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Dringlichkeitsvermutung aus UWG gilt nicht für Ansprüche aus GeschGehG

Oberlandesgericht München, Beschluss vom 08.08.2019, Az. 29 W 940/19


Dringlichkeitsvermutung aus UWG gilt nicht für Ansprüche aus GeschGehG

Das Oberlandesgericht München entschied am 08.08.2019, dass die Eilbedürftigkeitsvermutung aus dem Wettbewerbsrecht nicht auch für Sachverhalte gelte, die sich auf Geschäftsgeheimnisse beziehen. Das Gericht könne weder eine planwidrige Regelungslücke noch eine vergleichbare Interessenlage erkennen.

Was bedeutet Dringlichkeit?
Die Parteien stritten um die Nutzung eines Adressverzeichnisses. Die Antragstellerin war als Vermittlerin medizinischen Fachpersonals tätig. Dafür pflegte sie ein Adressverzeichnis. Antragsgegnerin war eine ehemalige Angestellte. Die Antragstellerin warf ihr vor, das Adressverzeichnis kopiert zu haben und - nach ihrem Ausscheiden - für ihren jetzigen Arbeitgeber zu nutzen. Sie beantragte daher den Erlass einer einstweiligen Verfügung hinsichtlich der Nutzung und Vervielfältigung der Adressdaten. Das Gericht wies die Antragstellerin darauf hin, den Antrag zu konkretisieren. Hierfür gab es ihr eine Woche Zeit. Eine schriftliche Stellungnahme erfolgte in dieser Zeit nicht. Daher wies das Gericht den Antrag wegen fehlendender Dringlichkeit ab. Eine später eingegangene Stellungnahme mit weiteren Konkretisierungen wurde durch das Gericht nicht berücksichtigt. Hiergegen wendete sich die Antragstellerin und berief sich auf Geschäftsgeheimnisse und das zugrundeliegende Gesetz (GeschGehG).

Keine Dringlichkeitsvermutung im GeschGehG enthalten
Das Oberlandesgericht München stellte fest, dass das GeschGehG keine Bestimmung für die Geltendmachung von Ansprüche im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes beinhalte.

Auch keine analoge Anwendung möglich
Das Gericht setzte sich auch mit der analogen Anwendung auf das GeschGehG auseinander. Es sah jedoch keine Anwendungsmöglichkeit. Denn die analoge Anwendung setze eine planwidrige Regelungslücke sowie einen vergleichbaren Sachverhalt voraus. Dies erscheine vorliegend zweifelhaft. Vielmehr sei davon auszugehen, dass der Gesetzgeber beim GeschGehG bewusst von spezifischen Regelungen zum Verfügungsverfahren abgesehen habe. Denn andere prozessrechtliche Fragen habe er schließlich ausdrücklich geregelt.

Verzögerungen durch Prozessvertreter ist Antragsteller anzulasten
Das OLG stellte fest, dass sich die Antragstellerin dringlichkeitsschädlich verhalten habe. Ein solches Verhalten liege vor, wenn erkennbar werde, dass die Anspruchsdurchsetzung nicht eilig sei. Hierunter seien auch Verhaltensweisen während des bereits anhängigen Verfahrens zu zählen. So wirke sich insbesondere das zögerliche Betreiben des Verfahrens nachteilig auf die Dringlichkeit aus. Verzögerungen durch die Prozessbevollmächtigten müsse sich dabei der Antragsteller zurechnen lassen.

Gesamte Kanzlei war bevollmächtigt
Die Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin hätten sich dringlichkeitsschädlich verhalten, indem sie nicht innerhalb der richterlichen Frist reagiert hätten, so das Gericht. Hierbei komme es auch nicht darauf an, ob der zu spät reagierende Rechtsanwalt auch Sachbearbeiter des Verfahren gewesen sei. Denn ausweislich der Antragsschrift sei nicht ein bestimmter Rechtsanwalt allein bestellt gewesen, sondern die Rechtsanwälte der Kanzlei.

Fehlende Kanzleiorganisation für Eilbedürftigkeit
Das Gericht stellte fest, dass sich aus der Zusammenschau der Ereignisse ein zögerliches Verhalten ergebe, welches den Prozessvertretern anzulasten sei. Der sachbearbeitende Rechtsanwalt habe sich im Urlaub befunden. Die gerichtliche Verfügung wurde lediglich mehrfach weitergeleitet, nicht jedoch bearbeitet. Vorkehrungen für eine vorrangige Bearbeitung von Eilsachen seien nicht ergriffen worden. Zwar sei der aufgrund der gerichtlichen Verfügung erstellte Schriftsatz mit dem Datum des Fristendes versehen gewesen. Allerdings sei das Schreiben erst drei Tage später beim Gericht eingetroffen.

Keine neue Dringlichkeitsfrist
Die Antragstellerin könne sich auch nicht auf eine zwischenzeitlich neu in Gang gesetzte Dringlichkeitsfrist berufen, so das OLG weiter. Denn das zu spät eingegangene Schreiben werde auf einen von der Antragsschrift abweichenden Sachvortrag gestützt. Welche der verschiedenen Vorgänge gelten solle, werde jedoch nicht erklärt.

Oberlandesgericht München, Beschluss vom 08.08.2019, Az. 29 W 940/19


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