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Anbieterkennzeichnung bei Printanzeige

BGH, Beschluss vom 28.01.2016, Az. I ZR 231/14


Anbieterkennzeichnung bei Printanzeige

Der BGH hat die Frage, ob eine Internethandelsplattform, die die Produkte ihrer gewerblichen Mitglieder mittels Printwerbung bewirbt, diese mit einer vollständigen Anbieterkennzeichnung vorzuhalten hat, dem EuGH im Rahmen des Vorabentscheidungsverfahren vorgelegt. Entscheidend dabei ist, dass die streitgegenständlichen Produkte ausschließlich über die Internetplattform zu erwerben sind, die die Anbieterkennzeichnung im Endeffekt bereithält. Im verhandelten Rechtsstreit sind das die Händler, die ihre Produkte auf MeinPaket.de anbieten.

Grundlage zur Klärung dieser Rechtsfrage sind Art. 7 Abs 4 der Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich „unlauterer Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern“. Des Weiteren sind die Richtlinien 84/450 EWG, 97/7/EG, 98/27/EG und 2002/65/EG, sowie die Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 betroffen. Der EuGH soll die Frage klären, ob die Beklagte in ihrer Printanzeige die vollständigen Angaben zu Identität und Anschrift der Anbieter der beworbenen Produkte bereit halten muss, obwohl die anbietenden Händler Vertragspartner für die beworbenen Produkte sind und nicht MeinPaket.de. Ist es für die Auslegung dieser Rechtsfrage von Bedeutung, dass die angesprochenen Verkehrskreise sich auf einfache Weise über das Internet über das werbende Unternehmen und ihre Produkte informieren können? Spielt es eine wichtige Rolle, ob das Printmedium für eigene Produkte wirbt oder fremde Unternehmen die beworbenen Produkte über eine Internetplattform wie MeinPaket.de anbieten? Wie ist die Sachlage zu bewerten, wenn die angesprochenen Verkehrskreise erst über mehrere Links (Klicks) zu den Produktinformationen gelangen?

Kläger ist der Verband Sozialer Wettbewerb e.V., Beklagte das Internetportal MeinPaket.de. Dort können gewerbliche Händler ihre Produkte anbieten. Die Beklagte steht in keinem Rechtsverhältnis zu den Käufern, da die Kaufverträge direkt mit den Händlern abgeschlossen werden. Streitgegenstand ist eine Anzeige in einem Printmedium, mit der MeinPaket.de die Verkaufsplattform und die darin eingestellten Produkte der jeweiligen Händler bewirbt. Besucht ein Verbraucher die Verkaufsplattform und klickt ein bestimmtes Produkt an, gelangt er über einen Link zu den Informationen des jeweiligen gewerblichen Anbieters. Dort kann er alle rechtlich relevanten Angaben zu dem Vertragspartner einsehen. Ein gesetzlich korrektes Impressum wird zur Verfügung gestellt. Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch, da sie der Meinung ist, MeinPaket.de verstoße mit dieser Werbepraxis gegen die rechtlich verpflichtende Anbieterkennzeichnung. Sie müsse Identität und Anschrift der jeweiligen gewerblichen Anbieter bereits in ihrer Printwerbung bereithalten. Das Landgericht der ersten Instanz hat der Klägerin Recht gegeben und die Beklagte auf Unterlassung verurteilt, die gegen dieses Urteil Berufung eingelegt hat. Beide Parteien verfolgen ihr Begehren weiter. Der Erfolg der Revision hängt von der Auslegung des EuGHs ab.

Das Berufungsgericht folgt der Rechtsauffassung der Vorinstanz nicht, da die Richter der Meinung sind, die Beklagte sei nicht dazu verpflichtet, in der Printanzeige die Impressumsangaben zu den gewerbetreibenden Anbietern, die ihre Artikel auf MeinPaket.de zum Verkauf anbieten, bereitzustellen. Die beanstandete Printanzeige stellt ein Angebot im Sinne von § 5 UWG zum Erwerb der beworbenen Waren dar. Daher besteht regelmäßig eine Impressumspflicht, auch dann, wenn die Waren fremder Unternehmen beworben werden. Die angesprochenen Verkehrskreise gelangen in Verbindung mit der Warenpräsentation über einen Link zu dem Impressum des jeweiligen Anbieters. An dieser Stelle werden Identität und Anschrift des jeweiligen Verkäufers offengelegt. Obwohl der Kaufvertrag mit dem jeweiligen Händler geschlossen wird, werden die Waren ausschließlich über die Plattform von MeinPaket.de erworben. Die Richter stellen jedoch auf die regelmäßige Lebenserfahrung ab und sind der Meinung, dass Links, die zu weiterführenden Informationen führen, für Verbraucher durchaus üblich sind. Die angesprochenen Verkehrskreise sind mit der Handhabung derartiger Links vertraut und wissen, dass sie darüber weitere Informationen erhalten. Außerdem befinden sich Verbraucher vor dem heimischen Computer nicht unter Zeitdruck oder in einer Drucksituation, wie bei einem vergleichbaren Angebot in einem Ladenlokal. Ihnen steht ausreichend Zeit zur Verfügung, um eine rationale Kaufentscheidung frei von jeder Beeinflussung zu treffen. Die fehlende Impressumsangabe in der Printanzeige veranlasst die Verbraucher demzufolge nicht zu einer Kaufentscheidung, die sie mit Impressumsangabe nicht getroffen hätten.

BGH, Beschluss vom 28.01.2016, Az. I ZR 231/14


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