• Anwaltskanzlei Weiß & Partner

    Katharinenstraße 16
    73728 Esslingen

    0711 - 88 241 006
    0711 - 88 241 009
    Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

AGB-Klausel zu Teillieferungen

Urteil des LG Köln: Unzulässigkeit einer AGB-Klausel zu Teillieferungen im Fernabsatzhandel


AGB-Klausel zu Teillieferungen

Am 20. Juni 2024 entschied die 31. Zivilkammer des Landgerichts Köln (Az.: 31 O 281/23) zugunsten der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg e.V. (Klägerin) gegen die VNR Verlag für die Deutsche Wirtschaft AG (Beklagte). Im Zentrum stand eine Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Beklagten, die eine Teillieferung ohne Mehrkosten für den Verbraucher vorsah, „wenn dies wegen der Vielzahl oder Größe der Produkte erforderlich ist.“ Das Gericht stufte diese Klausel als rechtswidrig ein und stellte fest, dass sie Verbraucher unangemessen benachteiligt und gegen das Transparenzgebot verstößt.

Hintergrund des Falls

Die Beklagte, ein Unternehmen im Bereich des Fernabsatzhandels, vertreibt Produkte aus dem Verlagswesen, wie Bücher, Ratgeber oder Zeitschriften. Dabei verwendete sie in ihren AGB die folgende Klausel:

„Die Lieferung kann auch in Teillieferungen ohne Mehrkosten für den Besteller erfolgen, wenn dies wegen der Vielzahl oder Größe der Produkte erforderlich ist.“

Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg e.V. beanstandete diese Klausel, da sie aus ihrer Sicht die Rechte von Verbrauchern unzulässig einschränkt. Im September 2023 mahnte sie die Beklagte ab und forderte die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung, die die Beklagte jedoch verweigerte. Dies führte zur Klage vor dem Landgericht Köln.

Die Klägerin beantragte, die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, die beanstandete Klausel oder inhaltsgleiche Bestimmungen gegenüber Verbrauchern zu verwenden oder sich auf diese zu berufen. Darüber hinaus forderte die Klägerin die Zahlung einer Abmahnpauschale in Höhe von 243,51 Euro nebst Zinsen.

Rechtliche Beurteilung durch das LG Köln

Das Landgericht Köln entschied zugunsten der Verbraucherzentrale und untersagte der Beklagten die weitere Verwendung der Klausel. Zudem wurde die Beklagte zur Zahlung der Abmahnpauschale verurteilt. Das Gericht stützte seine Entscheidung auf zwei wesentliche Punkte:

Unangemessene Benachteiligung von Verbrauchern (§ 307 Abs. 1 BGB)

Das Gericht stellte fest, dass die Klausel den Grundgedanken des deutschen Vertragsrechts unterläuft, wonach Schuldner grundsätzlich zur vollständigen Erfüllung einer vereinbarten Leistung verpflichtet sind (§ 266 BGB). Durch die Klausel räumt sich die Beklagte das Recht ein, ohne Zustimmung des Verbrauchers von der vertraglich vereinbarten Leistung – einer Gesamtlieferung – abzuweichen. Diese Änderung der Leistungspflichten erfolgt einseitig und ohne Berücksichtigung der Interessen des Vertragspartners.

  • Das Gericht argumentierte, dass Teillieferungen für Verbraucher erhebliche Nachteile mit sich bringen können, wie z. B.:
    Erhöhter organisatorischer Aufwand: Verbraucher müssten sich auf mehrere Liefertermine einstellen und gegebenenfalls zusätzliche Zeit aufwenden, um die Lieferungen entgegenzunehmen.
  • Unklare Verpflichtungen: Die Klausel lässt offen, welche Teillieferungen erfolgen und in welchem zeitlichen Abstand diese stattfinden sollen.
  • Risiko von Teilleistungen: Verbraucher könnten in einer rechtlich unsicheren Situation verbleiben, wenn nur Teile der bestellten Produkte geliefert werden.

Die Klausel sei somit geeignet, die Vertragsfreiheit der Verbraucher unangemessen zu beschränken, da sie die Möglichkeit ausschließt, sich gegen eine Teillieferung zu wehren. Dies widerspreche den Grundprinzipien des deutschen Vertragsrechts.

Verstoß gegen das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB)

Das Gericht kritisierte zudem die unklare und schwammige Formulierung der Klausel. Die Bedingungen, unter denen Teillieferungen „wegen der Vielzahl oder Größe der Produkte“ erforderlich sein sollen, sind nicht konkretisiert. Dadurch werde es der Beklagten ermöglicht, weitgehend frei und nach eigenem Ermessen zu entscheiden, wann eine Teillieferung vorgenommen wird.

„Die Formulierung ‚wenn dies wegen der Vielzahl oder Größe der Produkte erforderlich ist‘ lässt einen weiten Interpretationsspielraum zu und bietet dem Verwender der AGB die Möglichkeit, nahezu beliebig Teillieferungen vorzunehmen.“

Das Transparenzgebot verlangt, dass Verbraucher ihre Rechte und Pflichten aus einem Vertrag klar und eindeutig erkennen können. Die Klausel der Beklagten erfüllt dieses Kriterium nicht, da sie für Verbraucher nicht nachvollziehbar macht, in welchen Fällen eine Teillieferung erfolgt und welche konkreten Konsequenzen dies hat.

Relevanz von § 308 Nr. 4 BGB

Das Gericht hob hervor, dass die Klausel gegen § 308 Nr. 4 BGB verstößt. Diese Vorschrift untersagt Klauseln, die dem Verwender ein einseitiges Recht zur Änderung der geschuldeten Leistung einräumen, sofern dies nicht unter Berücksichtigung der Interessen des Vertragspartners zumutbar ist. Da die Klausel der Beklagten es erlaubt, ohne Zustimmung des Verbrauchers Teillieferungen vorzunehmen, verstößt sie gegen diese Vorschrift.

Argumente der Beklagten

Die Beklagte versuchte zu argumentieren, dass die Klausel im Interesse der Verbraucher sei, da Teillieferungen eine schnellere Zustellung von Teilen der Bestellung ermöglichten. Zudem wies sie darauf hin, dass keine zusätzlichen Kosten für Verbraucher entstehen würden.

Das Gericht wies diese Argumente zurück. Es betonte, dass die Nachteile, die durch Teillieferungen entstehen können, nicht durch die bloße Zusicherung, keine Mehrkosten zu erheben, ausgeglichen werden. Verbraucher hätten ein berechtigtes Interesse daran, eine vollständige Lieferung zu erhalten, insbesondere um organisatorischen Aufwand zu vermeiden.

Entscheidung des Gerichts

Das Landgericht Köln entschied, dass die Klausel rechtswidrig ist und daher weder verwendet noch durchgesetzt werden darf. Die Beklagte wurde zur Unterlassung der Klausel verpflichtet und musste die Kosten des Verfahrens tragen. Zudem wurde sie verurteilt, die Abmahnkosten in Höhe von 243,51 Euro zu erstatten.

Folgen des Urteils

Das Urteil hat wichtige Implikationen für den Fernabsatzhandel und den Umgang mit Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Es verdeutlicht, dass Unternehmen bei der Gestaltung ihrer AGB besonders darauf achten müssen, die Rechte von Verbrauchern nicht unangemessen zu beschränken. Die Entscheidung stärkt den Schutz von Verbrauchern vor einseitigen Leistungsänderungen und verdeutlicht die Bedeutung klarer und transparenter Vertragsbedingungen.

Bedeutung des Urteils im Kontext des Verbraucherschutzes

Das Urteil des Landgerichts Köln trägt zur weiteren Stärkung des Verbraucherschutzes bei und stellt klar, dass AGB nicht dazu genutzt werden dürfen, einseitige Vorteile für Unternehmen zu schaffen. Es unterstreicht, dass die Rechte der Verbraucher im Mittelpunkt stehen und diese vor intransparenten und potenziell nachteiligen Regelungen geschützt werden müssen.

Landgerichts Köln, Urteil vom 20. Juni 2024, Az.: 31 O 281/23


Ihr Ansprechpartner

Bitte Kommentar schreiben

Sie kommentieren als Gast.

E-Mail: kanzlei@ratgeberrecht.eu, Telefon: 004971188241006
Katharinenstraße 16, 73728, Esslingen, Baden-Württemberg, Deutschland