• Anwaltskanzlei Weiß & Partner

    Katharinenstraße 16
    73728 Esslingen

    0711 - 88 241 006
    0711 - 88 241 009
    Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Diebstahl durch Scannen des falschen Strichcode

Wer beim Einkaufen den falschen Strichcode einscannt, ist ein Dieb


Diebstahl durch Scannen des falschen Strichcode

Im Ruhrgebiet hat ein Mann in einem Supermarkt an einer Selbstbedienungskasse einen eigens mitgeführten Strichcode eingescannt. Diesen hatte er zuvor aus der Tageszeitung herausgerissen und in seinem Portemonnaie mit zum Einkaufen gebracht. Anschließend zahlte er die von der Kasse verlangte vergleichsweise niedrige Summe – der Strichcode stammte von der "WAZ" – und nahm die teurere Zeitschrift "Playboy" mit nach Hause. Auf die gleiche Art beschaffte er sich noch am selben Tag eine weitere teure Zeitschrift, den "Stern". Er wurde von einem Ladendetektiv ertappt und vom Landgericht wegen Computerbetrugs (§ 263a StGB) rechtskräftig verurteilt. Mit der Strafzumessung von 100€ Geldstrafe war er offenbar nicht ganz einverstanden. Er sah das materielle Recht verletzt und ging in Revision.

Das Oberlandesgericht stellte bei seiner Prüfung des Urteils keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Mannes fest. Es rückte aber vom Tatbestand des Computerbetrugs ab und begründete seine Entscheidung folgendermaßen: Um sich des Computerbetrugs strafbar zu machen, hätte das Einscannen des Strichcodes zu einer direkten Manipulation des Datenverarbeitungsvorgangs in der Selbstbedienungskasse führen müssen. Und weiter hätte dadurch automatisch ein finanzieller Schaden eintreten müssen. Dieser ist aber erst dadurch entstanden, dass der Kunde nicht die zum Preis dazugehörige Ware mitgenommen hat, sondern eine, für die er mehr Geld hätte zahlen müssen. Der Mann schuf sich durch den Scanvorgang die Voraussetzungen, eine vermögensmindernde Tat zu begehen, bei der er den Geschäftsinhaber um den eigentlichen Preis der Zeitschriften bringt. Auf solch einen Umstand hat die Kasse keinerlei Einfluss. Auch die Manipulation des Datenverarbeitungsvorgangs als Solches hat das Gericht verneint. Es ist durch das Einscannen nicht zu einer Umprogrammierung des Bezahlprogramms oder dergleichen gekommen. Die Kasse hat technisch einwandfrei funktioniert, den Strichcode, der ihr unter das Lesegerät gehalten wurde, korrekt ausgelesen und den richtigen Preis angezeigt. Sie verfügt über keinerlei Funktion zu prüfen, ob der Kunde für den eingescannten Preis die richtige Ware mitnimmt. Zudem hat der Strichcode der "WAZ" auch nicht den Programmablauf der Kasse beeinträchtigt oder gar gestört.

Das OLG Hamm befand, dass es sich bei der Art, auf die der Mann die Zeitschriften erlangt hatte, um selbstständigen Diebstahl (§ 242 StGB) gehandelt hat. Die Zeitschriften blieben nach dem Bezahlen an der Selbstbedienungskasse fremde Gegenstände im Sinne des Gesetzes, da weder ihr Strichcode eingescannt, noch der für sie festgelegte Preis bezahlt worden war. Eine Wegnahme der Magazine fand in dem Moment statt, als der Mann die Kasse passiert hatte. Es ist davon auszugehen, dass der Geschäftsinhaber als bisheriger Eigentümer unter diesen Umständen dem Mann die Zeitschriften nicht überlassen hätte. Er hatte die Selbstbedienungskassen zu dem Zweck aufgestellt, dass Kunden die Waren, die sie ihr Eigen nennen möchten, zunächst ordnungsgemäß einscannen. Wenn sie dann danach den ausgewiesenen Preis für sie bezahlen, ist der Geschäftsinhaber mit der Mitnahme der Waren einverstanden. Da der Mann den Strichcode selbst aus der "WAZ" herausgerissen, in seinem Portemonnaie mitgeführt und eingescannt hatte, ist davon auszugehen, dass er dies vorsätzlich tat. Schließlich beschaffte er sich am selben Tag gleich zweimal eine Zeitschrift auf diese Weise.

Der Beschluss des OLG Hamm wurde unter Berücksichtigung aller rechtlichen Vorschriften gefasst. Dabei wurde insbesondere bedacht, dass im Fall dieser Revision der Mann bei der Änderung eines Urteils im Ergebnis nicht schlechter gestellt werden darf (§ 331 StPO). So gab es das Recht her, trotz des abgeänderten Urteils den Fall nicht erneut zur Verhandlung an das Landgericht zurückgeben zu müssen. Im Ergebnis änderte sich die Zuordnung zum rechtlichen Straftatbestand. Statt eines Computerbetrugs hatte der Mann in beiden Sachverhalten Diebstahl begangen. Die einzelnen Taten wurden gleichzeitig (in Tatmehrheit) abgeurteilt und die zuvor verhängte Geldstrafe blieb in ihrer Summe bestehen.

OLG Hamm, Beschluss vom 08.08.2013, Az. 5 RVs 56/13


Ihr Ansprechpartner

Bitte Kommentar schreiben

Sie kommentieren als Gast.

E-Mail: kanzlei@ratgeberrecht.eu, Telefon: 004971188241006
Katharinenstraße 16, 73728, Esslingen, Baden-Württemberg, Deutschland