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Angaben nach Pkw-EnVKV für “getuntes” Auto

OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 07.08.2014, Az. 6 U 61/14


Angaben nach Pkw-EnVKV für “getuntes” Auto

Das OLG Frankfurt am Main hatte sich in seiner Entscheidung vom 7. August 2014 mit der Frage zu beschäftigen, ob bei getunten Autos auch die Pkw-Energieverbrauchskennzeichnungsverordnung (kurz: PKW-EnVKV) gilt, wonach die Benzinverbrauchs- und Abgasemissionswerte angegeben werden müssen. Das OLG hat dies allerdings verneint, da nach dem Tuning das Fahrzeug nicht mehr als neuer PKW einzuordnen sei – ganz unabhängig von der Laufleistung.

Zu den Hintergründen der Entscheidung

Die Klägerin stellt Sportwagen her. Die Beklagte beschäftigt sich mit dem Tuning von Kraftfahrzeugen und unterhielt auf der Internationalen Automobilausstellung einen Stand, auf dem sie einige getunte Fahrzeuge mit einer Laufleistung von weniger als 1.000 km präsentierte, darunter auch welche, die sie von der Klägerin erworben hatte. Durch das Tuning veränderten sich die Verbrauchs- und CO2-Emissionswerte gegenüber den Basismodellen. Die Fahrzeuge waren mit Hinweistafeln zu den vorgenommenen Tuningleistungen ausgestattet, aber nicht mit Angaben zu den Verbrauchs- und CO2-Werten sowie zur CO2-Effizienzklasse der Fahrzeuge.
Die Klägerin verlangte daraufhin von der Beklagten im Wege der einstweiligen Verfügung, die Ausstellung der getunten Fahrzeuge und die Print-Werbung hierfür zu unterlassen, ohne die nach der PKW-EnVKV erforderlichen Angaben zu machen.

Die Entscheidungsgründe des OLG

Nach Ansicht der Richter und im Gegensatz zur Auffassung der Klägerin handelt es sich bei den ausgestellten Fahrzeugen nicht um „neue Personenkraftwagen” im Sinne von § 2 Nr. 1 PKW-EnVKV. Die geringe Laufleistung von weniger als 1.000 km rechtfertigt für sich allein gesehen noch nicht die Einordnung als „neue Personenkraftwagen”. Zwar hat der Bundesgerichtshof in der Entscheidung „Neue Personenkraftwagen” ( BGH, Urteil vom 21.12.2011, Az. I ZR 190/10) bei der Beurteilung der Frage, wann ein vom Händler erworbenes Fahrzeug noch als „neuer Personenkraftwagen” im Sinne von § 2 Nr. 1 PKW-EnVKV angesehen werden kann, maßgeblich auf das Kriterium der 1.000 km als Grenze abgestellt. Doch nach Ansicht des OLG ist dieses Urteil nicht auf den vorliegenden Fall übertragbar, denn hier wurden Fahrzeuge nach der Vornahme technischer Veränderungen angeboten. Dies erfordere eine besondere Beurteilung.

Das Tuning führt dazu, dass die für die Basismodelle ermittelten „offiziellen” Verbrauchs- und CO2-Emissionswerte gemäß der PKW-EnVKV nicht mehr korrekt sind. Daher kann die Beklagte auch nicht verpflichtet sein, diese falschen Angaben für die getunten Fahrzeuge zu machen, da die Funktion der Angaben, dem Verbraucher ein realistisches Bild über den Verbrauch und die verursachten Emissionen zu geben, vollständig unterlaufen würden.
Ein Typgenehmigungsverfahren, das es der Beklagten ermöglichen würde, zutreffende „offizielle” Verbrauchs- und CO2-Emissionswerte im Sinne der PKW-EnVKV für die getunten Fahrzeuge anzugeben, wurde nicht durchgeführt. Theoretisch wäre dies zwar für getunte Fahrzeuge ebenso möglich, kann nach Ansicht des Gerichts aber von der Beklagten nicht verlangt werden. Denn dies ist sehr aufwändig und wäre nur im Falle eines Serientunings wirtschaftlich sinnvoll, also eines gleichbleibendes Tunings eines bestimmten Basismodells in hoher Stückzahl. Dem Tuningunternehmen ist es aber straßenverkehrszulassungsrechtlich auch erlaubt, auf ein solches Typgenehmigungsverfahren zu verzichten und stattdessen unter Beachtung der §§ 19 ff. StVZO die Erfüllung der Zulassungsvoraussetzungen für jedes einzelne getunte Fahrzeug herbeizuführen, also Einzel- statt Serientuning zu betreiben.

Somit kann ein im Einzeltuning modifiziertes Fahrzeug auch bei geringer Laufleistung bei einer Auslegung nach Sinn und Zweck der Verordnung nicht als „neuer Personenkraftwagen” im Sinne von § 2 Nr. 1 PKW-EnVKV angesehen werden. Daraus würde nämlich folgen, dass ein solches Fahrzeug, weil die erforderlichen „offiziellen” Verbrauchs- und CO2-Werte aus tatsächlichen Gründen nicht gemacht werden können, letztlich weder ausgestellt noch angeboten werden könnte. Dies würde einen zu weitreichenden Eingriff in die Vermarktungsmöglichkeiten eines nach der StVZO zulassungsfähigen Fahrzeugs darstellen und über die Funktion der PKW-EnVKV, dem Verbraucher ausreichende Informationen insbesondere über den Kraftstoffverbrauch und die CO2-Emissionen zu verschaffen, zu weit hinausgehen.

OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 07.08.2014, Az. 6 U 61/14


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