Fristsetzung zur Nacherfüllung im Kaufrecht
Ein neues Urteil des BGH schafft Klarheit über die Anforderungen betreffend die Nacherfüllungsfrist bei Kaufverträgen. Ob die Frist zur Nacherfüllung gemäß § 475 BGB angemessen ist oder nicht, hängt auch maßgeblich von der Vereinbarung zwischen den Vertragsparteien ab.
Hochwertige Einbauküchen sind selten zu günstigen Preisen zu haben, umso ärgerlicher ist es, wenn diese sich als nicht voll funktionstüchtig herausstellen. Diese Erfahrung musste ein Ehepaar aus München machen, das sich eine Einbauküche für 82.913,24 Euro angeschafft hatte. Diese wurde im Januar 2009 in die Wohnung der späteren Kläger eingebaut. Die Freude an der neuen Küche währte jedoch nicht lange, denn bereits Ende desselben Monats stellten die Käufer die ersten Mängel fest und teilten diese dem Inhaber des Küchenstudios mit. Mit Schreiben vom 16.02. und 11.03.2009 teilte das Ehepaar alle ihm bekannten Mängel schriftlich mit und setzten der Gegenseite einen Termin bis zum 27.03.2009 fix. Später behauptete das Ehepaar, der Inhaber des Küchenstudios habe zugesagt, die Mängel bis zum 23.03.2009 „fix und fertig“ zu beseitigen.
Am 31.03.2009 erklärten die Käufer den Rücktritt von dem Vertrag, da die Mängelbeseitigung durch die Gegenseite ausgeblieben war. Ein Gutachter bestätigte, dass alle wichtigen Bestandteile der Einbauküche nicht oder nur unzureichend funktionierten. Die Gegenseite erklärte sich mit dem Vertragsrücktritt der Käufer nicht einverstanden und behauptete, man habe ihr keine ausreichende Frist zur Mängelbeseitigung eingeräumt. Daraufhin klagten die Käufer, der Rechtsstreit ging durch mehrere Instanzen bis zum Bundesgerichtshof.
Die Richter haben entschieden, dass die Anforderungen, die § 475 BGB an eine angemessene Frist zur Nacherfüllung und Beseitigung der Mängel stellt, erfüllt sind, wenn der Käufer schriftlich die sofortige, umgehende und unverzügliche Mängelbeseitigung vom Verkäufer verlangt hat. Diese und ähnliche Formulierungen verdeutlichen dem Verkäufer, dass er innerhalb der gesetzten Frist die Möglichkeit hat, die festgestellten Mängel zu beseitigen, um seine vertraglichen Pflichten zu erfüllen. Verwendet der Käufer in seiner Mängelrüge die zuvor genannten Begriffe, bedarf es nicht einmal der Angabe eines definierten Zeitraums oder Endtermins. Das Ehepaar hat mit seiner Mängelrüge alle vom Gesetz vorgegebenen Anforderungen für die Fristsetzung zur Nachbesserung und die Rückabwicklung des Vertrages erfüllt. Die Aufforderung zur umgehenden Mängelbeseitigung war darüber hinaus noch mit einem Endtermin und dem Zusatz „fix“ versehen, was dem Verkäufer deutlich macht, dass dieser Endtermin der letztmögliche ist, in dem die Geschädigten sich auf eine Fristsetzung zur Nachbesserung einlassen, bevor sie das Recht in Anspruch nehmen, vom Vertrag zurückzutreten, sollte diese Mängelbeseitigung ausbleiben. In diesem Fall hatten die Käufer den Verkäufer sogar wiederholt um Beseitigung der Mängel gebeten, ferner hatte der Verkäufer zugesagt, diese bis zum 23.03.2016, also sogar noch vier Tage eher als gefordert, zu beseitigen.
Auch in diesem Fall ist die Rechtsprechung alles andere als abschließend. Die Richter am OLG hatten die Anforderungen an die Fristsetzung zur Nachbesserung und einer anschließenden Rückabwicklung des Kaufvertrages als nicht erfüllt angesehen. Allerdings stellten sie nur auf die Mängelauflistung mit E-Mail vom 11.03.2009 ab und monierten, die darin gesetzte Frist von zwei Wochen bis zum 27.03. 2009 sei zu kurz, um die beanstandeten Mängel zu beseitigen. Die höchsten Zivilrichter Deutschlands bewerteten diesen Sachverhalt komplett anders und kassierten das Urteil der Vorinstanz ein. Sie stellten nicht nur auf Begriffe wie „sofort“, „umgehend“ oder „unverzüglich“ ab, sondern wiesen gleichfalls auf die große Anzahl eklatanter Mängel hin, die die Nutzung der nicht gerade günstigen Einbauküche stark einschränkten beziehungsweise diese gar nicht erst möglich machten. Das Vertrauen der Käufer sei erschöpft gewesen.
Nach § 437, 438 BGB hat der Käufer das Recht auf Nacherfüllung, wenn das Werk mangelhaft ist, ein rechtswirksamer Kaufvertrag besteht und kein Gewährleistungsausschluss vereinbart wurde. Der Verkäufer hat die festgestellten Mängel innerhalb der vom Käufer gesetzten Frist zu beseitigen. Ist die Frist angemessen und die Nachbesserung für den Verkäufer zumutbar und lässt dieser die Nachfrist ungenutzt verstreichen, hat der Käufer wahlweise das Recht auf Rücktritt vom Vertrag, Minderung des Kaufvertrages oder Schadenersatz (§ 275 BGB). Der BGH verwies die Angelegenheit an einen OLG-Senat zwecks Überprüfung zurück, da das OLG auf das Fristversäumnis (Termin zur Fertigstellung zum 27.03. fix) gar nicht erst eingegangen war.
BGH, Urteil vom 13.07.2016, Az. VIII ZR 49/15