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Der "ERGO-Kundenanwalt" ist kein Anwalt

OLG Düsseldorf, Urteil vom 28.10.2014, Az. I-20 U 168/13


Der "ERGO-Kundenanwalt" ist kein Anwalt

Das Oberlandesgericht (OLG) in Düsseldorf hat mit seinem Urteil vom 28.10.2014 unter dem Az. I-20 U 168/13 entschieden, dass es einem Versicherungskonzern untersagt ist, blickfangmäßig mit der Bezeichnung „ERGO-Kundenanwalt" zu werben, sofern dieser Kundenanwalt kein Rechtsanwalt ist und keine Rechtsberatung vornimmt. Denn die Bezeichnung "Anwalt" wäre in so einem Fall irreführend.

Geklagt hatte eine Organisation der in Z. zugelassenen Rechtsanwälte gegen eine Holdinggesellschaft eines Versicherungskonzerns. Die Beklagte unterhält eine Internetseite. Im dortigen Unterpunkt „Über ERGO" befindet sich eine Rubrik mit der Überschrift „Versichern heißt verstehen" mit mehreren Unterseiten. Eine davon ist als „ERGO Kundenanwalt" überschrieben.
Dort heißt es, das Ziel der Versicherung sei Gerechtigkeit. Es wird im Falle von Beschwerden den Kunden angeboten, mit einem so genannten ERGO Kundenanwalt als Stimme der Kunden in Verbindung zu treten. Dieser werde sich um die Anliegen der Kunden kümmern und sich für Schlichtung einsetzen. Unter „Arbeitsweise des ERGO Kundenanwalts" wird ferner ausgeführt: „Der ERGO Kundenanwalt möchte Kunden in Konfliktfällen helfen. Daher sieht die ERGO Versicherungsgruppe für die Schlichtungsfunktion ihres Kundenanwalts einige Regeln vor." Nach einem weiteren Textabschnitt folgt die Erläuterung, der ERGO Kundenanwalt sei kein Rechtsanwalt und werde auch nicht im Sinne einer Rechtsberatung tätig. Er sei lediglich ein Mitarbeiter der Versicherung.

Das Landgericht hat die Versicherung zur Unterlassung der Benutzung des Titels „Kundenanwalt" in ihrer Werbung, wie zuvor beschrieben, verurteilt.
Zur Begründung führte das LG aus, da der Verkehr annehme, es handele sich bei dem so genannten Kundenanwalt um einen Rechtsanwalt, sei die Werbung irreführend. Die Verwendung der Begriffe "Gerechtigkeit", "Schlichtung" und "Klärung" verstärke diese Erwartung auch noch. Der Hinweis im Text sei nicht ausreichend, um einen Irrtum zu vermeiden.
Hiergegen richtet sich die Versicherung mit ihrer Berufung und trägt vor, die Auffassung des LG sei rechtsfehlerhaft. Der Begriff des "Kundenanwalts" sei ein Fantasiebegriff, da es ein „Kundenrecht", auf welches sich Anwälte spezialisieren könnten, nicht gebe. Es gebe auch kein allgemeines Verständnis, dem zufolge "Anwalt" immer „Rechtsanwalt" heißen müsse. Auf den Horizont einer juristisch gebildeten Minderheit komme es nicht an, sondern auf das Verständnis eines Durchschnittsverbrauchers, dem Rechtsbegriffe nicht vertraut seien. Diesbezüglich habe sie sogar angeboten, ein Verkehrsgutachten einholen zu lassen. Der Durchschnittsverbraucher sei daran gewöhnt, dass der Begriff „Anwalt" auch im Sinne einer Beschwerdeeinrichtung verwendet werde. Auch die Y-Bank würde mit einem „Kundenanwalt" werben und der Sender WDR werbe mit einer so genannten „Zuschaueranwältin". Des Weiteren werde der Vorsitzende des Versichertenbundes als „Verbraucheranwalt" benannt. Dass der Kundenanwalt kein Rechtsanwalt sei, werde zudem mit einem Hinweis klargestellt. Die Darstellung werde als Ganzes wahrgenommen und nicht im Sinne einer Blickfangwerbung. Es sei deutlich genug herausgestellt, dass ERGO Kundenanwalt kein unabhängiges Organ der Rechtspflege sei.

Doch diesen Ausführungen vermag sich das OLG Düsseldorf nicht anzuschließen und führt aus, das Angebot der Interessenwahrnehmung durch einen so genannten Kundenanwalt könne dazu führen, dass Versicherte von der Beauftragung eines Rechtsanwalts Abstand nehmen würden. Es sei zu dieser Beurteilung auch kein Verkehrsgutachten nötig.

Soweit die Bezeichnung „Anwalt" in einem anderen Sinne als "Rechtsanwalt" angewendet werde, stehe die Wahrnehmung öffentlicher Interessen bestimmter relevanter Gruppen im Vordergrund. Etwa der Vorsitzende des Versichertenbundes als „Verbraucheranwalt", der frühere Umweltminister als „Umweltanwalt" und auch die „Zuschaueranwältin" des WDR sollen lediglich Sprachrohr einer heterogenen Gruppe sein. Es gehe dabei nicht um eine Verteidigung persönlicher Rechte, sondern es stünden gesellschaftliche Aufgaben in Rede. Gleiches gelte auch die Bezeichnung "Anwältin der Armen" für Mutter Teresa oder vergleichbare Personen.
Die Klarstellung sei auch nicht geeignet, eine Irreführung zu vermeiden.
Es handele sich durchaus um eine Blickfangwerbung, da die Besucher der Internetseite nicht nur Bestandskunden, sondern auch potenzielle Neukunden seien, die einen Einblick in die „Arbeitsweise des ERGO Kundenanwalts" bekommen wollen. Zumindest ein Sternchenhinweis wäre nötig gewesen.

OLG Düsseldorf, Urteil vom 28.10.2014, Az. I-20 U 168/13


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