• Anwaltskanzlei Weiß & Partner

    Katharinenstraße 16
    73728 Esslingen

    0711 - 88 241 006
    0711 - 88 241 009
    Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Atemtest benötigt keine arzneimittelrechtliche Zulassung

BGH, Urteil vom 24.09.2013, Az. I ZR 73/12


Atemtest benötigt keine arzneimittelrechtliche Zulassung

Der Bundesgerichtshof urteilte am 24. September 2013, dass die Betreiber einer Versandapotheke für den Verkauf eines selbst hergestellten, diagnostischen Atemtests keine arzneimittelrechtliche Zulassung benötigt.

Geklagt hatte ein pharmazeutisches Unternehmen, das mit arzneimittelrechtlicher Zulassung einen sogenannten 13C-Harnstoff-Atemtest herstellt und deutschlandweit vertreibt. Diese Tests werden zur Diagnose einer möglichen Infektion mit Heliobacter-pylori-Bakterien eingesetzt. Dafür wird zunächst die medizinisch wirksame Komponente, das 13C-Harnstoffpulver, mit Wasser vermischt und getrunken. Die im Testset enthaltenen Plastikröhrchen werden unmittelbar vor und etwa eine halbe Stunde nach der Einnahme der Trinklösung mit Atemluft befüllt, verschlossen und zusammen an ein Labor versandt. Da ein mit den Bakterien infizierter Organismus den Harnstoff anders metabolisiert als ein gesunder, kann anhand der Bestandteile der Atemluft die Präsenz des Bakteriums nachgewiesen werden.

Das klagende Unternehmen wirft den Beklagten, Betreiber einer Apotheke, die über eine Versanderlaubnis verfügt, vor, einen ähnlichen Test ohne die nötige arzneimittelrechtliche Zulassung herzustellen. Dazu beziehen die Beklagten den Harnstoff in Reinform von einem industriellen Hersteller, vermischt diesen mit einem Hilfsstoff um die Abmessung zu vereinfachen und teilt das Pulver in Portionen von 75 mg ein. Diese werden in Kapseln gefüllt und auf Anfrage an Ärzte und Krankenhäuser verkauft. Die Kläger verfügen jedoch nicht über eine arzneimittelrechtliche Zulassung für dieses Produkt. Das Landgericht urteilte zunächst im Sinne der Kläger und forderte die Unterlassung des Vertriebs der Atemtests. Eine Berufung blieb erfolglos.

Mit der Revision vor dem Bundesgerichtshof wurden die vorherigen Urteile aufgehoben. Das Oberlandesgericht argumentierte zunächst, dass es sich bei den Testsets um Fertigarzneimittel im Sinne des Arzneimittelgesetzes handelt, die grundsätzlich eine Zulassung benötigen. Die Ausnahmeregelung, die in Apotheken in kleinen Mengen hergestellte Medikamente von der Zulassungspflicht befreit, erkannten die Richter ebenfalls nicht, da der Wirkstoff nicht von den Beklagten selbst hergestellt, sondern lediglich umgefüllt wird. Eine Billigung durch die Apothekenaufsicht ist ebenfalls kein ausreichender Grund für eine Ausnahme.

Der Bundesgerichtshof selbst zweifelte die Auffassung der vorherigen Instanz nicht an, sondern verwies auf eine Entscheidung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte, das die 13C-Harnstoffkapseln nicht als zulassungspflichtiges Arzneimittel ansahen. Der Bescheid ging zwar erst während der laufenden Berufungsverhandlung ein, die Bundesrichter bezogen die Entscheidung dennoch in die Urteilsfindung ein.

Die Kläger griffen in der Revision die Feststellung des Instituts selbst an und beurteilten diesen als widersprüchlich. Der Gerichtshof führte daraufhin aus, dass aufgrund der Vermischung der einzelnen Bestandteile und der darauf folgenden Portionierung das Medikament als "verlängerte Rezeptur" zu verstehen ist, die laut Gesetz zwar Fertigarzneimittel ist, aber keine Zulassung benötigt, wenn weniger als 100 Einheiten hergestellt werden. Der BGH bestätigte insgesamt die Zulässigkeit der Feststellung. Das Bundesinstitut ist laut § 21 AMG ausdrücklich ermächtigt, in Streitfragen über die Zulassungspflicht einzelner Medikamente zu entscheiden.

In einem separaten Verfahren vor dem Verwaltungsgericht wurde dieser Bescheid von den Klägern angefochten, da aber noch kein Urteil verkündet wurde, ist die Entscheidung des Instituts zumindest vorläufig bindend. Damit scheidet ein Verstoß gegen das Wettbewerbsgesetz aus, eine Unterlassung kann von den Beklagten nicht gefordert werden. Die Bundesrichter schlossen zwar nicht aus, dass das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht letztendlich den Bescheid für nichtig erklärt, eine Aussetzung des Verfahrens bis zur Klärung sahen sie aber als nicht begründet an. Sollte sich die Sachlage ändern, wäre eine erneute Verhandlung unter Einbeziehung der neuen Tatsachen erforderlich.

BGH, Urteil vom 24.09.2013, Az. I ZR 73/12


Ihr Ansprechpartner

Bitte Kommentar schreiben

Sie kommentieren als Gast.

E-Mail: kanzlei@ratgeberrecht.eu, Telefon: 004971188241006
Katharinenstraße 16, 73728, Esslingen, Baden-Württemberg, Deutschland