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Anspruch der Presse auf Namensnennung von Staatsanwalt und Verteidiger


Anspruch der Presse auf Namensnennung von Staatsanwalt und Verteidiger

Leipziger Bundesverwaltungsrichter entschieden am 1. Oktober 2014, dass von Journalisten erbetene Auskünfte, die auf die Nennung der Namen der an Gerichtsverfahren beteiligten Personen gerichtet sind, regelmäßig erteilt werden müssen.

In dritter Instanz hatte sich nach dem Verwaltungsgericht Mannheim (2012) und dem baden-württembergischen Verwaltungsgerichtshof Mannheim (2013) im Herbst 2014 das Bundesverwaltungsgericht mit einem Fall beschäftigt, bei dem ein Journalist der von einer Arbeitsgemeinschaft des Deutschen Anwaltsvereins herausgegebenen Zeitschrift „„Anwaltsnachrichten Ausländer- und Asylrecht” als Kläger auftrat.

Der Redakteur, selbst Rechtsanwalt, hatte in seiner Zeitschrift über einen Fall berichten wollen, bei dem ein minderjähriger afghanischer Asylbewerber unerlaubt über Griechenland nach Deutschland eingereist war und sich deshalb vor Gericht verantworten musste. Das Amtsgericht Nürtingen folgte dem Strafantrag des Staatsanwalts und verurteilte den Angeklagten zu einer sechsmonatigen Jugendstrafe ohne Bewährung. Diese Strafe hatte auch der Pflichtverteidiger gefordert. Bei der Recherche zu seinem Zeitschrift-Artikel hat der Redakteur beim Nürtinger Amtsgerichtsdirektor eine Kopie der entsprechenden Strafgerichts-Entscheidung erbeten. Dieser Bitte kam der Amtsgerichtsdirektor nach. In der Abschrift waren allerdings die Namen der Berufsrichterin, der beiden Schöffen, des Staatsanwalts, des Pflichtverteidigers und der Urkundsbeamtin durch Einschwärzung unkenntlich gemacht. Auf Nachfrage des Redakteurs teilte der Amtsgerichtsdirektor zwar den Namen der Berufsrichterin mit, weigerte sich aber, die Namen der sonstigen an der Gerichtsverhandlung beteiligten Personen zu nennen.

Wegen dieser Entscheidung legte der Journalist gegen das Land Baden-Württemberg eine Klage ein, die vom Mannheimer Verwaltungsgericht abgewiesen wurde. Der darauf angerufene Verwaltungsgerichtshof verpflichtete den Amtsgerichtsdirektor, dem Journalisten auch die Namen der Schöffen zu nennen. Nach Abwägung der Gewichtung des grundgesetzlich verankerten Persönlichkeitsrechts von Staatsanwalt, Verteidiger und Urkundsbeamtin gegenüber dem ebenso grundrechtlich durch die Pressefreiheit geschützten Auskunftsrecht der Presse kam das Gericht zu der Entscheidung, dass die Auskunftsverweigerung bezüglich dieser drei Personen rechtens sei. Dabei wurde auch angemerkt, dass diese drei Personen nicht an der unmittelbaren Verantwortung für das vom Amtsgericht gefällte Urteil beteiligt gewesen waren und deshalb ihre Namen für die Presse nur geringen Informationswert besitze.

Diesem Urteil schlossen sich die Leipziger Bundesverwaltungsrichter nicht an. Sie verpflichteten das Land Baden-Württemberg in der Revisionsverhandlung, dem Journalisten auch die Namen des Staatsanwalts und des Pflichtverteidigers mitzuteilen.
In der Urteilsbegründung wurde betont, dass der Grundsatz der Öffentlichkeit bei Prozessen einen hohen rechtsstaatlichen Wert darstelle, der nur ausnahmsweise von der Bedeutung von Persönlichkeitsrechten übertroffen werde. Das betrifft, so die Bundesverwaltungsrichter, auch die Identität von Staatsanwalt und Verteidiger als Organe der Rechtspflege. Lediglich, wenn erhebliche Belästigungen oder sogar die Gefährdung der persönlichen Sicherheit der Beteiligten zu befürchten seien, könne von Grundsatz der Öffentlichkeit abgewichen werden. Das sei hier nicht der Fall. Anders als der Verwaltungsgerichtshof mochte das Bundesverwaltungsgericht eine Nicht-Verantwortung von Staatsanwalt und Verteidiger am Strafurteil nicht verneinen. Vor allem aber stellte das Gericht klar, dass es nicht Aufgabe von Richtern sei, zu bewerten, welchen Informationswert ein Sachverhalt für die Presserecherche habe.

Allerdings müssten die Recherchen einen ernsthaften sachlichen Grund haben, um das Auskunftsinteresse höher als das Persönlichkeitsrecht der betroffenen Person im Zusammenhang mit der Berichterstattung erscheinen zu lassen. Einen solchen sachlichen Grund konnte das Gericht bei dem Auskunftsersuchen bezüglich des Namens der Urkundsbeamtin allerdings auch ansatzweise nicht erkennen.

BVerwG, Urteil v. 01.10.2014, Az. 6 C 35.13


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