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Erstattungsanspruch des unbegründet Abgemahnten aus c.i.c. und GoA

Zur Frage, auf welchen Rechtsgrundlagen der unbegründet Abgemahnte Erstattungsansprüche gegenüber dem wettbewerbsrechtlichen Abmahner geltend machen kann (AG Emmendingen, Urteil vom 06.12.2012, Az. 7 C 330/12)


Die Beantwortung der Frage, ob auch im Wettbewerbsrecht die Kosten der sogenannten Gegenabmahnung (also der Aufforderung des Abgemahnten gegenüber dem Abmahner, die mit der Abmahnung geltend gemachten Forderungen fallenzulassen) von dem Abmahner zu erstatten sind, wird von den Gerichten – zumindest im Wettbewerbsrecht – unterschiedlich beurteilt.
 
Es zeichnet sich jedoch auch im Wettbewerbsrecht eine Tendenz dahingehend ab, dass die Kosten der Gegenabmahnung zumindest dann von dem Abmahner zu ersetzen sind, wenn die wettbewerbsrechtliche Abmahnung ganz offensichtlich auf tatsächlich oder rechtlich unrichtigen Annahmen beruht.
 
In den Fällen, in denen eine lauterkeitsrechtliche Abmahnung von vornherein aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen gänzlich unbegründet ist, wird dem Abgemahnten oftmals ein Ersatzanspruch nach den Grundsätzen einer Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA) nach den §§ 683, 670 BGB zuerkannt. Hiernach hat dann der Abmahner beispielsweise die Rechtsanwaltskosten des Abgemahnten zu erstatten, die angefallen sind, um die mit der Abmahnung behaupteten Ansprüche zurückzuweisen sowie um den Abmahner zur Vermeidung einer negativen Feststellungsklage zur Aufgabe der Anspruchsberühmung aufzufordern.
 
In solchen Fällen kann der Abgemahnte die ihm zur Abwehr der Abmahnung entstandenen (eigenen) Rechtsanwaltskosten nach den Grundsätzen einer Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA - §§ 683, 670 BGB) ersetzt verlangen.
 
In dem durch das Amtsgericht Emmendingen mit Urteil vom 06.12.2012, Az. 7 C 330/12, entschiedenen Fall ist jedoch nicht nur ein Anspruch nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag anerkannt worden.
 
Zudem ist das Amtsgericht Emmendingen – wenn auch nur mit einem kurzen Satz – der schriftsätzlich ausführlich dargelegten Rechtsauffassung des Klägers gefolgt, nach der ein solcher Ersatzanspruch ebenfalls aus dem Rechtsinstitut der „culpa in contrahendo“ (kurz: „c.i.c.“) nach § 311 Abs. 2 Nr. 2 BGB resultieren kann.
 
Der Entscheidung lag der Sachverhalt zu Grunde, dass der Abmahner und spätere Beklagte dem klagenden Abgemahnten durch anwaltliches Abmahnschreiben vorwerfen ließ, er habe die Bestimmungen der Zweiten Verordnung zum Geräte- und Produktsicherheitsgesetz (Verordnung über die Sicherheit von Spielzeugen – kurz: 2. GPSGV) verletzt, indem er die gesetzlich vorgeschriebenen Warnhinweise bei dem Angebot von Spielzeug im geschäftlichen Verkehr im Internet nicht erteilt habe, wodurch ein wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch zu Gunsten des beklagten Abmahners entstanden sei.
 
Der Abmahner hat hierbei jedoch übersehen oder es zumindest nicht hinreichend überprüft, dass die Bestimmungen der 2. GPSGV nicht auf Spielzeug anzuwenden sind, das vor dem 20.07.2011 in den Verkehr gebracht wurde (vgl. Übergangsvorschrift in § 23 Abs. 1 2. GPSGV) bzw. dass die Spielzeuge, auf die sich die Abmahnung bezogen hat, bereits vor dem 20.07.2011 in den Verkehr gebracht worden sind.
 
Aus diesem Grunde ging die Abmahnung zwangsläufig ins Leere, so dass die gleichwohl durch den Beklagten behaupteten Ansprüche auf Unterlassen und Abmahnkostenerstattung unter keinen Umständen Bestand haben konnten.
 
Nachdem sich der abgemahnte Kläger nunmehr selbst anwaltlicher Hilfe bediente und die Rechtsanwälte des Abmahners anschließend auf den Mangel der Abmahnung hingewiesen worden sind, ließ der abmahnende Beklagte die mit seiner Abmahnung behaupteten Ansprüche fallen.
 
Den Ersatz der dadurch zulasten des Abgemahnten angefallenen (eigenen) Rechtsanwaltsgebühren ließ der Abmahner jedoch zurückweisen, so dass anschließend das Amtsgericht Emmendingen über den Ersatzanspruch des Abgemahnten entscheiden musste und den eingeklagten Ersatzanspruch daraufhin vollumfänglich bestätigte.
 
Den Volltext der Entscheidung haben wir nachfolgend veröffentlicht.
 
Zu beachten bleibt jedoch weiterhin, dass derartige Entscheidungen – insbesondere im Gegensatz zum Marken-, Urheber- und Patentrecht – im Wettbewerbsrecht eher eine Seltenheit darstellen.
 
In der Mehrheit der Fälle ist der wettbewerbsrechtlich unbegründet oder unberechtigt Abgemahnte in der Regel sofort dazu ermächtigt, das Nichtbestehen der ihm gegenüber mit einer Abmahnung behaupteten Ansprüche im Wege der negativen Feststellungsklage gerichtlich feststellen zu lassen. Dabei entspricht es der herrschenden Meinung in Literatur und Rechtsprechung, dass der Abmahner sich in solchen Fällen dann nicht mehr im Wege des sofortigen Anerkenntnisses (§ 93 ZPO) darauf zurückziehen kann, er habe keinen Anlass zur Klage gegeben, um so die Kosten des Rechtsstreits abzuwenden.
 
Sollten Sie eine Abmahnung erhalten haben, die Bedenken im Hinblick auf Begründetheit oder Zulässigkeit aufwirft, sollte daher stets auch in taktischer Hinsicht überprüft werden, wie hierauf zur Vermeidung unnötiger Kosten reagiert werden kann.
 
Das Urteil des AG Emmendingen vom 06.12.2012, Az. 7 C 330/12, lautet im Volltext:
 
 
Aktenzeichen: 7 C 330/12
Amtsgericht Emmendingen
 
 
 
Im Namen des Volkes
 
Urteil
 
 
In dem Rechtsstreit
 
 
- Kläger-
 
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Weiß, Katharinenstr. 16, 73728 Esslingen, Gz.: 2833/12AB08/AB/fb
 
 
gegen
 
 
- Beklagte-
 
Prozessbevollmächtigte:
 
 
wegen Forderung
 
hat das Amtsgericht Emmendingen durch die Richterin am Amtsgericht X am 06.12.2012 nach dem Sach- und Streitstand vom 06.12.2012 ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495a ZPO für Recht erkannt:
 
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 500,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 29.09.2012 zu bezahlen.
 
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
 
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
 
 
Beschluss
 
Der Streitwert wird auf 500,00 € festgesetzt.
 
 
(abgekürzt nach § 313a Abs. 1 ZPO)
 
 
Entscheidungsgründe
 
Gemäß § 495a ZPO bestimmt das Gericht das Verfahren nach billigem Ermessen. Innerhalb dieses Entscheidungsrahmens berücksichtigt das Gericht grundsätzlich den gesamten Akteninhalt.
 
Die Klage ist zulässig und begründet.
 
Das Amtsgericht ist sachlich zuständig nach § 23 GVG. Eine streitwertunabhängige ausschließliche Zuständigkeit des Landgerichts nach § 13 Abs. 1 UWG besteht nicht, da der Kläger gegenüber der Beklagten keinen Anspruch aus dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb geltend macht, sondern Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag nach § 678 BGB.
 
Die Klage ist auch begründet. Der Anspruch des Klägers auf Erstattung der ihm zur Abwehr der Abmahnung der Beklagten im Wege einer sogenannten Gegenabmahnung entstandenen Kosten ergibt sich dem Grunde nach aus den Grundsätzen einer Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 683,670 BGB). Nach § 678 BGB kann der Kläger von der Beklagten Schadensersatz verlangen, weil die Beklagte ein Geschäft des Klägers vorgenommen hat, das dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Klägers widersprach und die Beklagte dies hätte erkennen müssen.
 
Ein Anspruch auf Kostenerstattung von Gegenabmahnungen besteht, wenn die Gegenabmahnung geboten war, weil der Abmahnende erkennbar von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist. Dies ist vorliegend der Fall. Mit Anwaltschreiben ihres jetzigen Prozessbevollmächtigen vom 31.07.2012 ließ die Beklagte wegen eines behaupteten Wettbewerbverstoßes abmahnen und machte gegenüber dem Kläger einen Anspruch aus § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG auf Erstattung der Kosten der anwaltlichen Abmahnung aus einem Gegenstandswert von 25.000,00 € nebst Auslagenpauschale geltend. Der Abmahnung der Beklagten lag ferner eine durch ihre Bevollmächtigten vorformulierte strafbewehrte Unterlassungserklärung bei.
 
Die Abmahnung der Beklagten erschöpft sich tatsächlich sowie rechtlich in ganz offensichtlich unrichtigen Annahmen, weil sämtliche Artikel, die den abgemahnten Angeboten zugrunde lagen, bereits vor dem 20.07.2011 in den Verkehr gebracht worden sind, so dass für sie die Bestimmung der 2. GPSGV nicht gelten.
 
Daneben ist der geltend gemachte Anspruch auch aus den Grundsätzen der culpa in contrahendo begründet (§ 311 Abs. 2 Nr. 2 BGB).
 
Der Klage war somit stattzugeben.
 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
 
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr.11, 711, 713 ZPO.
 
Die Verurteilung zur Zahlung der Nebenforderung gründet sich auf §§ 280 Abs. 2, 286, 288 BGB.
 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
 
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.
 
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 3 ZPO, 63 Abs. 2 GKG.


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