Apothekenwerbung für das Stechen von Ohrlöchern unzulässig
Wuppertaler Landgericht stellt fest, dass von Apotheken nicht für Ohrlochstechen und Ohrstecker geworben werden darf.
Die Wuppertaler Landrichter mussten in einem Fall entscheiden, in dem ein Verein, der sich die Förderung und Wahrung gewerblicher Interessen der bei ihm organisierten etwa 2000 Unternehmen und Verbände zum Vereinszweck gemacht hat, den Antrag gestellt hat, das Ohrlochstechen-Angebot einer Apotheke für wettbewerbswidrig zu erklären. Die als Gesellschafterinnen eine Apotheken-OHG betreibenden Apothekerinnen hatten ihren Kunden Ohrlochstechen mit einem als besonders unkompliziert, hygienisch und schmerzarm beworbenen Ohrlochstechsystem angeboten. Das auch die entsprechenden Ohrstecker umfassende Angebotspaket stieß bei dem antragstellenden Verein auf Kritik, weil die Apothekerinnen dabei nach Ansicht des Antragstellers gegen die Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) verstoßen hatten.
Nach § 1a Abs. X und XI ApBetrO in Verbindung mit § 2 Abs. IV ApBetrO dürften nämlich in Apotheken nur apothekenübliche Waren und Dienstleistungen angeboten werden, die der Gesundheit entweder unmittelbar dienen oder zumindest diese fördern. Nach Ansicht des Antragstellers stellt das Durchstechen eines Ohres aber keinen gesundheitsdienlichen oder –fördernden Sachverhalt dar. Im Gegenteil werde in die körperliche Unversehrtheit des Kunden ohne medizinische Notwendigkeit eingegriffen und damit eine gesundheitsgefährdende Handlung vollzogen.
Die Apothekerinnen argumentierten dagegen, dass durch die als Gesamtpaket angebotene Dienstleistung eine weitgehende Risikoreduzierung gewährleistet werde. Durch das in der Apotheke vorgenommene fachlich korrekte Ohrlochstechen und das Einsetzen des Ohrsteckers werde nämlich das Risiko, sich einer Entzündung auszusetzen, minimiert. Dem Hinweis auf die Verletzung, die durch das Ohrlochstechen zugefügt werde, begegneten die Apothekerinnen mit dem Argument, dass diese Verletzung sehr gering sei und schließlich selbstbestimmt sei. Durch den Gang zur Apotheke werde der Kunde vor vermeidbaren Gesundheitsrisiken bewahrt, die ansonsten bei nicht fachgerechtem Ohrlochstechen drohen.
Dieser Argumentation der Antragsgegnerinnen mochte sich das entscheidende Gericht nicht anschließen. Es sei durchaus nachzuvollziehen, dass der vom Kunden gewünschte Eingriff durch ein fachgerechtes Ohrlochstechen und durch Verkauf des geeigneten, hygienisch einwandfreien Ohrsteckers weniger gesundheitsgefährdend sei als vergleichbare, von Nichtfachleuten vorgenommene Eingriffe. Aber dennoch handele es sich bei dem angebotenen Paket um einen Eingriff in die Unversehrtheit des Körpers, ohne dass damit ein für die Gesundheit positiver Effekt erzielt werde. Dass der Eingriff auf Wunsch des Kunden vorgenommen werde, sei in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung.
Bei Betrachtung der in § 1a ApBetrO als „apothekenüblich“ aufgeführten Dienstleistungen werde offensichtlich, dass der Gesetzgeber Ohrlochstechen nicht darunter verstanden haben wollte. Apothekenüblich seien unter anderem nämlich Gesundheitsberatung, kleinere Gesundheitstests oder das Anpassen von Medizinprodukten wie Hörgeräte oder Gehhilfen. Zudem sei nicht nachvollziehbar, warum ausgerechnet Apothekerinnen besser geeignet sein sollten, das beworbene Ohrlochsystem nach entsprechender Schulung zu bedienen, als Juweliere, Drogisten oder andere Personen.
Die Wuppertaler Richter stellten in diesem Zusammenhang klar, dass die einschlägigen Bestimmungen, die das Warensortiment der Apotheken auf gesundheitsbezogene Angebote beschränken, eine Verlagerung des Schwerpunkts der Apotheken von der Arzneimittelversorgung auf Nebenprodukte verhindern sollen.
LG Wuppertal, Urteil v. 01.01.2015, Az. 12 O 29/15