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Angaben über Natriumgehalt von Mineralwasser

EuGH, Urteil vom 17.12.2015, Az. C-157/14


Angaben über Natriumgehalt von Mineralwasser

Der Europäische Gerichtshof hat entschieden, dass natürliche Mineralwässer und weitere Wässer nicht mit dem Zusatz „natriumarm/kochsalzarm“ beworben werden dürfen. Sie dürfen auch keine Angaben enthalten, die die Verbraucher zu einer ähnlichen Vermutung verleiten.

Diese Entscheidung beruht auf „Art. 9 Abs. 2 in Verbindung mit Anhang III der Richtlinie 2009/54/EG2“ des Europäischen Parlaments, der die Gewinnung und den Handel von natürlichen Mineralwässern regelt. Diese Richtlinie steht Hinweisen oder Angaben auf Etiketten und Verpackungen entgegen, auf denen Hersteller von Mineralwasser mit dem klagegegenständlichen Zusatz „natriumarm/kochsalzarm“ werben und bei den angesprochenen Verkehrskreisen den Eindruck erwecken, dass diese Produkte natriumarm oder kochsalzarm und im Rahmen einer natriumarmen Ernährung geeignet sind, wenn der tatsächliche Natriumgehalt jedoch 20 mg/l in allen vorhandenen Formen beträgt oder übersteigt.

Die Klägerin sieht in dieser Angabe eine Irreführung der angesprochenen Verkehrskreise. Art. 8 Abs. 1 in Verbindung mit Anhang der Verordnung Nr. 1924/2006 schreibt vor, dass Mineralwässer nicht mit dem Zusatz „natriumarm/kochsalzarm“ versehen werden dürfen. Auch jede andere Aussage, die die Verbraucher dazu verleiten kann, anzunehmen, es handele es um natriumarmes beziehungsweise kochsalzarmes Mineralwasser, ist untersagt. Demzufolge steht „Art. 9 Abs. 2 in Verbindung mit Anhang III der Richtlinie 2009/54“ den klagegegenständlichen Angaben und Werbeaussagen auf den Etiketten der Mineralwässer der Beklagten entgegen. Diese Feststellung liegt darin begründet, dass Mineralwässer in der Regel einen Natriumgehalt von 20 mg/l in allen vorhandenen chemischen Formen enthalten und damit eben nicht im Rahmen einer natriumarmen Ernährung geeignet sind und nicht als natrium- oder kochsalzarm im rechtlichen Sinne zu klassifizieren sind. Zudem hatten die Richter zu klären, ob entsprechend „Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 2000/13“ in Verbindung mit den zuvor zitierten Richtlinien und Verordnungen eine Irreführung der angesprochenen Verbraucher vorliegt, obwohl diese Fragestellung nicht Gegenstand des Ausgangsverfahrens war. Diese Richtlinie sieht lediglich vor, dass Etikettierung, Aufmachung und Werbung nicht dazu geeignet sein dürfen, die angesprochenen Verbraucher über die Eigenschaften der Produkte in die Irre zu führen. Im Gegensatz zu den zuvor zitierten Richtlinien bestehen keine besonderen Anforderungen an die Hersteller und Vertreiber.

Die Richter hatten verschiedene Artikel der Charta für Menschenrechte und die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte zu prüfen, die die freie Meinungsäußerung und die Informationsfreiheit garantieren. Festzustellen bleibt, dass sich diese Freiheiten auch auf die Verwendung von Hinweisen zum Natrium- oder Kochsalzgehalt auf den Mineralwasserflaschen der Beklagten erstrecken. Zudem garantiert Art. 16 der Charta die unternehmerische Freiheit und bringt diese in Zusammenhang mit ihrer Funktion innerhalb der Gesellschaft. Allgemein gesehen stellt das Verbot, die Flaschen mit dem Zusatz „natriumarm/kochsalzarm“ zu versehen, einen Eingriff in das Recht der freien Meinungsäußerung und Informationsverbreitung sowie der unternehmerischen Freiheit dar. Dennoch sind gesetzlich vorgesehene Einschränkungen dieser unternehmerischen Freiheiten statthaft, da das Interesse der Verbraucher an möglichst transparenten Angaben zu den Eigenschaften der Produkte überwiegt. Die Richter stellen die Interessen der Verbraucher und ihr gesundheitliches Schutzniveau über die unternehmerischen Freiheiten der Beklagten. Die der Beklagten auferlegten Einschränkungen stellen kein Verbot von Herstellung und Vertrieb von Mineralwässern dar, sondern regeln lediglich die Etikettierung und Werbung für derartige Getränke innerhalb eines klar abgegrenzten Bereiches. Das Wesen der unternehmerischen Freiheit wird nicht eingeschränkt.

Die Regelungen der zuvor zitierten Richtlinien und Verordnungen sollen ein hohes Schutzniveau der Verbraucher garantieren und angemessene Informationen hinsichtlich des Natrium- und Kochsalzgehaltes in den Mineralwässern der Beklagten bieten. Zudem sollen sie einen fairen Handel garantieren und das hohe Gut der menschlichen Gesundheit schützen. Die Richter hatten hinsichtlich ihrer Beurteilung der streitigen und anwendbaren Bestimmungen zu berücksichtigen, dass die in der Unionsrechtsordnung festgelegten Grundrechte und berechtigten unternehmerischen Ziele der Beklagten mit den Zielen und Interessen der Allgemeinheit in Einklang zu bringen sind. Die Richter entschieden entsprechend des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit, dem auch wirtschaftliche, politische und soziale Aspekte zugrunde liegen.

Festzustellen bleibt:
Natürliche Mineralwässer enthalten Natrium in Verbindung mit Chlor-Ionen. Selbst wenn von der sachlichen Richtigkeit der streitgegenständlichen Angaben auszugehen ist, sind sie gleichwohl unvollständig, da die Mineralwässer eben nicht natriumarm sind, weil der Gehalt an Natrium den von der Unionsregelung vorgesehen Höchstwert von 20 mg/l übersteigt. Aus diesem Grund sind die Mineralwässer der Beklagten in der Lage, bei den angesprochenen Verbraucherkreisen irreführende Annahmen zu erwecken. Die ausgesprochenen Einschränkungen sind erforderlich und angemessen, um die Gesundheit der Verbraucher in der Europäischen Union sicherzustellen.

EuGH, Urteil vom 17.12.2015, Az. C-157/14


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