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B2B: Rechtswidrige AGB-Klausel von 90 Tagen Zahlungsziel

AG Mannheim, Urteil vom 22.07.2015, Az. 10 C 169/15


B2B: Rechtswidrige AGB-Klausel von 90 Tagen Zahlungsziel

Das Amtsgericht (AG) in Mannheim hat mit seinem Urteil vom 22.07.2015 unter dem Az. 10 C 169/15 entschieden, dass zwischen Unternehmern eine AGB-Klausel mit dem Zahlungsziel in 90 Tagen unwirksam ist. Denn Frachtführer seien in der Vorleistungspflicht.

Die Parteien sind Mitbewerber im Bereich Transport. Die Beklagte hatte die Klägerin mit einem Transport beauftragt. In ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen heißt es u.a.: „Forderungen des AN sind am letzten Tag des zweiten Folgemonats nach Rechnungseingang fällig“. Für den Transport berechnete die Klägerin 595 Euro, die zum 19.09.2014 fällig werden sollten. Dann hat die Klägerin den Betrag doppelt unter Fristsetzung angemahnt und nach erfolglosem Ablauf der Frist ihren Anwalt beauftragt. Dieser forderte die Beklagte zur Zahlung auf. Erst daraufhin zahlte die Beklagte einen Teil der Summe, kurz danach den Rest.
Die Klägerin trug vor, die AGB seien nicht bei ihr angekommen. Die Klausel der Beklagten sei außerdem unwirksam, weil sie gegen gesetzliche Bestimmungen verstoße.
Die Beklagte trug vor, ihre AGB der Klägerin übermittelt zu haben. Die Forderung sei daher erst zum 31.10.14 fällig geworden. Sie, die Beklagte, arbeite nur mit sehr geringen Gewinnspannen und sei darauf angewiesen, zuerst vom eigenen Auftraggeber die Vergütung zu erhalten.

Doch das AG Mannheim hält die Klage für begründet. Die Beklagte habe sich zum Zeitpunkt der Beauftragung des Rechtsanwalts durch die Klägerseite in Verzug befunden.
Der Schuldnerverzug setze die Nichtleistung trotz wirksamen und durchsetzbaren fälligen Anspruchs voraus. Hinsichtlich der Durchsetzbarkeit und Wirksamkeit der Ansprüche der Klägerin gebe es keine Bedenken. Bezüglich der Fälligkeit sei bei Frachtverträgen § 420 HGB maßgeblich. Hiernach sei die Fracht bei der Auslieferung des Frachtgutes zu zahlen. Sinn des § 420 HGB sei es, die Verknüpfung der Vertragspflicht, d.h. die Ortsveränderung gegen Bezahlung zum Ausdruck zu bringen. Daraus ergebe sich, dass das Gut nur Zug um Zug gegen die Zahlung abgeliefert werden müsse. Der Fälligkeitszeitpunkt liege somit genau eine logische Sekunde vor demjenigen Zeitpunkt der Ablieferung, folglich direkt vor dem Moment der Beendigung des Gewahrsams durch den Frachtführer und dem Zurverfügungstellen des Frachtgutes an den Empfänger.
Abweichende Vereinbarungen können von den Parteien getroffen werden, auch in Form von AGB. Es handele sich bei der von der Beklagten verwendeten Klausel auch nicht - entgegen der Ansicht der Klägerin - um eine überraschende.
AGB werden nach § 305c I BGB nicht Vertragsbestandteil, wenn sie so ungewöhnlich seien, dass der Vertragspartner nicht mit ihnen habe rechnen müssen. Der Sinn der Norm bestehe darin, das Vertrauen zu schützen, dass Klauseln nicht völlig ungewöhnlich seien. Eine Fälligkeitsregelung wie die in den AGB der Beklagten sei nicht besonders ungewöhnlich, folglich habe keine überraschende Klausel vorgelegen.

Die Klausel der AGB, der zufolge die Forderung am letzten Tag des zweiten Monats nach Eingang der Rechnung, stelle vielmehr einen Verstoß gegen die §§ 307 und 308 BGB dar. Denn die Fälligkeitsregelung halte einer Inhaltskontrolle nach § 307 BGB nicht stand. Nach § 310 BGB finde die Regelung § 308 BGB auch auf AGB Anwendung, die im Verkehr zwischen Unternehmern verwendet werden. Nach § 308 BGB sind unangemessen lange Leistungsfristen verboten. Es seien jedoch im konkreten Einzelfall die Interessen der Beteiligten abzuwägen. Das führe im vorliegenden Fall zu dem Ergebnis, dass die Klägerinteressen erheblich überwiegen. Es werde im Rahmen des § 308 BGB die Beweislast für die Angemessenheit der Zahlungsfrist dem Verwender auferlegt.
Die Beklagte betreibe ein Zwischenspeditionsunternehmen und könne nicht mit ihrem Vortrag überzeugen, dass ihr an der langen Frist ein Interesse zukomme.
Eine solche Frist sei für kleine und mittlere Frachtführer benachteiligend, weil diese vorleistungspflichtig seien und durch den Transport erhebliche Aufwendungen hätten. Diese dürften über diejenigen des Zwischenspediteurs hinausgehen. Solche Firmen seien einer Existenzbedrohung ausgesetzt, wenn sie ihre Forderungen erst sehr viel später durchsetzen könnten ohne ein Pfandrecht zu haben.

AG Mannheim, Urteil vom 22.07.2015, Az. 10 C 169/15


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