Gebrauchsanleitung ist in Landessprache mitzuliefern
Hinsichtlich fremdsprachiger Gebrauchsanleitungen hat sich das Landgericht Essen mit Urteil vom 11.03.2020 geäußert, dass es als nicht ausreichend wertete, eine englischsprachige Gebrauchsanleitung des Produktes in Papierform mitzuliefern. Auch ein auf Email Anfrage zugestellter zusätzlichem Link, der zu einer deutschsprachigen Anleitung eines ähnlichen Produkts führt, tue dem nicht genüge. Demnach stellte das Gericht fest, dass zur Gewährleistung von Sicherheit und Gesundheit eine deutschsprachige Gebrauchsanleitung zu dem identischen Produkt mitzuliefern ist.
Hintergrund
Der Beklagte vertreibt unter anderem umfangreich sicherheitstechnische Produkte aus dem Bereich Feuer- und Brandprävention, die sowohl im gewerblichen als auch im privaten Bereich eingesetzt werden können auf einer Handelsplattform. Gleichartige Produkte vertreibt der Kläger, der im Rahmen eines Testkaufs festgestellt hat, dass einem Produkt des Beklagten keine deutschsprachige Gebrauchsanweisung beigefügt war, die gesamte Produktverpackung war ausschließlich in englischer Sprache. Auch auf dem Produkt selbst, bei dem es sich um einen Gaswarnmelder gehandelt hat, befanden sich keine sicherheitsrelevanten Hinweise in deutscher Sprache. Der Kläger mahnte den Beklagten daraufhin mit anwaltlichem Schreiben vom 25.4.2019 ab. Letzterer lehnte die Vorwürfe jedoch ab.
Kläger warf wegen besonderer Sicherheitsrelevanz Vorsatz vor
Der Kläger war der Ansicht, ihm stehe ein wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch zu, weil der Beklagte gegen § 3 Abs. 4 des Produktsicherheitsgesetzes verstoßen habe, indem er keine Gebrauchsanweisung in deutscher Sprache mitgeliefert hat. Der Verstoß sei wegen der Sicherheitsrelevanz des angebotenen Produkts besonders gravierend und vom Beklagten sogar vorsätzlich begangen. Weiter folge ein Auskunfts- bzw. Schadensersatzanspruch aus § 9 UWG i.V.m. § 242 BGB.
Beklagter hatte viel entgegenzuhalten
Der Beklagte hingegen war der Ansicht, es liege kein Verstoß gegen das Produktsicherheitsgesetz vor, weil mit Email vom 05.03.2019 ein Link zu einer deutschen Anleitung bereitgestellt worden sei. Diese Anleitung habe sich auf ein „praktisch identisches“ Gerät bezogen. Darüber hinaus sei eine Betriebsanleitung schon gar nicht notwendig, da das Produkt selbsterklärend gewesen sei. Neben der Einrede der Verjährung macht er weiter geltend, die Abmahnung des Klägers sei rechtsmissbräuchlich, weil es sich aufgrund vorher ergangener emotionaler Geschehnisse um eine sogenannte „Rache Abmahnung“ handele. Die Rechtsmissbräuchlichkeit bestätige auch das Indiz, dass der Kläger ein großer Händler sei, sodass der Verkauf des in Rede stehenden Produkts nur einen geringen Anteil dessen Umsatzes ausmache. Gegen ihn als kleinen Händler dürfe demnach keine Abmahnung ausgesprochen werden.
Selbst deutschsprachige Anleitung ähnlicher Produkte nicht ausreichend
Das Landgericht urteilte zugunsten des Klägers und gewährte diesem einen Anspruch auf die begehrte Unterlassung aus §§ 8 Abs. 1 und 3, 3a UWG iVm. § 3 Abs. 4 UWG. Es entspreche nicht den Voraussetzungen des § 3 Abs. 4 Produktsicherheitsgesetz, eine Gebrauchsanweisung in englischer Sprache zur Verfügung zu stellen. Der nach eigenem Vortrag des Beklagten per E-Mail vom 05.03.2019 übersandte Link zu einer Bedienungsanleitung in deutscher Sprache war gleichsam nicht ausreichend, da die Gebrauchsanweisung nicht das identische Produkt betreffe. Daran könne auch die Produktähnlichkeit beider Geräte nichts ändern, da es sich um ein anderes Gerät eines anderen Typs handelte. Ebenfalls könne von dem Beklagten nicht mit Erfolg eingewendet werden, dass die Abweichungen der Geräte sich nur auf den Bereich der Batterien beziehen, da die Funktionsweise unstreitig voneinander abwich und damit eine andere Gebrauchsanweisung nicht den gesetzlichen Vorgaben entspreche.
Der Einwand der Verjährung, den der Beklagte erhebt, sei nicht zielführend. Die Frist des §§ 11 Abs. 1 UWG von sechs Monaten war am 05.09.2019, an dem die Klage bei Gericht eingegangen ist, noch nicht abgelaufen. Schließlich greife auch der Einwand der Rechtsmissbräuchlichkeit der Abmahnung im Sinne von § 8 Abs. 4 S. 1 UWG nicht durch. Der Einwand sei zunächst nicht ausreichend dargelegt worden.
Abmahnung durch größeren Händler ist keineswegs rechtsmissbräuchlich
Das Gericht stellte klar, dass es ausreichende Gründe gebe, die dafür sprechen, auch gegen kleine Händler Abmahnungen auszusprechen. Dass der Verkauf des in Rede stehenden Produktes nur einen geringen Anteil des klägerischen Umsatzes ausgemacht haben mag, begründe nach Auffassung der Kammer für sich genommen, aber auch zusammen mit den anderen genannten Indizien keinen ausreichenden Anhalt für eine Rechtsmissbräuchlichkeit.
Produktsicherheit setzt ausreichende Anwendungshinweise voraus
§ 3 Abs. 4 des Produktsicherheitsgesetzes sieht vor, dass bei der Verwendung, Ergänzung oder Instandhaltung eines Produkts zu beachtende Regeln stets in einer mitgelieferten deutschsprachigen Gebrauchsanleitung aufzuführen sind. Nur so kann bei der Bereitstellung des Produktes auf dem Markt der Schutz von Sicherheit und Gesundheit gewährleistet werden.
Fazit
Das Urteil des Landgerichts Essen bestätigt die Auffassung vieler andere Gerichte zuvor (zuletzt: Oberlandesgericht Frankfurt, Urteil vom 28.02.2019, Az. 6 U 181/17). Zur hinreichenden Information des Verbrauchers oder Endnutzers ist stets eine Gebrauchsanleitung in nationaler Landessprache mitzuliefern. Dabei ist die Gebrauchsanleitung eines ähnlichen Produktes wie im vorliegenden Fall vor allem dann nicht ausreichend, wenn es sich um ein sicherheitsrelevantes Produkt handelt. Ebenfalls als nicht ausreichend angesehen sind neben anderssprachigen Anleitungen der Hinweis, dass eine deutschsprachige Anleitung nicht mitgeliefert wird, sowie schlechte Übersetzungen, denn sie können oft für mehr Verwirrung als für Klarheit sorgen.
LG Essen, Urteil vom 11.03.2020, Az. 44 O 40/19