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EnEV-Pflichtangaben: kein Schlupfloch für Makler

OLG Hamm, Urteil vom 04.08.2016, Az. 4 U 137/15


EnEV-Pflichtangaben: kein Schlupfloch für Makler

Mit Urteil vom 4. August 2016 (Az. 4 U 137/15) hat das Oberlandesgericht Hamm entschieden, dass auch Immobilienmakler der Informationspflicht der Energieeinsparverordnung (EnEV) unterstehen. Dass der Gesetzgeber im Wortlaut des § 16a EnEV Makler nicht erwähnt hat, beschäftigt die Gerichte derzeit intensiv. Das Oberlandesgericht Hamm schließt sich im Ergebnis der Mehrheitsauffassung in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung an. Allerdings leitet es die Informationspflicht nicht unmittelbar aus § 16a EnEV ab, sondern aus § 5a Abs. 2 UWG.

Sachverhalt
Im Januar 2015 veröffentlichte ein Immobilienmakler aus dem Raum Gütersloh in der "Neuen Westfälischen" ein Vermietungsinserat für eine Dreizimmerwohnung. Er nannte in der Annonce zwar den Endenergiebedarf und den Heizenergieträger. Die Angabe über den Energieausweistyp und das Baujahr der Immobilie ließ er dagegen weg.
Dafür mahnte ihn die Deutsche Umwelthilfe ab. Der Makler verweigerte eine Unterlassungserklärung mit dem Hinweis, dass zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Inserats noch kein Energieausweis vorgelegen hätte. Doch auf seiner Webseite fand sich ein Exposé zur Wohnung, in dem stand, es existiere ein Energieausweis mit Gültigkeit bis 2024. Angesichts der zehnjährigen Gültigkeitsdauer musste er vor Publikation der Anzeige ausgestellt worden sein.
Die Umwelthilfe klagte in der Folge auf Unterlassung. Das Landgericht Bielefeld wies die Klage zurück (Urteil vom 06.10.2015, Az. 12 O 60/15). Es war der Auffassung, der Gesetzgeber habe Immobilienmakler bewusst von den EnEV-Pflichtangaben ausnehmen wollen. Eine analoge Anwendung auf Makler sei mithin unzulässig.
Gegen diese Entscheidung erhob der Kläger Berufung. Der Beklagte wehrte sich unter anderem mit dem Argument, die energetischen Angaben in Inserat und Exposé stammten von einer anderen Immobilie. Es handle sich um ein Versehen, das auf einer falschen Bedienung des verwendeten Computerprogramms beruhe. Er legte dem Gericht für die inserierte Wohnung einen Energieausweis vom Februar 2015 vor. Im Verfahren gelang es dem Kläger jedoch, die Behauptung der Computer-Fehlbedienung zu erschüttern.
Das Oberlandesgericht Hamm gab der klägerischen Berufung statt und verurteilte den Beklagten antragsgemäß.

Urteilsbegründung
Zunächst prüft das Oberlandesgericht, ob der Beklagte die Informationspflicht nach § 16a EnEV verletzt hat. Die Bestimmung nenne im Wortlaut Verkäufer, Vermieter, Verpächter und Leasinggeber als Adressaten, nicht aber den Makler. Sie setze Art. 12 Abs. 4 der Gebäuderichtlinie (2010/31/EU) um. Die Richtlinie lege nicht die Adressaten für die Informationspflicht fest, sondern den Ort, an dem die Pflichtangaben zu veröffentlichen seien, nämlich Inserate in kommerziellen Medien.
Deshalb stelle sich die Frage, ob die Informationspflicht der EnEV richtlinienkonform dergestalt auszulegen sei, dass Makler miterfasst seien. Richterliche Rechtsfortbildung dürfe den klaren Gesetzeswortlaut indes nur überschreiten, wenn der Gesetzgeber dies ausdrücklich oder stillschweigend (durch Vorliegen einer planwidrigen Gesetzeslücke) billige. Die Formulierung "... hat der Verkäufer sicherzustellen ..." in § 16a Abs. 1 Satz 1 EnEV weckt bei den Richtern Zweifel, dass die fehlende Erwähnung des Maklers eine planwidrige Gesetzeslücke darstellt. Sie deuten die Formulierung so, dass der Gesetzgeber den Verkäufer für die Pflichtangaben auch dann in Verantwortung nehmen will, wenn dieser einen Makler beauftragt hat. Daher sei ungewiss, ob eine Ausdehnung der Informationspflichten auf Makler zulässig sei.
Dennoch erkennt das Gericht im Handeln des Beklagten einen Wettbewerbsverstoß. Das Weglassen von Energieausweistyp und Baujahr im Wohnungsinserat sei ein Vorenthalten wesentlicher Informationen nach § 5a Abs. 2 UWG. Dass die vorenthaltenen Angaben wesentlich seien, ergebe sich aus der gesetzlichen Wertung von § 16a EnEV. Der Verbraucher benötige diese Informationen, um eine informierte geschäftliche Entscheidung im Sinne von § 5a Abs. 2 Nr. 1 UWG zu treffen. Nur so könne er beurteilen, ob die beworbene Wohnung seinen Vorstellungen im Hinblick auf Energieverbrauch und Heizkosten entspreche. Das Vorenthalten der EnEV-Pflichtangaben sei geeignet, ihn gemäß § 5a Abs. 2 Nr. 2 UWG zu einer geschäftlichen Entscheidung (Kontaktieren des Maklers) zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.
Im Übrigen sind die Richter überzeugt, dass die Informationen des Energieausweises für den Beklagten verfügbar waren. Sie glauben ihm nicht, dass es sich bei den veröffentlichten Angaben um ein Versehen handelte. Der vorgelegte Energieausweis vom Februar 2015 belege nicht, dass kein früherer Energieausweis bestanden habe.

OLG Hamm, Urteil vom 04.08.2016, Az. 4 U 137/15


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