Anfechtung von Fitnessstudio- Vertrag
Das Amtsgericht (AG) in München hat mit seinem Urteil vom 18.06.2014 unter dem Aktenzeichen 271 C 30721/13 entschieden, dass eine Person, die eine Erklärung unterschreibt, ohne sich über deren Inhalt im Klaren gewesen zu sein, diese Erklärung wegen Irrtums wirksam anfechten kann. Im vorliegenden Fall war eine 70 Jahre alte Frau davon ausgegangen, ein Probeangebot eines Fitnessstudios unterschrieben zu haben. Stattdessen hatte sie sich ein so genanntes Fitnesspaket für 64 Wochen eingehandelt.
Die Frau erhielt einen Werbezettel eines Fitnessstudios für Frauen. Angeboten wurde darin ein Testangebot mit dem Wortlaut: "2 Wochen 19,90 Euro, letzter Starttermin 28.2.13". Der Frau wurden nach einer Rückenoperation leichte Übungen zum Wiederaufbau der Rückenmuskulatur von ihrem Arzt empfohlen. Da sie Sozialhilfe bezieht, war sie finanziell nicht in der Lage, mit einem Fitnessstudio einen Vertrag abzuschließen und wollte das Testangebot nutzen. Dazu ging sie in das Studio und legte den Werbezettel vor. Sie erklärte, dieses Angebot in Anspruch nehmen zu wollen und unterschrieb einen Vertrag mit dem Fitnessstudio. Den Vertrag konnte sie mangels Brille nicht lesen, was sie dem Mitarbeiter des Fitnessstudios auch mitgeteilt hatte. Dieser versicherte der Frau mehrfach, dass es sich lediglich um ein Testangebot handeln würde. In Wahrheit hat er der Frau jedoch einen Vertrag für ein 64 Wochen vorgelegt. Erst zuhause hat die Frau den Irrtum bemerkt und das Fitnessstudio aufgefordert, den Vertrag aufzuheben, da sie getäuscht wurde und sich auch die Kosten nicht leisten könne.
Das Fitnessstudio jedoch bestand auf Einhaltung des Vertrages und verlangte sämtliche Beiträge in Höhe von insgesamt 1130 Euro. Weil die Frau keine Zahlung leistete, erhob das Fitnessstudio Klage.
Das Amtsgericht München entschied nun, dass die Frau nicht zahlen muss. Der Vertrag habe wirksam angefochten werden können, weil ein Irrtum über den Inhalt bestand. Die Frau sei von einer zweiwöchigen Probelaufzeit ausgegangen, wie sie auf dem Werbezettel ausdrücklich angegeben war.
Der BGH hatte bereits mit einem Urteil aus dem Jahre 1994 entschieden, dass eine Person, die eine Erklärung ungelesen unterschreibt, diese anfechten kann, wenn er sich eine falsche Vorstellung davon gemacht hat. Weil die 70-jährige Münchnerin keine Brille dabeihatte und den Vertrag nicht hatte lesen können, hat sie ungewollt etwas anderes erklärt, als sie hatte erklären wollen. Sie befand sich über die Bedeutung der Erklärung im Irrtum.
Hätte sie die Bedeutung gekannt, so hätte sie - so die Überzeugung des Gerichts - den Vertrag nicht unterschrieben. Warum hätte sie ohne das Studio zu kennen vor dem Hintergrund ihrer gesundheitlichen und finanziellen Einschränkungen einen Langzeitvertrag hätte abschließen wollen?
Trotz der Geschäftstüchtigkeit des Fitnessstudios konnte das Gericht sich aber auch nicht zu der Überzeugung durchringen, die Kundin sei vorsätzlich getäuscht oder angelogen worden. Vielmehr sei wohl beiderseitig nicht zugehört worden.
AG München, Urteil vom 18.06.2014, Az. 271 C 30721/13