Einlösen der Rabatt-Coupons von Mitbewerbern
Eine Werbeaktion einer Drogeriemarktkette, die das Einlösen von Rabatt-Coupon der Mitbewerber erlaubt, verstößt nicht gegen das Wettbewerbsrecht (§§ 4, 5 UWG).
Die Beklagte in diesem Rechtsstreit ist die bundesweit agierende Drogeriemarktkette Müller. Mit einer Werbeaktion erlaubt sie ihren Kunden, Rabatt-Coupons ihrer Mitbewerber in ihren Filialen einzulösen. Klägerin ist die Zentrale zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs. Sie sieht in dieser Werbeaktion eine gezielte Behinderung der Wettbewerber. Ihrer Meinung nach macht sich die Beklagte die Werbeaktionen ihrer Mitbewerber zueigen und behindert deren Erfolg. Sie weist darauf hin, dass die gerügte Werbeaktion dazu geeignet ist, bei den Mitbewerbern Kunden abzuwerben. Auch entstehe der falsche Eindruck einer Vereinbarung zwischen der Beklagten und ihren Mitbewerbern. Die angesprochenen Verkehrskreise könnten durchaus annehmen, dass sich Müller und ihre Mitbewerber dahingehend abgesprochen hätten, ihre Rabatt-Coupons gegenseitig anzuerkennen. Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch.
Die Klage vor dem Landgericht hatte keinen Erfolg, die Berufung und die Revision blieben in der Sache gleichfalls erfolglos. Das Oberlandesgericht konnte keinen Widerspruch zum Wettbewerbsrecht erkennen. Laut Urteil ist die Werbeaktion der Beklagten nicht dazu geeignet, in einen fremden Markt einzudringen und Kunden abzuwerben. Alleine das Versenden von Rabatt-Coupons begründet noch keine Kundenbindung, selbst dann nicht, wenn sie an Karteninhaber versendet werden. Eine Zurechnung der angesprochenen Verkehrskreise zu dem werbenden Unternehmen liegt nicht vor. Alleine die Ankündigung, dass Kunden in den Müller-Filialen die streitgegenständlichen Coupons einlösen können, stellt keine unverhältnismäßige Beeinflussung potentieller Kunden dar. Mit der Ausnutzung fremder Rabatt-Coupons behindert die Beklagte nicht den Erfolg ihrer Mitbewerber, da die Kunden die Gutscheine ungehindert nach Belieben verwenden können.
Die Coupons der Gutscheingeber werden durch die gerügte Werbeaktion der Beklagten nicht sinnlos, da die angesprochenen Kunden die freie Wahl haben, wo sie diese einlösen. Erfahrungsgemäß entscheiden die Verbraucher erst später, ob und wie sie die Coupons verwenden. Die Richter stärken die Position der Verbraucher. Sie profitieren von einem wirtschaftlichen Vorteil in den Märkten der jeweiligen Gutscheingeber und in den Müller-Filialen. Juristisch gesehen wendet sich die Beklagte nicht an die Kunden der Gutscheingeber, sondern an ihre eigenen, da sie die Werbemaßnahme im eigenen und nicht im fremden Namen durchführt. Zudem handelt es sich um Aufsteller in den eigenen Ladenlokalen, womit sich die Beklagte ausschließlich an die Kunden wendet, die sich bereits für einen Einkauf bei Müller entschieden haben. Damit liegt auch keine unlautere Irreführung der Verbraucher vor.
Aus Sicht der Verbraucher liegt damit keine Absprache zwischen den konkurrierenden Unternehmen vor. Mit ihrer Aktion umwirbt Müller die Kunden, um die sich auch die Konkurrenz mit Kundenbindungsprogrammen bemüht. Der Vertreter der Beklagten argumentierte, die Werbung lebe generell von Neuerungen und Müller reagiere lediglich auf Werbemaßnahmen der Konkurrenz. Eine außerordentlich destruktive Werbeform, die laut Anklagevertretung vorliegt, die unlauter in den Kundenmarkt der Mitbewerber eindringt und dort zu Umsatzrückgängen führt, stellen die Richter nicht fest. Mit ihrem Urteil stärken sie die freie Marktwirtschaft und sehen keinen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht.
BGH, Urteil vom 23.06.2016, Az. I ZR 137/15
Kommentare (1)
Patrick Petersson
das nenne ich für Verbraucher ein Urteil mit Signalwirkung. Sollte es zu einem Grundsatzurteil kommen, wird man in puncto Marketing umdenken müssen! Bin sehr gespannt, welche Nachahmungen es geben wird.
Besten Gruß,
Patrick Petersson
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