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Abmahnung Artur Hornbacher - Rechtsmissbrauch bestätigt

Abmahnung des Herrn Artur Hornbacher ist rechtsmissbräuchlich


Abmahnung Artur Hornbacher - Rechtsmissbrauch bestätigt

In den vergangenen Monaten ist Rechtsanwalt Gereon Sandhage, Clayallee 337, 14169 Berlin, mit der Aussprache einer Vielzahl wettbewerbsrechtlicher Abmahnungen im Namen des Artur Hornbacher, Veit-Rummel-Str. 11, 56077 Koblenz, erneut in Erscheinung getreten (wir berichteten).

Obwohl sich erhebliche Indizien herausbildeten, die auf einen Rechtsmissbrauch (§ 8 Abs. 4 UWG) haben schließen lassen, beantragte Rechtsanwalt Sandhage bei unterschiedlichen Gerichten den Erlass einstweiliger Verfügungen und erhob auch vereinzelt Hauptsacheklage.

Mit Beschluss vom 04.10.2016 kommt das Landgericht Lüneburg, Az. 7 O 111/15, zu dem Ergebnis, dass das Vorgehen von Rechtsanwalt Gereon Sandhage tatsächlich rechtsmissbräuchlich gewesen ist.

Auch wenn die Entscheidung derzeit noch nicht rechtskräftig ist (Stand: 10.10.2016), reiht sie sich in eine Mehrzahl rechtsmissbräuchlicher Abmahnserien der Kanzlei Sandhage ein.

Die Entscheidung des LG Lüneburg, Beschluss vom 04.10.2016, Aktenzeichen 7 O 111/15, stellen wir Ihnen nachfolgend im Volltext zur Verfügung.



Landgericht Lüneburg
Geschäfts-Nr.: 7 O 111/15


Beschluss

In dem einstweiligen Verfügungsverfahren

Herrn Artur Hornbacher, Veit-Rummel-Straße 11, 56077 Koblenz,
Antragsteller

Prozessbevollmächtigter: Rechtsanw. Sandhage, Clayallee 337, 14169 Berlin, gegen

Herrn XXX
Antragsgegner

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanw. Weiß & Partner, Katharinenstraße 16, 73728 Esslingen,
Geschäftszeichen: 5151/16 AB08

hat die 7. Zivilkammer (1. Kammer für Handelssachen) des Landgerichts Lüneburg am 4. Oktober 2016 durch XXX beschlossen:

Nach Erledigung des Verfahrens in der Hauptsache werden die Kosten des Verfahrens unter Abänderung des Beschlusses vom 28. Dezember 2016 dem Antragsteller auferlegt.

Gründe:

I.
Der Antragsgegner betreibt einen Online-Shop, auf dem er verschiedene Produkte, insbesondere Messer, vertreibt. In diesem Rahmen verstieß er gegen Anforderungen aus Art. 246a § 1 Nr. 9 EGBGB i.V.m. § 477 BGB. Hierzu erwirkte der Antragsteller unter dem 28. Dezember 2015 eine einstweilige Verfügung. Nach deren Zustellung beantragte der Antragsgegner, dem Antragsteller unter Setzung einer Frist von drei Wochen zur Klageerhebung in der Hauptsache aufzufordern. Diesem Antrag entsprach die Rechtspflegerin mit Beschluss vom 4. Februar 2016. Mit Schriftsatz vom 11. April 2016 erklärte der Antragsteller den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt mit der Begründung, er habe sein Geschäft aufgegeben und seine Onlinepräsenz geschlossen.

Der Antragsgegner hält die erwirkte einstweilige Verfügung für rechtsmissbräuchlich mit der Begründung, eine geschäftliche Tätigkeit habe nicht vorgelegen, das Verfahren sei ausschließlich zwecks Gebührengenerierung von dem Bevollmächtigten des Antragstellers initiiert worden. Mit Schriftsatz vom 15. Juni 2016 hat sich der Antragsgegner der Erledigungserklärung angeschlossen.

II.
Nachdem die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist über die Kosten des Rechtstreits unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden. Die führt dazu, die Kosten dem Antragsteller aufzuerlegen.

Die Aufgabe des Geschäftsbetriebs durch den Antragsteller stellt nach Auffassung des Gerichts grundsätzlich ein erledigendes Ereignis dar. Ein erledigendes Ereignis ist eine Tatsache mit Auswirkungen auf die materiell-rechtlichen Voraussetzungen der Zulässigkeit oder Begründetheit der Klage (BGHZ 83, 12 f.). Insoweit stellt zwar der alleinige Umstand, dass der Antragsteller sein wirtschaftliches  Interesse an der Durchsetzung des geltend gemachten Anspruchs verloren hat, kein erledigendes Ereignis dar  (vgl. BGH, Urteil vom 13.09.2005, X ZR 62103), mit der Einstellung der geschäftlichen Tätigkeit dürfte jedoch das Wettbewerbsverhältnis der Parteien geendet haben,  sodass es dem Antragsteller nunmehr an der Aktivlegitimation hinsichtlich des geltend gemachten Unterlassungsanspruchs aus §§ 8 Abs. 1, 3 Abs. 1 UWG i.V.m. § 477 BGB fehlt, da er kein "Mitbewerber" im Sinne des UWG mehr ist, vgl. § 8 Abs. 3 i.V.m. § 2 Abs.  1 Nr. 3 UWG. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass der Antragsteller das erledigende Ereignis "selbst herbeigeführt" hat bzw. die Aufgabe des Geschäftsbetriebs  ausschließlich in seinen Verantwortungsbereich fällt. Zwar stellt eine durchaus verbreitete Auffassung aus Billigkeitserwägungen zusätzlich auf die subjektive Verantwortlichkeit ab (OLG Hamm WRP 1977, 199 f.; OLG Koblenz WRP 1982, 657 f.; OLG Schleswig  NJW-RR 1986, 38, 39; Zöller/Vollkommer, ZPO, 18. Aufl., § 91 a Rn. 5 und Rdn. 58 unter dem Stichwort "Verjährung“). Mit der h.M. lässt sich dem jedoch entgegenhalten, dass dem von der anderen Ansicht befürchteten unbilligen Ergebnis in Gestalt von Kostennachteilen durch die Zustimmung des Antragsgegners und einer sodann nach § 91a ZPO zu treffenden Kostenentscheidung nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des Sach- und Streitstandes  ausreichend Rechnung getragen werden kann. Entscheidend ist daher vielmehr einzig die objektive Erledigung des Rechtsstreits (vgl. BGH, Urteil vom 13. Mai 1993 - I ZR 113/91; BGH, Urt. v. 6.12.1984 - VII ZR 64/84, NJW 1986, 588,  589; OLG Frankfurt WRP  1979,  799, 801; OLG Düsseldorf WRP 1980,  701, 702; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 20. Aufl., § 91 a Rdn. 6; Großkomm/Jacobs, Vor § 13 UWG, D, Rdn. 278).

Das Gericht geht nach der Entwicklung des Verfahrens davon aus, dass der Antrag des Antragstellers auf Erlass einer einstweiligen Verfügung bei Eintritt des erledigenden Ereignisses wegen Mutwillens unzulässig war. Zwar dürfte sich der beantragte Unterlassungsanspruch dem Grunde nach aus §§ 8 Abs. 1, 3 Abs. 1 UWG i.V.m. § 477 BGB wegen unlauterer geschäftlicher Handlungen ergeben. Denn der Antragsgegner gab mit der Formulierung "4 Jahre Garantie" ein Garantieversprechen ab, das den gesetzlichen Anforderungen des § 477 BGB nicht genügte, da es keine Angaben über das davon unabhängige Fortbestehen der gesetzlichen Gewährleistungsrechte (§ 477 Abs. 1 Nr. 1 BGB) sowie darüber hinaus auch nicht über die Art und Weise der Geltendmachung etwaiger Rechte aus der Garantie (§ 477 Abs. 1 Nr. 2 BGB) enthielt.

Jedoch war die gerichtliche Geltendmachung des Anspruchs gemäß § 8 Abs. 4 UWG unzulässig. Angesichts der vorgetragenen Vermögenslosigkeit des Antragstellers, der Tatsache, dass dem Antragsgegner mehr als 20 Abmahnungen zugegangen sind, dem geringen Umfang der geschäftlichen Tätigkeit des Antragstellers sowie der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Berlin, drängt sich der Verdacht auf, dass der Antragsteller mit der Geltendmachung des Anspruchs zumindest auch den Zweck verfolgte, den Anspruchsgegner mit Kosten und Gebühren zu belasten, vgl. § 8 Abs. 4 UWG. Ein derartiger Rechtsmissbrauch liegt vor, wenn das beherrschende Motiv des Gläubigers bei der Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs sachfremde Ziele sind. Dabei genügt es, wenn die sachfremden Ziele überwiegen. Sie müssen nicht das alleinige Motiv des Gläubigers sein. Ein Rechtsmissbrauch im Sinne des § 8 Abs. 4 UWG kann sich etwa aus einem kollusiven Zusammenwirken zwischen dem Anspruchsberechtigten und seinem Verfahrensbevollmächtigten ergeben, oder - im Falle einer sog. "Abmahnwelle" - auch aus einem krassen Missverhältnis zwischen der Anzahl der Abmahnungen und dem (hier ehemaligen) Umfang der Geschäftstätigkeit des Antragstellers (Seichter in: Ullmann, jurisPK-UWG, 4. Aufl. 2016, § 8 UWG Rn. 222). Die Frage der missbräuchlichen Geltendmachung wettbewerbsrechtlicher Ansprüche ist eine Prozessvoraussetzung  und daher von Amts wegen zu prüfen. Ist ein Missbrauch zu bejahen, ist die Klage unzulässig (Seichter in: Ullmann, jurisPK-UWG, 4. Aufl. 2016, § 8 UWG Rn. 199 ff.).

In diesem Zusammenhang gelten die Grundsätze der sekundären Darlegungslast, sodass es genügt, wenn der Antragsgegner in ausreichendem Maße Indizien für einen Rechtsmissbrauch im Sinne des § 8 Abs. 4 UWG vorlegt. Der Antragsteller ist angehalten, diese Umstände zu widerlegen. Etwas Anderes wird schon deshalb nicht verlangt werden können, da sich die Motivlage des Gläubigers im Allgemeinen nur aus den äußeren Umständen ergeben kann (Seichter in: Ullmann, jurisPK-UWG, 4. Aufl. 2016, § 8 UWG Rn. 199 ff., 220). Dieser sekundären Darlegungslast ist der Antragsteller jedoch trotz Hinweises des Gerichts nicht nachgekommen.

Vor diesem Hintergrund waren ihm die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.


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