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Altkanzler Kohl erleidet Gerichtsschlappe

LG Köln, Beschluss vom 07.10.2014, Az.28 O 433/14


Altkanzler Kohl erleidet Gerichtsschlappe

Damit hatte Helmut Kohl sicher nicht gerechnet: Mit knapper Begründung hat das Landgericht Köln seinen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, die dem ehemaligen Ghostwriter Kohls die Veröffentlichung seine Buches "Vermächtnis: Die Kohl-Protokolle" verbieten sollte, abgewiesen. Die Gründe für das Unterliegen des Ex-Bundeskanzlers sind eher formaler Natur, indirekt sind sie aber eine Ohrfeige für Kohls anwaltliche Vertretung. Denn die Kammer stützt ihren zurückweisenden Beschluss im Schwerpunkt darauf, dass sich Kohls Antrag auf ein Verbot der Veröffentlichung des ganzen Buches und nicht lediglich einzelner, konkreter Passagen richtete.

Gerichtliche Beschlüsse im Rahmen eines einstweiligen Anordnungs- oder Verfügungsverfahrens sind Eilentscheidungen, die aufgrund einer besonderen Dringlichkeit besonders schnell ergehen müssen. In solchen Fällen hat das Gericht nicht die Zeit, Sachverhalte in allen Punkten erschöpfend auszuloten oder gar Beweise zu erheben; es nimmt nur eine sog. "summarische", das heißt überschlägige Prüfung vor und entscheidet dann, ob die Interessen des Antragstellers so gewichtig und rechtswidrig beeinträchtigt erscheinen, dass die begehrte Entscheidung ergehen muss.
Helmut Kohl ist es nicht gelungen, für die von ihm gewünschte Anordnung das Vorliegen der erforderlichen rechtlichen Grundlagen ausreichend darzulegen und hinreichend zu begründen. Das Gericht sah einen Anspruch aus keinem rechtlichen Blickwinkel für gegeben an. Doch wie begründete es seine Entscheidung?

Das Gericht verneinte zunächst das Vorliegen einer vertraglichen Grundlage für das Begehren Kohls, die Vervielfältigung, Veröffentlichung, Verbreitung oder anderweitige Verwertung des Buches unterbinden zu lassen
Sodann prüfte das Landgericht, ob Antragsteller Kohl etwaige Rechte aus dem Urheberrecht herleiten könnte. Dieses schützt aber eher den Schöpfer geistigen Eigentums vor Ideenklau und Nachahmung. Die Rechtsanwälte des Politikers versuchten hingegen, die Veröffentlichung des Buches im Ganzen zu verhindern, ohne jeden konkreten Bezug zum Inhalt oder zu einzelnen Passagen.
Das Urheberrecht ist nicht dazu geeignet, den Inhalt eines Werkes oder die dahinter stehenden Informationen pauschal zu schützen. Insoweit kann im Wege des Eilverfahrens nicht geprüft werden, welche Teile der zugrunde liegenden Tonbandaufnahmen überhaupt übernommen würden, im übrigen sei vollkommen ungeklärt, welche Informationen der Öffentlichkeit ohnehin bereits bekannt sind.

Die Richter prüften im Anschluss, ob das allgemeine Persönlichkeitsrecht Kohls durch die Veröffentlichung des Werkes verletzt werde.
Die Prüfung einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts geht immer mit einer Abwägung der widerstreitenden Interessen der beteiligten Parteien einher. Grundsätzlich ist die Veröffentlichung, Verbreitung oder sonstige Verwertung vertraulich gesprochener Worte geeignet, den Tatbestand einer Persönlichkeitsverletzung zu erfüllen. Jedoch ist durch diese Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzungen noch nicht, wie der Jurist es nennt, "die Rechtswidrigkeit indiziert". Andere Faktoren müssen geprüft werden, nämlich die Frage, ob das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Betroffenen unter einer Gesamtabwägung der kollidierenden Interessen, unter sorgfältiger Würdigung des Einzelfalls und unter Beachtung der Verhältnismäßigkeit tatsächlich unangemessen beeinträchtigt ist. Denn nicht nur das Persönlichkeitsrecht Kohls sondern auch die Presse- und Meinungsfreiheit liegen in der Waagschale.

Das Gericht ist nach dieser Abwägung schnell zu dem Schluss gekommen, dass es schon nicht von einer Tatbestandsmäßigkeit ausgehen kann. Denn ein Totalverbot der Veröffentlichung kann nicht gefordert werden. Allenfalls könnte eine Untersagung in Bezug auf einzelne, konkrete Passagen in Frage kommen; dies hatten die Rechtsanwälte Kohls aber nicht beantragt. Im übrigen hätten solche Passagen dann auch noch der Prüfung unterzogen werden müssen, ob auch wahre Tatsachenbehauptungen enthalten seien, die ohnehin wegen des legitimen Informationsinteresses der Öffentlichkeit nicht unter Verschluss gehalten werden dürften. Insbesondere Persönlichkeiten, die im öffentlichen Rampenlicht stehen, haben keinen Anspruch darauf, nur in positivem Lichte da zustehen. Die Mitteilung wahrer Tatsachen steht regelmäßig dem Persönlichkeitsrecht entgegen, nur in sehr engen Grenzen überwiegt hier das Schutzinteresse.
Zu diesen Fragen ist das Gericht allerdings mangels Konkretisierung erst gar nicht gekommen.
Die Rechtsanwälte Kohls hatten gegen den ablehnenden Beschluss des Gerichts Beschwerde eingelegt, diese aber alsbald zurückgenommen.

LG Köln, Beschluss vom 07.10.2014, Az.28 O 433/14


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