Erstattungsfähigkeit von Testkauf
Im vorliegenden Urteil des OLG Hamburg vom 12.03.2014 wird die Frage thematisiert, ob die im Rahmen eines Kostenfestsetzungsverfahrens erstattungsfähigen Kosten für einen Test-Kauf auf "eBay.de" nur gegen Rückgabe bzw. Herausgabe der Kaufsache durch den Käufer festgesetzt werden können.
Im Ausgangsfall hatte die Klägerin auf dem Internetportal "eBay.de" eine Jacke bei dem Beklagten erworben, die sich im Nachhinein als gefälschte Markenware herausstellte. Unter anderem hatte die Klägerin daraufhin die Kosten für den Test-Kauf in Höhe von 242,90 € zur Erstattung angemeldet, also Rückerstattung des Kaufpreises gefordert. Das LG Hamburg entschied zu Gunsten der Klägerin, indem es den Beklagten zur Erstattung der Kosten für den Test-Kauf verurteilte. Allerdings stellte das Gericht fest, dass der Beklagte den Betrag in Höhe von 242,90 € nur "Zug um Zug", also gegen Rückgabe der sich im Besitz der Klägerin befindlichen Jacke, zurückzuzahlen habe. Gegen diese der Klägerin auferlegte Bedingung richtet sich ihre Beschwerde vor dem OLG Hamburg. Zur Begründung legt sie dar, dass die von ihr erworbene Jacke eine Produktfälschung darstelle, deren Besitz für den Beklagten, der als gewerblicher Anbieter agierte, strafbar sei. Des Weiteren sei sie durch die Rückgabe der Jacke in ihren Markenrechten verletzt, da es dem Beklagten dadurch möglich sei die Jacke erneut zum Verkauf anzubieten. Zumindest würde ihr ein urheberrechtlicher Vernichtungsanspruch gemäß § 98 Urheberrechtsgesetz (UrhG) zustehen, aufgrund dessen sie den Beklagten auf Vernichtung der rechtswidrig verbreiteten Fälschungen in Anspruch nehmen könnte.
Das OLG Hamburg stellt zunächst fest, dass grundsätzlich die Erstattungsfähigkeit der Kosten für den Test-Kauf nicht Gegenstand dieses Urteils ist und unabhängig von der möglicherweise erforderlichen Rückgabe der Kaufsache zu betrachten ist. Im Anschluss daran geht das Gericht auf die eigentliche Streitfrage ein und legt verschiedene Ansichten zu der im Streit stehenden Frage dar. Einerseits wird vertreten, dass eine Erstattung in jedem Fall, also selbst bei Geltendmachung eines urheberrechtlichen Vernichtungsanspruches durch den Käufer (Erstattungsgläubiger),
nur gegen Rückgabe der Kaufsache erfolgen kann. Einer anderen Meinung zufolge ist eine Einschränkung der Erstattungsfähigkeit der Kaufkosten durch die Verpflichtung den Kaufgegenstand im Gegenzug zurückgeben zu müssen lediglich in drei Konstellationen möglich. Einerseits soll dies in Betracht kommen, wenn der Anspruch des Beklagten auf Rückgabe des Kaufgegenstandes unstreitig bzw. leicht festzustellen ist, andererseits wenn er sämtliche Kosten des Rechtsstreits inklusive des vollen Kaufpreises tragen muss. Schließlich soll diese einschränkende Bedingung auch infrage kommen, wenn der Käufer mit der Rückgabe einverstanden ist. Eine dritte Ansicht macht die Erstattung der Kosten für einen Test-Kauf grundsätzlich nicht von der Herausgabe des Kaufgegenstandes abhängig.
Das OLG Hamburg entscheidet sich nicht für eine der drei vorgetragenen Ansichten, sondern stellt fest, dass die Streitfrage nicht entschieden werden muss, da die Erstattung der Kosten "Zug um Zug" gegen Herausgabe der Kaufsache nur in Betracht kommen würde, wenn der der Beklagte einen Herausgabeanspruch geltend machen würde. Ein solches Zurückbehaltungsrecht entfaltet seine Wirkung nicht automatisch kraft Gesetzes und wird daher vom Gericht nicht von Amts wegen berücksichtigt. Es wäre vielmehr erforderlich, dass sich der Erstattungspflichte auf sein Recht beruft, was hier nicht der Fall ist. Der Beklagte hat zu keinem Zeitpunkt während des Verfahrens Ansprüche auf Herausgabe der betreffenden Jacke geltend gemacht, sodass die Rückerstattung der Kosten für den Test-Kauf zu erfolgen hat, ohne dass die Klägerin die Jacke herausgeben müsste. In dieser Hinsicht wurde die ursprüngliche Entscheidung des LG Hamburg durch dieses Urteil des OLG Hamburg berichtigt.
Durch diese Entscheidung aus prozessualen Gründen wird die eigentlich aufgeworfene Fragestellung berechtigterweise umgangen. Das OLG Hamburg nimmt nicht zu den drei aufgeführten Ansichten Stellung und fällt somit auch kein richtungsweisendes Urteil in Bezug auf die Rückerstattung des Kaufpreises und damit möglicherweise einhergehender Herausgabeansprüche des erstattungspflichtigen Beklagten.
OLG Hamburg, Beschluss vom 12.03.2014, Az. 4 W 23/14