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Apotheken-Bonustaler können unzulässig sein

OLG Hamm, Urteil vom 11.06.2015, Az. 4 U 12/15


Apotheken-Bonustaler können unzulässig sein

Das OLG Hamm hat im Juni 2015 entschieden, dass die Vergabe sogenannter „Bonus-Taler“ beim Verkauf preisgebundener Medikamente durch eine Apotheke rechtswidrig ist und gegen die Vorschriften des Arzneimittelgesetzes verstößt. Nicht nur der Verkauf zu einem anderen als dem vorgeschriebenen Preis, sondern auch die Gewährung wirtschaftlicher Vorteile ist in diesem Fall rechtswidrig.

Die Betreiberin von drei Apotheken hatte ein Programm zur Kundenbindung aufgelegt, das unter anderem die Ausgabe sogenannter „C-Taler“ beinhaltete. Diese Taler hatten einen Wert von jeweils 50 Cent und waren bei Käufen in dieser Apotheke einlösbar. Die Apotheke hatte damit geworben, dass auch bei Einreichung eines Rezepts nach einem Arztbesuch „C-Taler“ gutgeschrieben würden. Eine Konkurrentin hatte einen Testkäufer in die Apotheke geschickt, der dort ein Rezept über ein preisgebundenes, rezeptpflichtiges Medikament einlöste und dafür zwei „C-Taler“ erhielt. Nach Ansicht der Konkurrentin handelte es sich dabei um einen unzulässigen Rabatt, da laut Arzneimittelgesetz (AMG, § 78, Abs. 2 Satz 2) ein einheitlicher Apothekenabgabepreis verbindlich einzuhalten sei. Zwar war das Angebot der Apotheke so formuliert, dass diejenigen Kunden „Taler“ erhielten, die innerhalb von zwei Tagen nach einem Arztbesuch die Apotheke aufsuchten. Dies trifft nach Ansicht der Konkurrentin aber in erster Linie für Kunden mit einem Rezept zu. Die Ausgabe von „C-Talern“ stelle daher einen Rabatt auf preisgebundene Medikamente dar, verstoße gegen das AMG und sei zudem unlauterer Wettbewerb. Die Konkurrentin hatte deshalb die Betreiberin der Apotheke abgemahnt und eine Unterlassungserklärung verlangt. Dem hatte die Apothekerin widersprochen, weshalb die Sache in erster Instanz vor dem Landgericht Bochum verhandelt worden war.

Das LG Bochum war weitgehend den Argumenten der verfügungsbeklagten Apothekerin gefolgt. Diese hatte geltend gemacht, dass die „C-Taler“ nicht für die Einlösung eines Rezeptes, sondern für einen zurückliegenden Arztbesuch ausgegeben würden. Der Testkunde habe daher die zwei „C-Taler“ allein für den Arztbesuch erhalten, der mit der Vorlage des Rezepts nachgewiesen worden wäre. Meist seien zudem Apothekenbesuche zur Selbstmedikation die Folge eines Arztbesuches, der in einem solchen Fall durch Vorlage eines Terminzettels nachgewiesen werden könne. Das Landgericht war mit der Beklagten der Meinung, dass in diesem Falle kein Verstoß gegen die Arzneimittelpreisbindung vorliege, da der in Form von „C-Talern“ gewährte Rabatt jedem Kunden nach einem Arztbesuch gewährt würde, unabhängig von der Einlösung eines Rezepts. Der Kläger war gegen dieses Urteil in Berufung gegangen und begründete das vor dem OLG unter anderem damit, dass für den durchschnittlich informierten Kunden eine erkennbare Verbindung zwischen der Rezepteinlösung und dem Erhalt der Rabatt-Taler bestehe. Dies sei vor allem deshalb der Fall, weil der angeblich mit dem „Taler“ belohnte Arztbesuch keine Leistung der Apotheke darstelle, die Rezepteinlösung hingegen schon. Es entstehe also der berechtigte Eindruck, dass mit der Rabatt-Aktion der Erwerb von Medikamenten mittels Rezept belohnt würde. Daher sei der Apothekerin zu untersagen, bei Einlösung eines Rezepts Rabatt-Taler „für den Arztbesuch“ auszugeben.

Die Beklagte argumentierte, dass eine Koppelung zwischen Rezepteinlösung und Rabatt auch mittelbar nicht vorliege. Die „C-Taler“ würden an jeden Kunden ausgegeben, der einen Arztbesuch nachweise, ganz unabhängig von einem Rezept. Es handele sich also nicht um einen Rabatt auf preisgebundene Medikamente.

Das Oberlandesgericht konnte jedoch den Argumenten der beklagten Apotheke nicht folgen. Die in § 78 Abs. 2 Satz 2 und 3 des AMG geregelte Preisbindung wird laut OLG nicht nur dann gebrochen, wenn eine Apotheke einen anderen als den festgelegten Preis für ein Medikament verlangt. Vielmehr werden die Bestimmungen des Gesetzes auch dann verletzt, wenn dem Kunden bei Erwerb des preisgebundenen Medikaments ein anderer wirtschaftlicher Vorteil gewährt wird. Die Koppelung eines solchen Vorteils an den Medikamentenkauf, der in diesem Fall durch Ausgabe der „C-Taler“ zustande kam, ist immer dann wettbewerbsrechtlich relevant, wenn diese Taler beim Kauf eines preisgebundenen Medikaments ausgegeben werden. Das heißt, es spielt nach Ansicht des Gerichts keine Rolle, ob Kunden diese „Taler“ auch in anderen Fällen erhalten. Die Prüfung müsse nämlich auf der Ebene des einzelnen Verkaufsvorgangs geschehen. Wenn dort ein wirtschaftlicher Vorteil gewährt würde, sei bei Kauf eines preisgebundenen Medikaments von einem Verstoß gegen die Preisbindung und damit von unlauterem Wettbewerb auszugehen. Insbesondere sei es dem Apotheker auch verboten, mit solchen Vorteilen im Zusammenhang mit dem Erwerb preisgebundener Arzneimittel zu werben. Das Gericht konnte dem Argument nicht folgen, dass hier nicht die Rezepteinlösung, sondern der Arztbesuch mit „C-Talern“ honoriert würde, denn das finanzielle Interesse der beklagten Apothekerin lag – auch für den Kunden erkennbar – nicht im Arztbesuch, sondern in der Einlösung des Rezepts.

OLG Hamm, Urteil vom 11.06.2015, Az. 4 U 12/15


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