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Benotung von Ärzten

Benotungen in Bewertungsportalen unterliegen der Meinungsfreiheit


Benotung von Ärzten

Bewertungsportale im Internet erfreuen sich wachsender Beliebtheit. Mit der Frage, inwieweit ein Betroffener gegen eine negative Bewertung vorgehen kann, beschäftigt sich das Urteil des LG Kiel vom 6.12.2013.

Geklagt hatte ein Frauenarzt, der im Internetportal der Beklagten von einer Nutzerin negativ bewertet worden war. Unter Anderem hatte er für die Kategorien Behandlung, Aufklärung, Praxisausstattung und telefonische Erreichbarkeit die Note mangelhaft erhalten. Auf die Beschwerde des Arztes hin entfernte die Beklagte zwar den Bewertungstext, die vergebenen Noten löschte sie jedoch nicht. 

Auch das vom Kläger daraufhin angerufenen Kieler Landgericht billigte ihm keinen Anspruch auf Löschung der Bewertungen und Schadensersatz zu.

Die Kieler Richter lehnten bereits die Anwendbarkeit des § 35 II 2 Nr. 1 BDSG ab, wonach personenbezogene Daten gelöscht werden müssen, soweit ihre Speicherung nicht zulässig ist. Die im Streit stehenden Daten dienten jedoch in erster Linie der Information der Allgemeinheit und unterlagen damit dem Recht auf Meinungsfreiheit. Im Rahmen der Abwägung zwischen dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Klägers und dem Recht auf Meinungsfreiheit gaben die Kieler Richter der Meinungsfreiheit den Vorzug und erachteten daher die Speicherung der Daten als zulässig. 

Bewertungen mit einer Notenskala sind Meinungsäußerungen

Mit dem Argument, die vergebenen Noten stellten unwahre Tatsachenbehauptungen dar, konnte der Kläger ebenfalls nicht durchdringen. Das LG Kiel reihte sich insofern in die ständige Rechtsprechung ein und betonte, dass Bewertungen im Rahmen eines Notensystems eine Meinungsäußerung darstellten. Bei der Unterscheidung zwischen Meinungsäußerung und Tatsachenbehauptung komme es entscheidend darauf an, ob die Äußerung mit objektiven Beweismitteln überprüfbar, oder von dem subjektiven Element der Stellungnahme gekennzeichnet sei. Solche Meinungsäußerungen seien grundsätzlich vom Grundrecht der Meinungsfreiheit gedeckt, jedenfalls solange die Grenze zur Schmähkritik nicht überschritten sei. Die Kieler Richter gestanden dem Kläger zwar zu, dass die vorgenommenen Bewertungen an einen Tatsachenkern anknüpften, die Benotung selbst stelle jedoch ein subjektives Urteil dar und sei damit durch die Meinungsfreiheit gedeckt. Dass die Beklagte den Bewertungstext bereits gelöscht hatte und somit die Benotung des Klägers isoliert veröffentlicht war, verstärkte nach Ansicht des Gerichts zusätzlich den subjektiven Charakter der Bewertung.

Anonyme Bewertungen sind rechtlich zulässig 

Auch die Tatsache, dass die Beklagte nicht sichergestellt hatte, dass die Bewertung durch einen Patienten des Klägers vorgenommen worden sei, änderte nichts an der Rechtmäßigkeit der Bewertung. Die Beklagte hatte sich zwar vor der Veröffentlichung der Bewertung von der Nutzerin bestätigen lassen, dass sie tatsächlich vom Kläger behandelt worden war, weitergehende Überprüfungsmaßnahmen hatte sie jedoch nicht durchgeführt. Dies war nach Ansicht des Gerichts aber auch ausreichend. Es könne von der Beklagten nicht verlangt werden, dass sie von den jeweiligen Nutzern beispielsweise ein Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des bewertenden Arztes verlange. Die grundsätzliche Möglichkeit des Missbrauchs des Bewertungssystems sei jedoch im Interesse der Meinungsfreiheit hinzunehmen. Gewähre die Beklagte den Nutzern ihres Internetportals keine Anonymität, so bestünde die Gefahr, dass sich Nutzer aus Angst vor eventuellen negativen Konsequenzen mit ihrer Meinung zurückhielten. Dies sei mit dem recht auf Meinungsfreiheit nicht vereinbar.

Ein wenig überraschendes Urteil, das deutlich vor Augen führt, wie stark das Recht auf Meinungsfreiheit durch das Grundgesetz und die Rechtsprechung geschützt wird. 

LG Kiel, 06.12.2013 - 5 O 372/13


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