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Anspruch auf Einsicht in Vorgesetzten-E-Mails

OVG Münster, 1 B 1260/14


Anspruch auf Einsicht in Vorgesetzten-E-Mails

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) in Münster hat mit seinem Beschluss vom 07.01.2015 unter dem Az. 1 B 1260/14 entschieden, dass ein Beamter das Recht hat, die E-Mails seiner Vorgesetzten einzusehen, sofern diese ihn betreffen.

Damit verwarf das OVG die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen eine einstweilige Anordnung, der Antragstellerin die Einsicht in eine E-Mail der Referatsleiterin an die Leiterin des Personalreferats der Antragsgegnerin zu ermöglichen. Das Einsichtsbegehren der Antragstellerin stelle keine vorläufige Maßnahme dar, sondern eine Entscheidung, die die Hauptsache vorwegnehme. Eine Vorwegnahme sei gemäß § 123 VwGO aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes (Artikel 19 GG) gerechtfertigt. Geboten sei sie dann, wenn der Erfolg in der Hauptsache sehr wahrscheinlich sei und das Zuwarten bis zur Hauptsacheentscheidung unzumutbar sei, da ein Rechtsgut unwiederbringlich verlorenginge. Dies sei etwa bei einer Verletzung der Grundrechte der Fall, die eine Hauptsacheentscheidung nicht mehr beseitigen könne.

Das sei hier der Fall. Es spiele dabei keine Rolle, ob die Mail, in die Einsicht begehrt werde, ein Bestandteil der Personalakte sei, in die die Antragstellerin ohnehin Einsicht nehmen dürfe. Ein Beamter habe ein Recht auf Einsicht, nicht nur in die eigene Akte, sondern auch in fremde, wenn diese Angaben zu seiner Person enthalten. Die Mail könne als eine Akte i.S.d. § 110 BBG angesehen werden.

Wenn dem nicht so wäre, könne der Dienstherr das Recht auf Einsicht des Beamten aushebeln, indem er personenbezogene Daten außerhalb der Akten aufbewahrt. Der § 110 BBG solle gewährleisten, dass der Beamte auch solche Daten kenne, die außerhalb der Akte vorlägen und dienstlich relevant seien. Das Einsichtsrecht sei Bestandteil der Fürsorgepflicht des Dienstherrn (Artikel 33 GG) und des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung (Artikel 2 GG).

Die Fürsorgepflicht umfasse u.a. die Pflicht des Dienstherrn, den Beamten gegen unberechtigte Vorwürfe zu schützen. Dem Beamten stehe Hilfe zu, sich gegen Behauptungen oder Anschuldigungen Dritter zur Wehr zu setzen.
Falls der Dienstherr aus nicht der Personalakte zu entnehmenden Sachverhalten nachteilige Konsequenzen ziehen wolle, müsse er dem Beamten genügend Informationen offenbaren, damit der Beamte seine Rechte wahren könne. Dies gelte entsprechend für Äußerungen eines Vorgesetzten im Hinblick auf die Arbeitsweise des Beamten. Diese zu kennen sei der Beamte berechtigt, um sich ggf. dagegen zu wehren.

Fehlender Zugang zu dem Wissen von Dritten über die eigene Person könne das Recht auf Selbstbestimmung berühren. Daher dürfe der Grundrechtsträger alle ihn betreffenden Informationen kennen. Dies gelte jedenfalls dann, wenn keine Belange dem entgegenstehen, die mindestens gleich gewichtig seien.

Es sei nicht mit der Antragsgegnerin zu befürchten, dass künftig jede schriftliche Äußerung mit Personendaten auf Verlangen vom Betroffenen eingesehen werden könne. Vielmehr seien die Voraussetzungen des § 110 BBG zu prüfen. Ob nach Prüfung eine Einsicht zu gewähren sei, hänge von dem Äußernden, dem Zusammenhang, der Art und Weise und dem Zweck der Äußerung ab.

Die Antragsgegnerin gehe fehl in der Annahme, bei der E-Mail handele es sich um eine "nicht verfahrensbezogene Äußerung", welche von vornherein für die Akte nicht vorgesehen sei. Sie berufe sich vergeblich darauf, dass Notizen und Entwürfe keine Daten seien, für die Einsichtsrechte bestünden, entgegen § 2 Nr. 1 Satz 2 Informationsfreiheitsgesetz (IFG), nach dem Entwürfe nicht zu den Informationen im Sinne des IFG gehören. Entwürfe und Notizen seien ausgenommen, weil ein Freiraum zur Erarbeitung von Konzepten bestehen solle. Bei Eingängen aus einem anderen Referat, die noch zu bearbeiten seien, handele es sich nicht um eine Notiz oder einen Entwurf. So sei auch das streitgegenständliche Schreiben nicht als ein bloßer Entwurf zu einer Stellungnahme oder als Notiz zu werten.

Vielmehr habe darin die Leiterin eines anderen Referates für das Personalreferat eine Bewertung der Arbeitsweise der Beamtin abgegeben, mit dem Ziel, das Personalreferat möge sich um innerdienstliche Schwierigkeiten im Hinblick auf die Beamtin kümmern. Damit sei es nicht ein Schreiben von unverbindlichem Charakter.

OVG Münster, Beschluss vom 07.01.2015, Az. 1 B 1260/14


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