Bewerbung von “KISS-Syndrom” und “KIDD-Syndrom” unzulässig
Das Oberlandesgericht (OLG) in Düsseldorf hat es mit seinem Urteil vom 05.11.2013 unter dem Aktenzeichen I-20 U 107/13 untersagt, in bestimmter Weise für eine so genannte manuelle Therapie an Kindern zu werben.
Geworben hatte ein Anbieter mit der Aussage, wer ein Schreibaby habe, oder ein Kind, das „auffällig“ unruhig sei, solle auf sein Gefühl hören.
Er erläutert sodann das so genannte KISS-Syndrom. Damit seien Blockaden der Halswirbelsäule bei Kindern gemeint. Es bedeute „Kopfgelenk-Induzierte-Symmetrie-Störung“. Dies führe zu einer Reihe von Symptomen. Jedes zweite bis dritte Kind leide darunter und sei behandlungsbedürftig. Das Syndrom komme durch die Geburt zustande. Dabei werde die Wirbelsäule und Halswirbelsäule derart überanstrengt, dass Blockaden entstehen. Dies gelte vor allem bei Zangengeburten und nach einem Kaiserschnitt.
Die Folgen für die Kinder reichen von der Schiefhaltung des Kopfes, Asymmetrie von Bewegungen bis hin zu Schlafstörungen, Augenanomalie (ein Auge größer), Blähungen, Kopfschmerzen, Konzentrationsschwächen, Lese- und Rechtschreibprobleme, gestörtes Sozialverhalten, usw.
Das Landgericht hat den Antrag des Antragstellers abgewiesen und es abgelehnt, den Antragsgegner per einstweiliger Verfügung zur Unterlassung der entsprechenden Aussagen zu verpflichten. Zur Begründung führte es aus, dass der Antragsteller nicht glaubhaft dargelegt habe, dass der Antragsgegner nach dem Abgeben seiner Unterlassungserklärung weiterhin entsprechende Aussagen verbreitet habe.
Gegen den Beschluss des LG wendet sich der Antragsteller und macht geltend, das LG habe die Belege nicht zutreffend gewürdigt.
Der Antragsgegner behauptet, die Löschung der beanstandeten Seite im Internet veranlasst zu haben. Außerdem äußert er, dass die Erklärungen keinen Verstoß gegen § 3 HWG darstellen, wenn sie lauten: „Diese Behandlungsmethode ist nicht schulmedizinisch erwiesen, doch sie zeigte sich bei unserem Sohn mit Erfolg!!!“. Eine Irreführung von Verbrauchern liege darin nicht.
Doch die Berufung des Antragstellers hat Erfolg. Der Antragsgegner sei dazu zu verpflichten, die entsprechenden Aussagen zu unterlassen. Er selbst habe den streitigen Zusatz veröffentlicht, sonst hätte er gar nicht in den Besitz des Antragsstellers gelangen können.
Die Aussagen des Antragsgegners über das „KISS-/KIDD-Syndrom“ seien geschäftliche Handlungen gemäß § 2 UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb) weil er damit sein Unternehmen als Physiotherapeut bewirbt. Die Darstellung des Syndroms sei schließlich mit einem Therapieangebot verbunden.
Die Auflistung der möglichen Symptome sei eine Aufklärung und als solche Voraussetzung für eine Entscheidung für eine Therapie. Sie ist auch geeignet, die Beauftragung des Antragsgegners zu erwägen.
Die Darstellungen seien jedoch unlauter, weil sie einen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht darstellen. Ein solcher Verstoß sei darin zu sehen, dass die Darstellungen irreführend seien. Eine Irreführung sei schon darin zu sehen, dass es keine medizinischen Beweise für die Wirksamkeit der Behandlung gebe. Auch der Hinweis, dass eine Krankenkasse inzwischen die Kosten für die entsprechenden Therapien übernehme, ändere an dem Sachverhalt nichts, dass die Methode wissenschaftlich nicht belegbar bzw. umstritten sei.
Ein Verbraucher verstehe die Darstellung als Kritik an der Schulmedizin welche sich den naheliegenden Erkenntnissen ("bei unserem Sohn hat es geholfen") verschließe. Der Aussage nach könne jedes Kind mit gewissen Gesundheitsproblemen mit der Methode erfolgreich behandelt werden. Diese Aussagen seien zu untersagen.
Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf, Urteil vom 05.11.2013, Aktenzeichen I-20 U 107/13