Angabe von Lieferzeiten
Mit Urteil vom 07.04.2005 hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass ein Durchschnittsverbraucher von der Werbung eines Internet-Versandhauses in der Regel erwartet, dass die angebotene Ware unverzüglich versendet werden kann, wenn nicht ausdrücklich und unmissverständlich auf eine abweichende Lieferfrist hingewiesen wird.
Zum Tatbestand:
Die Beklagte, die ihre Waren im Internet anbietet, warb am 23. November 2001 auf der Einstiegsseite ihres Onlineshops unter anderem für eine Kaffeemaschine, bei welcher der täglich geltende Tagespreis telefonisch bei der Beklagten angefragt werden muss. Für die Lieferung galt eine Lieferfrist von drei von vier Wochen. Diese Lieferfrist ist strittig zwischen den Parteien, da die Produktseite mit der entsprechenden Information nicht vollständig aufrufbar war und außer der Telefonnummer eines Callcenters keine weiteren Informationen über die Lieferzeit enthalten habe. Dementgegen hat die Beklagte vorgebracht, die entsprechende Seite mit allen Details und einem unübersehbaren Hinweis sei einwandfrei abrufbar gewesen. Die Klägerin bestreitet dies und ist der Auffassung, dass die Werbung für ein Produkt, welches nicht sofort ausgeliefert werden kann, irreführend sei.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.
Auf die Berufung der Klägerin hin hat das Berufungsgericht jedoch die Beklagte verurteilt es zu unterlassen, weiterhin Artikel zu bewerben, die nicht zur unverzüglichen Lieferung bereitstehen. Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch wurde vom Berufungsgericht für begründet erachtet, weil das Publikum der beanstandeten Werbung für die abgebildete Kaffeemaschine entnehmen könne, sie stehe zur sofortigen Auslieferung bereit und diese Erwartungshaltung wäre unstreitig irreführend. Es käme nicht darauf an, dass die Lieferinformation durch Aufruf eines Produktblattes erhältlich gewesen sei.
Wenn eine angebotene Ware, entgegen der durch die Werbung hervorgerufene Erwartung des Käufers nicht zum angekündigten Zeitpunkt oder gar nicht vorrätig ist, sei die Werbung irreführend. Die Kunden erwarten in Anbetracht der geläufigen Gebräuche im Handel, das beworbene Ware zum Verkauf stehe und nicht erst beschafft werden müsse. Dieses gelte auch für den Online-Versandhandel. Der Senat könne dies aus eigener Erfahrung beurteilen, da er selbst zu den angesprochenen Kreisen gehöre.
Mit diesem Verbot von irreführenden Angaben über die Lieferzeit soll nun verhindert werden, dass die Verbraucher angelockt und enttäuscht werden und daraufhin gegebenenfalls andere Waren bestellen.
Dieser Grundsatz wird auch aufrechterhalten, selbst wenn das Produktblatt aufrufbar gewesen wäre. Zwar könne man davon ausgehen, dass erfahrene Internetnutzer einen beworbenen Artikel anklicken, um nähere Details zu erhalten. Grundsätzlich gäbe es aber auch andere Nutzer, denen dieses Vorgehen nicht geläufig ist. Es könne nicht grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass der durchschnittlich informierte und verständige Kunde im Internet über genügend Erfahrungswissen verfüge, so wie geübte und versierte Nutzer.
Die Angriffe gegen diese Beurteilung haben zunächst Erfolg und führen zur Aufhebung des Berufungsurteils und somit zur Zurückverweisung an das Berufungsgericht.
Die Revision wendet sich mit Erfolg gegen diese Argumentation. Der Beurteilung des Berufungsgerichts, der Inhalt einer Produktseite mit Hinweisen auf Lieferfristen, würde von einer Gruppe von Anfängern im Internet nicht genutzt, sei nicht haltbar. Hat ein von der Werbung der Beklagten angesprochener Verbraucher bereits aktiv die Webseite des Beklagten aufgesucht, kann man davon ausgehen, dass er über genügend Erfahrung und Fähigkeiten verfügt, elektronische Hin- bzw. Verweise zu erkennen. Insbesondere ist davon auszugehen, dass der Durchschnittsverbraucher nach weiteren Details und Informationen sucht, wenn diese nicht bereits auf den ersten Blick erkennbar sind.
Zu klären ist nun im wiederöffneten Berufungsverfahren, ob die Produktseite tatsächlich die entsprechenden Angaben zur Lieferfrist enthält oder enthalten hat.
BGH, Urteil vom 07.04.2005, Az. I ZR 314/02