Abwertende Werbeaussagen
Die Klagebefugnis zur Geltendmachung eines wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruchs gegen einen Mitbewerber einer GmbH steht nur der Gesellschaft und nicht dem Gesellschafter-Geschäftsführer ad personam zu. Der Schutz der freien Meinungsäußerung ist bei der Beeinträchtigung der Rechte Dritter nicht in demselben Ausmaß eingeschränkt wie im Rahmen eines Wettbewerbsverhältnisses.
Ohne Vorliegen eines Wettbewerbsverhältnisses ist dem Schutz der freien Meinungsäußerung ein breiterer Umfang einzuräumen, wie eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm zeigt:
Der Kläger hatte gemeinsam mit einem anderen Geschäftsmann (G) ein Unternehmen gegründet, das im Multi-Level-Marketing-System (MLM) Nahrungsergänzungsmittel, Kosmetik und Parfum vertreibt. Die Gründer verkauften ihre Anteile an einen Finanzinvestor und schieden aus dem Unternehmen aus. Sie gründeten jeweils eigene Unternehmen. G schlitterte mit seinem neuen Unternehmen in die Insolvenz. Der Beklagte war als President und Top-Berater des verkauften Unternehmens tätig und hatte in einem Fachmagazin für die MLM-Branche ein Interview gegeben. Er wurde nach seiner subjektiven Einschätzung des Scheiterns des G mit seinem neuen Unternehmen befragt.
Der Beklagte äußerte sich im Interview dahin gehend, dass nicht näher benannte Mitbewerber seines Unternehmens nicht organisch wachsen, sondern Abwerbungen von Söldnern benötigen würden und das Scheitern aus seiner Sicht zu erwarten war. Es gebe eben Leute wie G und den Kläger, die sich auf den Lorbeeren anderer ausruhen würden. Der Kläger hatte in der Vergangenheit - im Verfahren offensichtlich unstrittig - geäußert, er habe 20 Topberater mit einem Provisionsrahmen von 21 % aufgebaut. Diese Behauptung veranlasste den Beklagten, dem Kläger in diesem Zusammenhang zudem einen Hang zum Prahlen vorzuhalten.
Der Kläger nahm den Beklagten wegen dieser Äußerungen aus Wettbewerbsrecht und wegen einer rechtswidrigen Verletzung seines Persönlichkeitsrechts auf Unterlassung in Anspruch.
Das Oberlandesgericht Hamm verneinte einen wettbewerbsrechtlichen Anspruch des Klägers. Die Klagebefugnis eines Mitbewerbers setzt voraus, dass der Anspruchsteller ein Unternehmer ist. Der Kläger betrieb seine Unternehmungen allerdings in der Rechtsform einer GmbH, als deren Gesellschafter und Geschäftsführer. Die Klagebefugnis aus einer möglichen Mitbewerberstellung stand somit nicht dem Kläger als Person, sondern der Gesellschaft zu.
Eine widerrechtliche Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers nahm das Oberlandesgericht Hamm ebenfalls nicht an. Der Schutz der freien Meinungsäußerung ist im Zusammenhang mit der Herabsetzung des Konkurrenten durch einen Mitbewerber in einem höheren Ausmaß eingeschränkt als außerhalb eines bestehenden Wettbewerbsverhältnisses. Eine Tatsachenbehauptung kann im Gegensatz zu Werturteilen und Meinungsäußerungen auf ihre Richtigkeit überprüft werden. Der Kläger war vom Beklagten im Interview als ein sich auf seinen Lorbeeren ausruhender Prahlhans eingestuft worden. Mit dieser Meinungsäußerung hatte der Beklagte nach der Ansicht des Oberlandesgerichts Hamm die Grenze zur Schmähkritik nicht überschritten. Er hatte dafür eine Begründung genannt und den Kläger nicht völlig grundlos geschmäht und angeprangert. Aufgrund der seinerzeit gemeinsam vorgenommenen Firmengründung gab es zudem einen Zusammenhang zwischen G und dem Kläger, der aus der Sicht des Oberlandesgerichts Hamm einen begrenzten Vergleich mit G zulässig machte. Die Gefahr, dass Vertriebspartner durch das Interview von einer Zusammenarbeit mit dem Kläger abgehalten werden könnten, war angesichts des Aussagegehalts nicht so groß, dass sie eine Einschränkung der Meinungsäußerungsfreiheit des Beklagten hätte rechtfertigen können.
Das Oberlandesgericht Hamm wies die Berufung des Klägers zurück.
Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 14.11.2013, Az. 4 U 88/13