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Die den Urhebern im Fall des öffentlichen Verleihens geschuldete Vergütung darf nicht ausschließlich nach der Zahl der Entleiher berechnet werden


Dies hat der Europäische Gerichtshof entschieden. Der Betrag der Vergütung müsste auch die Zahl der der Öffentlichkeit zum Gebrauch überlassenen Gegenstände berücksichtigen, so dass die größeren öffentlichen Verleiheinrichtungen eine höhere Vergütung zahlen müssten als die kleineren Einrichtungen.  Nach der Richtlinie zum Vermietrecht und Verleihrecht sowie zu bestimmten dem Urheberrecht verwandten Schutzrechten im Bereich des geistigen Eigentums verfügen die Urheber über ein ausschließliches Recht, die Vermietung und das Verleihen von Originalen und Vervielfältigungsstücken urheberrechtlich geschützter Werke zu erlauben oder zu verbieten. Die Mitgliedstaaten können jedoch hinsichtlich des öffentlichen Verleihwesens Ausnahmen von diesem ausschließlichen Recht vorsehen, sofern die Urheber eine Vergütung für dieses Verleihen erhalten.  Die VEWA ist eine belgische Urheberrechtsverwertungsgesellschaft. Am 7. Juli 2004 erhob sie beim Raad van State (belgischer Staatsrat) Klage auf Nichtigerklärung eines Königlichen Erlasses zur Umsetzung der Richtlinie. Die VEWA macht insbesondere geltend, dass dieser Königliche Erlass durch die Einführung einer pauschalen Vergütung von 1 Euro je Jahr und Erwachsenen und von 0,5 Euro je Jahr und Minderjährigen, der bei den Verleiheinrichtungen eingetragen ist, soweit dieser während des Bezugszeitraums mindestens eine Ausleihe vorgenommen hat, gegen die Richtlinie verstoße, die verlange, dass für ein Verleihen oder eine Vermietung eine „angemessene Vergütung" gezahlt werde.  In diesem Zusammenhang hat der Raad van State beschlossen, den Gerichtshof zu befragen. Er möchte wissen, ob die Richtlinie einer nationalen Regelung entgegensteht, die ein System einführt, wonach die den Urhebern im Fall des öffentlichen Verleihens geschuldete Vergütung ausschließlich nach der Zahl der bei den öffentlichen Verleiheinrichtungen, insbesondere Bibliotheken, eingetragenen Entleiher auf der Grundlage eines je Entleiher und Jahr festgelegten Pauschalbetrags berechnet wird.  Der Gerichtshof weist darauf hin, dass die Vergütung den Urhebern ermöglichen muss, ein angemessenes Einkommen zu erzielen. Ihr Betrag dürfe daher nicht nur symbolisch sein. Was im Einzelnen die Kriterien für die Festlegung des Betrags der den Urhebern im Fall des öffentlichen Verleihens geschuldeten Vergütung angeht, sei es allein Sache der Mitgliedstaaten, in ihrem Hoheitsgebiet die sachnahen Kriterien festzulegen. Hierfür sei den Mitgliedstaaten ein weiter Beurteilungsspielraum vorbehalten. Diese könnten nämlich die Höhe des Betrags der den Urhebern im Fall des öffentlichen Verleihens geschuldeten Vergütung entsprechend ihren kulturpolitischen Zielsetzungen festsetzen.  Da jedoch die Vergütung die Gegenleistung für den den Urhebern durch die ohne ihre Genehmigung erfolgte Nutzung ihrer Werke entstandenen Schaden ist, könne die Festsetzung des Betrags dieser Vergütung nicht völlig von den Faktoren, aus denen sich ein solcher Schaden zusammensetzt, getrennt werden. Da der Schaden auf dem öffentlichen Verleihen, d. h. der Gebrauchsüberlassung geschützter Werke durch der Öffentlichkeit zugängliche Einrichtungen, beruht, sollte der Betrag der Vergütung dem Umfang dieser Gebrauchsüberlassung Rechnung tragen.  Daher sei die Beeinträchtigung der Urheberrechte umso größer, je größer die Zahl der geschützten Objekte ist, die durch eine öffentliche Verleiheinrichtung zum Gebrauch überlassen werden. Somit müsste der Betrag der von einer solchen Einrichtung zu entrichtenden Vergütung die Zahl der der Öffentlichkeit zum Gebrauch überlassenen Gegenstände berücksichtigen, so dass die größeren öffentlichen Verleiheinrichtungen eine höhere Vergütung zahlen müssten als die kleineren Einrichtungen.  Im vorliegenden Fall steht nach Auffassung des EuGH fest, dass die durch den Königlichen Erlass eingeführte Regelung die Zahl der bei den öffentlichen Verleiheinrichtungen eingetragenen Entleiher berücksichtigt, nicht jedoch die Zahl der der Öffentlichkeit zum Gebrauch überlassenen Gegenstände. Somit trage eine solche Berücksichtigung weder dem Umfang des den Urhebern entstandenen Schadens noch dem Grundsatz, dass diese eine Vergütung erhalten müssen, die einem angemessenen Einkommen entspricht, ausreichend Rechnung.  Ferner werde nach dem Königlichen Erlass, wenn eine Person bei mehr als einer Verleiheinrichtung eingetragen ist, der Betrag für diese Person nur einmal geschuldet. In diesem Zusammenhang habe die Vereniging van Educatieve en Wetenschappelijke Auteurs (VEWA) in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass 80 % der Einrichtungen in der französischen Gemeinschaft Belgiens geltend machten, ein großer Teil ihrer Leser sei auch bei anderen Verleiheinrichtungen eingetragen, und dass diese Leser daher bei der Zahlung der Vergütung des betreffenden Urhebers nicht berücksichtigt würden.  Unter diesen Umständen könne diese Regelung dazu führen, dass zahlreiche Einrichtungen tatsächlich nahezu von der Verpflichtung befreit werden, überhaupt eine Vergütung zu entrichten. Eine solche tatsächliche Befreiung stehe jedoch nicht in Einklang mit der Richtlinie in der Auslegung durch den Gerichtshof, wonach nur eine begrenzte Zahl der Kategorien von Einrichtungen, die potenziell zur Zahlung einer Vergütung verpflichtet sind, von dieser Verpflichtung ausgenommen werden kann.  30.06.2011 - C-271/10 Gerichtshof der Europäischen Union - PM 66/11 vom 30.06.2011

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