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Air Berlin muss Flughafengebühr ausweisen

LG Berlin, Urteil vom 28.04.2015, Aktenzeichen 16 O 175/14


Air Berlin muss Flughafengebühr ausweisen

Das Landgericht Berlin hat am 28.04.2015 in erster Instanz zum Aktenzeichen 16 O 175/14 ein Urteil verkündet, das die wettbewerbsrechtlichen Pflichten der Fluganbieter bei der Benennung von Preisen konkretisiert. Als Kläger war der Verbraucherzentralen-Dachverband aufgetreten. Beklagte war die Fluggesellschaft „Air Berlin“. Gegenstand des Rechtsstreites zwischen den Parteien sind Preisangaben, die von der Beklagten auf ihrer Internetseite präsentiert wurden. Von der Internetpräsenz der Beklagten aus können Preise verglichen und Flüge gebucht werden. Neben einem „Netto-Flugpreis“ war dabei eine Preissparte mit der Überschrift „Steuern und Gebühren“ abrufbar. Die Klägerin bemängelte, dass an keiner Stelle die zusätzlich zum Preis für die Flugleistung erhobenen Flughafengebühren gesondert aufgeführt wurden. Im Laufe des Verfahrens stellte sich heraus, dass diese Preisposition tatsächlich teilweise in den Netto-Flugpreis und teilweise in die Sparte „Steuern und Gebühren“ hineingerechnet worden war. Für den buchungswilligen Verbraucher wurde also nicht hinreichend deutlich, welche Höhe diese Flughafengebühren insgesamt tatsächlich erreichen.

Diese Vorgehensweise der Beklagten beanstandete der Kläger besonders deshalb, weil nach neuerer Rechtsprechung möglicherweise ein Anspruch auf Erstattung der Flughafengebühr bestehen kann, wenn die Flugleistung tatsächlich nicht erbracht wird. Voraussetzung dafür, dass der Verbraucher seinen Rückzahlungsanspruch geltend machen kann, ist, dass er ihn der Höhe nach beziffern kann. Einen Anspruch auf gesonderte Mitteilung, in welcher Höhe Flughafengebühren mit in den Flugpreis eingehen, hat der Kunde einer Fluggesellschaft aufgrund einer geltenden europäischen Rechtsverordnung. Ziel der Regelung in Art. 23 der VO (EG) 1008/2008 ist es, Kunden jederzeit in die Lage zu versetzen, Flugpreise verschiedener Anbieter effektiv miteinander vergleichen zu können. Deshalb ordnet die VO (EG) 1008/2008 an, dass Flughafengebühren gesondert aufgeführt werden müssen. Aufgrund des Verstoßes gegen diese Vorschrift mahnte der Kläger die Beklagte ab und forderte sie zur Unterlassung der Preisangabe in bisher praktizierter Form auf. Weil die Beklagte die Abgabe einer wettbewerbsrechtlichen Unterlassungserklärung verweigerte, erhob der Kläger Klage bei dem Landgericht Berlin und beantragte, die Beklagte nach § 2 UKIaG sowie nach UWG zur Unterlassung der als unlauter angeprangerten Preisangaben beim Anbieten von Flugleistungen zu verurteilen.

Die Richter der auf Wettbewerbsrecht spezialisierten 16. Kammer des Landgerichts Berlin gaben der Klage in vollem Umfang statt. Die Argumentation der Beklagten, dass es sich bei den Flughafengebühren um veränderliche Werte handele, die je nach den konkreten Umständen manchmal erst kurz vor der Durchführung des Fluges abschließend beziffert werden könnten, schloss sich die erkennende Kammer des Landgerichts Berlin nicht an. Die Richter wiesen darauf hin, dass die Beklagte ihren Preiskalkulationen unter anderem auch Werte für Flughafengebühren zugrunde legt. Diese Werte könnten bei der Preisangabe unter Vorbehalt möglicher späterer Änderungen offengelegt werden. Das Landgericht Berlin war nicht der Ansicht, dass der Klagegegenstand durch den Kläger ungenau bezeichnet worden wäre. Unter „Flughafengebühren“ in dieser Form seien sämtliche anfallenden und an den Kunden umlegbare Flughafengebühren zu verstehen, egal, worauf sie sich beziehen. Klar sei auch, dass sich die Klage nicht ausschließlich auf eine einzelne, als Beispiel hervorgehobene Flugverbindung beziehe, sondern auf alle von der Beklagten auf ihrer Internetseite angebotenen Flugverbindungen.

Die Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Unterlassungsgrund ergibt sich aus § 8 Abs. 3 Nr. 3, Abs. 1, 3 UWG in Verbindung mit § 4 Nr. 11 UWG. Der Art. 23 Abs. 1 aus der VO (EG) Nr. 1008/2008 stellt eine Marktverhaltensregelung im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG dar. Der Verstoß gegen die preisrechtliche, das Marktverhalten regelnde Vorschrift des Art. 23 VO 1008/2008 bewirkt eine Verletzung von verbraucherschützenden Rechtsnormen. Die Pflicht, Flughafengebühren gesondert aufzuführen, war hier nicht aufgrund der Sonderregelung für Fälle, in denen die Flughafengebühren im Flugpreis fest verrechnet sind, entfallen. Die Flughafengebühren sollten in anfallender Höhe in Rechnung gestellt werden und waren nur teilweise im Flugpreis verrechnet worden.

LG Berlin, Urteil vom 28.04.2015, Aktenzeichen 16 O 175/14


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