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Anpassung eines Preises ohne Hinweis auf gerichtliche Billigkeitskontrolle

OLG Rostock, Beschluss vom 10. 6. 2015, Az. 2 W 8/15


Anpassung eines Preises ohne Hinweis auf gerichtliche Billigkeitskontrolle

Antragstellerin und Antragsgegnerin streiten vor dem Oberlandesgericht Rostock über eine Klausel in den allgemeinen Geschäftsbedingungen. Es handelt sich dabei um den Zusatz zu einem Stromvertrag, der von der Antragsgegnerin angeboten wird. Darin geht es um die Mitteilung, auf welche Art und Weise Festpreise angepasst und diese nachfolgend rechtskonform dem Kunden kommuniziert werden.

Im Text der allgemeinen Geschäftsbedingungen heißt es sinngemäß:
Die Antragsgegnerin passt die Preise nach billigem Ermessen auf Grundlage der Strompreisentwicklung an (ausgenommen davon sind die Strom-, Erdgas- und Umsatzsteuer). Angeglichen werden die Preise dann, wenn sich für die Antragsgegnerin die Kosten für die Beschaffung von Energie ändern und sonstige Preisverschiebungen aus energiewirtschaftlicher oder rechtlicher Sicht ergeben.
Die Antragsgegnerin sichert dem Kunden gleichzeitig zu, dass Preiserhöhungen und Preissenkungen ausgeglichen wirksam werden. Preissteigerungen sind nach 6 Wochen Vorankündigung nur zum Monatsersten möglich. Sie müssen in Textform Anlass und Umfang der Erhöhungen erkennen lassen.
Ist der Kunde nicht einverstanden, kann er den Vertrag ohne Frist kündigen. Darauf weist die Antragsgegnerin in ihrer Mitteilung gesondert hin. Andere vertraglich vereinbarte Kündigungsabreden bleiben bestehen.

Dieser Vereinbarung widerspricht die Antragstellerin. Sie begehrt eine einstweilige Verfügung und beruft sich auf den wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch. Im Wesentlichen geht es ihr dabei um die Vereinbarung von Komplettpreisen für Strom. Konkret sieht sie im Text das Gebot der Transparenz gemäß § 307 BGB verletzt. In der Klausel der Antragsgegnerin fehle der Hinweis, dass es nach § 315 BGB möglich sei, bei einer Preisänderung eine Billigkeitskontrolle zu verlangen. Nach rechtlicher Auffassung verbirgt sich dahinter, eine mögliche gerichtliche Prüfung, dass die allgemein anerkannten Bestimmungen bei der Preiserhöhung eingehalten worden sind.

Im Vorfeld lehnte das Landgericht Rostock die Beschwerde der Antragstellerin ab. Es begründete seinen Beschluss damit, dass der Kunde nicht unangemessen benachteiligt wird. Auch sei die Klausel keinesfalls intransparent. Der Kunde könne aus der Formulierung „billiges Ermessen“ herauslesen, dass die Billigkeitskontrolle möglich ist. Ein explizierter Hinweis auf den § 315 BGB bedarf es im Text nach Auffassung des Landgerichts nicht.

Daraufhin wandte sich die Antragstellerin an das Oberlandesgericht Rostock, um den Beschluss zu revidieren und die Unterlassung durchzusetzen.

Diese gab der Antragstellerin recht und verfügte, die beanstandete Klausel im Geschäftsverkehr nicht mehr zu verwenden.

In seiner rechtlichen Meinung stützte sich das Gericht auf ein Urteil des BGH. Es hatte über Rechte zu entscheiden, wenn die Billigungskontrolle vollständig fehlt. Das steht in der vorliegenden Beschwerde der Antragstellerin nicht zur Debatte, da die Antragsgegnerin es tatsächlich zulässt, die Preiserhöhung gerichtlich überprüfen zu lassen. Anders verhält es sich mit dem Transparenzgebot. Dieses ist nach Ansicht des BGH verletzt, wenn der Kunde nicht eindeutig aus dem Text die Möglichkeit der Billigungskontrolle nach § 315 BGB herauslesen kann. Folglich wäre es denkbar, dass der Klauselverwender die begründeten Ansprüche des Kunden erfolgreich blockiert.
Im hier vorliegenden Fall verstößt die Klausel gegen das Transparenzgebot. Das Urteil des BGH ist weit gefasst, erhält aber im Grundsatz die Regel, der eindeutigen Formulierung. Durch Zweideutigkeiten und unpräzise Darstellung besteht die Gefahr, dass der Kunde seine Rechte nicht durchsetzen kann. Eine verwässerte Klausel liegt bereits dann vor, wenn der Kunde überhaupt nicht erkennen kann, dass im Rechte im Sinne von Verhandlungsmöglichkeiten und Markchancen gegenüber dem Klauselverwender zustehen. Demnach ist eine Klausel unzureichend, wenn diese zwar dem Kunden alle Rechte eröffnet, diese aber nicht klar erkennbar sind. Ein juristisch wenig vorgebildeter Kunde wird aus der hier vewendeten Klausel nicht herauslesen können, dass es möglich ist, die Preiserhöhung gerichtlich prüfen zu lassen. Vielmehr wird der Kunde durch die fett gedruckte Kündigungsformulierung irritiert und irrend suggeriert, es wäre die einzige Möglichkeit, der Preiserhöhung zu entgehen.

OLG Rostock, Beschluss vom 10. 6. 2015, Az. 2 W 8/15


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