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Dringlichkeit einer einstweiligen Unterlassungsverfügung

Bewerbung nicht nachgewiesener pharmakologischer Wirkungen


Dringlichkeit einer einstweiligen Unterlassungsverfügung

An die Richtigkeit, Eindeutigkeit und Klarheit der Aussagen von gesundheitsbezogener Werbung sind besonders strenge Anforderungen zu stellen. Die Werbung mit einer bestimmten Eigenschaft eines Arzneimittels (Vildagliptin wird nicht über die Leber abgebaut) ist irreführend, wenn die Angabe nicht gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnis entspricht.

Werbung mit bestimmten Eigenschaften von Arzneimitteln berührt einen besonders sensiblen Bereich. Informationen über die Wechselwirkungen beim Abbau von Arzneimittelwirkstoffen sind für Ärzte und Patienten von grundlegender Bedeutung. Die Werbung mit der Eigenschaft eines Medikaments muss durch ausreichende wissenschaftliche Nachweise belegt sein, damit weder Ärzte noch Patienten in die Irre geführt werden:

Die Antragstellerin nahm die Antragsgegnerin auf Unterlassung in Anspruch. Die Parteien vertrieben Diabetes-Arzneimittel. Die Produkte der Antragsgegnerin enthielten unter anderem den Wirkstoff Vildagliptin. Dabei handelt es sich um einen sogenannten DPP4-Hemmer, der die Insulinfreigabe des Körpers steigert und so zur Senkung des Blutzuckerspiegels beiträgt. Arzneimittelwirkstoffe werden in der Leber in der Regel unter Einbeziehung des Enzymsystems CYP-450 abgebaut. Enthält ein Arzneimittel zwei Wirkstoffe, die von demselben Enzymsystem abgebaut werden müssen, kann dies unangenehme Wechselwirkungen zur Folge haben.

Die Antragsgegnerin hatte für ihre Produkte mit der Angabe „Vildagliptin - der einzige DPP4-Hemmer ohne CYP-450-Verstoffwechselung“ geworben. Streitgegenstand des Verfahrens war die Frage, ob diese nach der Ansicht der Antragsgegnerin irreführende Aussage durch eindeutige wissenschaftliche Nachweise belegt werden kann.

Die im Verfahren herangezogenen wissenschaftlichen Fachinformationen waren zusammengefasst zu dem Ergebnis gelangt, dass der Wirkstoff Vildagliptin in der Leber in einem nicht quantifizierbaren Ausmaß mit untergeordneter klinischer Bedeutung abgebaut wird und wahrscheinlich keine Wechselwirkungen mit anderen gleichzeitig gegebenen Arzneimitteln zur Folge hat. Diese Angaben entsprechen den Anforderungen an ordnungsgemäß geführte wissenschaftliche Nachweise, bei denen das Vorliegen von bestimmten Umständen immer an Grenzwerten gemessen wird. Die Antragsgegnerin wollte aus diesen Ergebnissen zu ihren Gunsten allerdings ableiten, dass bis zum Beweis des Gegenteils davon auszugehen ist, dass keinerlei Abbau über die Leber stattfindet.

Das Oberlandesgericht Hamburg teilte die Auffassung der Antragsgegnerin nicht. Die Antragsgegnerin hatte mit ihrer Angabe gegenüber den angesprochenen Ärzten explizit die Aussage getroffen, dass Vildagliptin nicht - auch nicht in einem geringen Ausmaß - über die Leber abgebaut wird. Es war nach den Ausführungen im Urteil auch nicht davon auszugehen, dass Ärzte die Aussage automatisch in dem eingeschränkten Sinn verstehen würden, dass der Effekt lediglich in einem nicht signifikanten Ausmaß vorhanden wäre. Die Anforderungen an die Richtigkeit, Eindeutigkeit und Klarheit von Aussagen in einer gesundheitsbezogenen Werbung sind besonders streng. Die Antragsgegnerin hatte mit einer fachlich umstrittenen Meinung geworben und diese Meinung als richtig hingestellt, ohne auf die Bedenken hinzuweisen und eine Gegenmeinung zu erwähnen. Damit hatte sie die Verantwortung für die Richtigkeit dieser Aussage übernommen. Aus den Studien ergab sich aber gerade nicht, dass keinerlei Abbau über die Leber stattfindet.

Die Antragsgegnerin hatte den Stand der Wissenschaft durch die angegriffene Angabe für Werbezwecke relativiert und aus diesem Grund nach der Ansicht des Oberlandesgerichts Hamburg gegen die Anforderungen des Strengeprinzips verstoßen.

Das Oberlandesgericht Hamburg wies die Berufung der Antragsgegnerin gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg zurück.

Oberlandesgericht Hamburg, Urteil vom 04.07.2013, Az. 3 U 161/11 


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