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Berechnung eines Kartell-Schadensersatzes

OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 17.11.2015, Az. 11 U 73/11


Berechnung eines Kartell-Schadensersatzes

Das OLG Frankfurt hat sich damit beschäftigt, unter welchen Bedingungen Abnehmer von Unternehmen, die kartellrechtswidrige Preise berechnen, Schadenersatz verlangen können. Dabei ist der hypothetische Marktpreis zu ermitteln.

Die Richter haben festgelegt, dass die nationalen und europäischen Kartellrechtsbestimmungen gemäß § 823 BGB als Schutzgesetz anzusehen sind. Ein Recht auf Schadenersatz können Abnehmer dann beanspruchen, wenn sie den Verstoß des jeweiligen Unternehmens gegen das Kartellrecht nachweisen können. Sogenannte Popularklagen bleiben dagegen nach wie vor unzulässig. Dabei handelt es sich um eine Klage, die der Kläger erhebt, obwohl er selbst durch das angegriffene Verhalten nicht unmittelbar negativ betroffen ist, seine Rechte wurden nicht verletzt.

Für die Berechnung des hypothetischen Marktpreises, der für die Schadenersatzklage herangezogen wird, kann ein Gutachten eingeholt werden. Dieses ersetzt gemäß § 411a ZPO ein eigenständiges Sachverständigen-Gutachten. Im verhandelten Fall wurde der Anspruch auf Schadenersatz des Abnehmers von Betonprodukten durch den Hersteller der Produkte verneint, da die Beweislage nicht eindeutig war. Angesichts des hypothetischen Marktpreises konnte die Klägerin nicht beweisen, einen erhöhten Preis für den Beton bezahlt zu haben. Das Gericht legt den Listen-/Rechnungspreis, in den noch mehrere Rechnungsgrößen wie Rabatte, Rückvergütungen und Skonto eingerechnet werden, zugrunde. Zwischen der Klägerin als Abnehmerin und der Beklagten als Herstellerin der Betonware ist zumindest unstreitig, dass die Klägerin den Listen-/Rechnungspreis aufgrund von Skontoabzügen, Rabatten und Rückvergütungen nicht entrichtet hat. Streitig sind jedoch Höhe und Anzahl der Rückvergütungen. Zudem hat die Klägerin von Naturalrabatten und Gratislieferungen profitiert. Um den tatsächlich bezahlten Preis zu ermitteln, werden nicht die formalen Vertragsbeziehungen herangezogen, sondern der durch die Kartellantin (Beklagte) festgesetzte Produktpreis. Die Klägerin kann schlüssig beweisen, dass sie keine eigenständigen Preisverhandlungen geführt hat, sondern dass die Baustoffhändler unmittelbar in die Absatzstruktur des Herstellers (Beklagte) eingebunden waren. Preisabsprachen bestanden demzufolge ausschließlich zwischen der Beklagten und den Baustoffhändlern. Die in die Beweiseinlage eingebrachten Unterlagen der Beklagten zeugen von einer Preiskalkulation für die an die Klägerin zu liefernden Betonprodukte. Damit steht unstreitig fest, dass die Beklagte nachhaltig auf die durch die Klägerin zu entrichtenden Endpreise eingewirkt hat. Die streitigen Baustoffhändlerrabatte wurden unabhängig vom Preissystem der Beklagten gewährt, was diese jedoch versäumt hat, der Klägerin mitzuteilen.

Die Klägerin weist darauf hin, dass die Baustoffhändler von der Beklagten bewusst zwischengeschaltet worden seien. Was die durch die Baustoffhändler gewährten Rabatte angehe, sei nicht ersichtlich, inwieweit diese im Zusammenhang mit dem von der Beklagten angefertigten Gesamtkonzept in Form der Preiskalkulation stünden. Unstreitig sind die an die Klägerin erfolgten Gratislieferungen und Naturalrabatte, zu der sie jedoch keine beweiskräftigen Unterlagen beibringen konnte. Aufgrund dieser mangelhaften Beweislage wurde der Wert dieser Lieferung gemäß § 287 ZPO mit einem Durchschnittswert angesetzt. Für die Ermittlung des hypothetischen Marktpreises wurde auch ein Sachverständigengutachten herangezogen. Da die Klägerin die Beweise für einen Verstoß gegen das Kartellrecht nicht eindeutig beweisen konnte, alleine wegen der fehlenden beziehungsweise unvollständigen Angaben hinsichtlich der gewährten Naturalrabatte, Gratislieferungen und sonstigen Rabatte, beruft sie sich erfolglos auf eine Bereicherungsabsicht der Beklagten. Daher war die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG Frankfurt zurückzuweisen. Die Klägerin hat die in der Berufungsinstanz angelaufenen Kosten zu tragen. Die Revision ist unzulässig.

Dieses Urteil zeigt, dass Abnehmern grundsätzlich ein Schadenersatzanspruch gegen Hersteller zusteht, wenn unzulässige Preisabsprachen gegen das geltende Kartellrecht verstoßen. Allerdings stehen die Abnehmer in der Beweispflicht und müssen diese rechtswidrigen Preisabsprachen beweisen. Da die Klägerin im verhandelten Fall jedoch von Gratislieferungen und Naturalrabatten profitiert hatte, Unterlagen zu dieser Sachlage jedoch nicht ausreichend beibringen konnte, wird eine Bereicherungsabsicht der Beklagten durch kartellrechtswidrige Preisabsprachen verneint, selbst wenn diese es versäumt hat, die Klägerin davon zu informieren, dass die gewährten Vergünstigungen der Baustoffhändler unabhängig von ihrem Preissystem erfolgten.

OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 17.11.2015, Az. 11 U 73/11


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