht zu stellen, so wie in ihrem Newsletter vom 15.03.2010 gemäß Anlage B 9 geschehen, wenn bei D nicht darauf hingewiesen wird, dass die entsprechenden Bewertungen und Erfahrungsberichte gegen Entgelt erfolgt sind.
Die Klägerin wird verurteilt, der Beklagten Auskunft über den bisherigen Umfang der im Unterlassungsantrag beschriebenen Handlungen zu erteilen.
Es wird festgestellt, dass die Klägerin verpflichtet ist, der Beklagten sämtliche Schäden zu ersetzen, welche dieser aus den im Unterlassungsantrag beschriebenen Handlungen bereits entstanden sind oder noch entstehen werden.“
Zudem müssen die Bewertungen in einem objektiven Verfahren zustande gekommen sein, so das LG Duisburg (Az.: 25 O 54/11 -noch nicht rechtskräftig OLG Düsseldorf I-20 U 55/12). Es liegt bereits ein Wettbewerbsverstoß vor, wenn auf ein Bewertungsportal verwiesen wird, das die dort erfolgten Bewertungen nicht vollständig auflistet, sondern negative Bewertungen erst nach einem Schlichtungsverfahren frei gibt.
„Die Beklagte wird verurteilt, bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der zukünftigen Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 € und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, der Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollziehen an den Vorstandsmitgliedern der Beklagten, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr mit Äußerungen von Kunden über Zahnersatzprodukte des Unternehmens außerhalb der Fachkreise zu werben, insbesondere wenn dies dergestalt geschieht, dass im Rahmen eines Internetauftritts als ein Hyperlink ausgestalteter Werbebanner – wie aus der Anlage ersichtlich – präsentiert wird, bei dem über die Verlinkung Äußerungen von Kunden über Zahnersatzprodukte des Unternehmens aufgerufen werden können, die im Rahmen eines anderen Internetauftritts aufgeführt sind, ohne dass dort sämtliche Kundenbewertung aufgeführt werden.“
Unternehmen, die auf diese Weise Kundenbewertungen sammeln, seien gewarnt. Sie setzen sich durch diese gekauften Kundenbewertungen wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen, sowohl von Verbraucherschutzverbänden als auch von Mitbewerbern aus.
§ 4 Nr. 3 UWG als Gefährdungstatbestand soll verhindern, dass Verbraucher und andere Marktteilnehmer über die wahren Absichten des Händlers getäuscht werden. Er dient damit zum einen dem Schutz der Mitbewerber, wie auch dem Interesse der Allgemeinheit an einem fairen und unverfälschten Wettbewerb.
Falsche Bewertungen dienen dazu, den beworbenen Artikel aus der Masse hervorzuheben und seine angeblichen Vorteile zu verdeutlichen. Der Werbecharakter von geschäftlichen Handlungen wird hierdurch verschleiert.
Bei so zustande gekommenen Beurteilungen handelt es sich um wettbewerbswidrige, bezahlte Empfehlungen. Wird mit derartigen Kundenempfehlungen geworben, darf die Bewertung grundsätzlich nicht erkauft sein. Die Verwendung derartiger Bewertungen ist unzulässig, soweit auf die Bezahlung nicht ausdrücklich hingewiesen wird, zumal die Bewerter bei der Abgabe seines Urteils nicht frei und unbeeinflusst sind. Genau dies erwartet der Rechtsverkehr jedoch, wenn er derartige Äußerungen liest. Ist die lobende Äußerung über das Produkt dagegen "erkauft", ohne dass auf die versprochene Gegenleistung hingewiesen worden ist, wird der Verkehr irregeführt (OLG Hamburg GRUR 1979, 246).
Solche wettbewerbswidrigen Empfehlungen zu erkennen, dürft nicht einfach sein. Jedoch habe ich mich schon öfters gewundert, wie viel Zeit und Aufwand angeblich einige Käufer eines Produkts in derartige Bewertungen investieren (hier am Beispiel eines Samsung Camcorders für für ca. 190 EUR):
Manche doch sehr ausführliche "Kundenmeinungen" lassen sich selbst bei hoher Auflösung nur durch scrollen vollständig lesen.
Doch woran lassen sich gefakte „Kundenbewertungen“ erkennen?
Gekaufte „Kundenbewertungen“ lassen sich nicht mit Sicherheit aus der Masse der regulären Bewertungen herausfiltern. Allerdings gibt es Indizien, die für „gekaufte Sterne“ sprechen:
- Wird wie im obigen Beispiel eine „Katalog-Sprache“ verwendet und kennt der Bewerter alle technischen und gerätespezifischen Einzelheiten bis ins Detail ist Vorsicht geboten. Oftmals werden hier die Herstellerangaben nur in eine andere sprachliche Form gepackt. Wenn die Bewertung dann noch so umfangreich ist wie oben, sollten Sie diese in der Regel nicht in Ihre Kaufentscheidung mit einbeziehen.
- Schreibt der Bewerter (in kürzester Zeit) viele Bewertungen, ist die Wahrscheinlichkeit für Fälschungen hoch. Wer hat so viel Zeit derart viele Rezensionen zu schreiben? Wenn diese noch alle so umfangreich sind wie in unserem Beispiel oben, sollten Sie dieser Bewertung keinen Glauben schenken.
- Sind die Bewertungen einseitig euphorisch positiv oder negativ? Dann sollten Sie diesen besser nicht vertrauen. Werden die Vor- und Nachteile von Produkten hingegen gegeneinander abgewogen, spricht viel für eine echte Bewertung.
- Liegen für ein Produkt nur wenige und sehr ausführliche Bewertungen vor, die zudem durchweg positiv sind, sollte auf andere Portale ausgewichen werden.
- Stehen auf unterschiedlichen Portalen identische Bewertungen, liegt der Verdacht eines professionellen Einsatzes nahe. Denn welcher Verbraucher macht sich eine derartige Mühe?
- Bewertet ein User ausschließlich ein Produkt oder werden von diesem ausschließlich Geräte einer bestimmten Marke bewertet? Derartigen Bewertungen sollte kein Vertrauen geschenkt werden.
- Fällt bei den Bewertungen auf, dass diese sehr ähnlich oder sogar gleich formuliert wurden? Werden immer wieder Standardfloskeln und die gleichen Formulierungen verwendet? Hier hilft eine Suchmaschine weiter. Einfach mal die Bewertung in die Suchmaschine eingeben. Findet diese identische Bewertungen z.B. auf anderen Shops, ist eine gekaufte Bewertung beinahe bewiesen.
- Es ist davon auszugehen, dass insbesondere kleine Anbieter keinen großen Aufwand betreiben und auch nicht über die nötige Erfahrung verfügen, falsche Kundenbewertungen herauszufilter. Vorsicht sollte in jedem Fall bei Anbietern walten, die Kundenmeinungen anonym ermöglichen.
- Weiter sollte man gezielt auch nach kritischen Stimmen zu dem beworbenen Produkt suchen. Natürlich gibt es überall notorische Nörgler. Allerdings können 2-oder 3-Sterne-Bewertungen auch für eine kontroverse Auseinandersetzung mit dem Produkt sprechen, was falsche Bewertungen vermissen lassen.
Vorsicht ist insbesondere auch dann geboten, wenn ein Shop erst seit kurzer Zeit zur Verfügung steht und schon eine große Anzahl von Bewertungen vorliegt. Wenn dann noch die Preise in diesem Shop deutlich unter denen von anderen Shops liegen und ausschließlich die Bezahlung per Vorkasse angeboten wird, sollte keine Bestellung getätigt werden. Es ist zu befürchten, dass die Ware niemals ankommt.
Fazit: Traue keiner Bewertung, die du nicht selbst geschrieben hast!
Nachtrag:
Auf Grund zunehmender Bedeutung möchten wir eindringlich davon abraten, Produkte eines Konkurrenten oder gar den Shop des Konkurrenten durch gekaufte negative Bewertungen im Ansehen (der Verbraucher) herabzustufen. Offensichtlich gibt es auch für derartige Dienstleistungen einen Markt. Hier setzt sich der Aufraggeber u.U. jedoch Unterlassungs-, Auskunfts- und Schadensersatzansprüchen aus, die schnell als Boomerang auf ihn zurückkommen können, sollte dies auffliegen.
Nachtrag:
Aktuelle Entscheidung des Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 10.09.2013, Az. 4 U 48/13 zu diesem Thema.
Kommentare (1)
Julia
"Du bewertest mich mit 5 Sternen und warum wir gut sind und wir schicken dir ein gratis Überraschungpaket"
Welche Schritte kann man gegen solche Händler einleiten?
Wohin wende ich mich am Besten?
vielen Dank und herzliche Grüße, Julia
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