Bewertungsportal muss keine Nutzerdaten herausgeben
Im November 2011 hatte der frei praktizierende Arzt auf einem Internetportal, auf dem Ärzte bewertet werden können, nach Bewertungen über sich selbst geforscht. Dabei wurde er auf verschiedene unwahre Behauptungen eines Bewerters aufmerksam, im Juni 2012 folgten weitere. Der Arzt verlangte darauf von der Betreiberin des Portals, die entsprechenden Behauptungen zu löschen, was diese auch tat. Doch schon im Juli legte der anonyme Bewerter nach, er veröffentlichte erneut eine Bewertung mit den von dem Arzt bereits beanstandeten Inhalten. Diese wurden zwar im Juli wiederum gelöscht, doch dem Mediziner war die Sache zu bunt geworden. Er verlangte von der Betreiberin die Herausgabe der Anmeldedaten, mit denen sich der Autor der Bewertungen bei dem Portal registrierte hatte.
Das Landgericht Stuttgart verurteilte die Beklagte, Name und Anschrift des Verfassers herauszugeben. Dagegen legte diese vor dem Oberlandesgericht Stuttgart Revision ein, scheiterte jedoch auch hier. Das OLG stellte fest, dass der Arzt einen Auskunftsausspruch habe. Der Bundesgerichtshof sah dies jedoch anders. Stattdessen sei der Betreiber eines Internetportals grundsätzlich nicht befugt, aufgrund einer Verletzung der Persönlichkeitsrechte ohne Einwilligung des Betroffenen dessen Nutzerdaten weiterzugeben. Tatsächlich dürften solche zweckgebundenen Daten (zweckgebunden hier im Sinne der Anmeldung bei dem Portal) nur dann weitergegeben werden, wenn eine entsprechende Rechtsvorschrift dies erlaubt. Eine solche gibt es aber bislang nicht. Lediglich, wenn es sich um Ermittlungen im Rahmen einer Strafverfolgung handelt, darf der Betreiber die entsprechenden Daten an die zuständigen Behörden weitergeben. Das heißt, der in seinem Persönlichkeitsrecht Verletzte muss den Umweg über die Strafanzeige wählen.
Schwacher Trost für den klagenden Arzt: Werden auf einer Internetseite seine Persönlichkeitsrechte verletzt, steht ihm zumindest ein Unterlassungsanspruch gegen den Betreiber zu.
Kommentar
In Deutschland ist der Datenschutz ein besonders sensibles Thema. Und es ist nur zu begrüßen, dass der Betreiber einer Internetseite nicht ohne Zustimmung seiner Nutzer deren persönliche Daten an andere weitergeben darf. Zumindest nicht ohne berechtigtes Interesse. Und dieses gestand der BGH dem klagenden Arzt nicht zu. Denn ein entsprechendes Gesetz, das die Rahmenbedingungen für eine solche Auskunft regeln würde, gibt es nicht. Und damit muss der Nutzer grundsätzlich gefragt werden, ob seine Daten an andere weitergegeben werden dürfen - was dieser im verhandelten Fall aus gutem Grund verweigert haben dürfte. Das mag Recht sein, aber ist es auch richtig? Für den betroffenen Arzt ganz sicher nicht. Denn er muss es hinnehmen, dass auf einem Bewertungsportal wiederholt unwahre Behauptungen über ihn verbreitet wurden, ohne gegen den Verfasser vorgehen zu können. Zwar waren die Behauptungen jeweils gelöscht worden, doch sie waren ja bereits online gewesen. Ob bestehende oder potenzielle neue Patienten des Arztes diese gelesen hatten und ob sie daraus gar - für den Mediziner negative - Konsequenzen zogen, lässt sich natürlich unmöglich aufklären; angenehm war diese Rufschädigung für den Mann naturgemäß aber sicher auf keinen Fall. Immerhin hat der BGH, wie auch schon das OLG, einen Unterlassungsanspruch gegen die Betreiberin zugestanden. Das Recht auf anonyme Meinungsäußerung im Internet wurde durch das Urteil gestärkt. Jedem, der schon einmal Opfer von Mobbing im Netz geworden ist, dürfte dies jedoch sauer aufstoßen. Sollten beleidigende Äußerungen keinen Straftatbestand darstellen, bleibt ihm nur, entsprechende Einträge immer und immer wieder löschen zu lassen.
BGH, Urteil vom 01.07.2014, VI ZR 345/13