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Abgrenzung von Tatsachen und Meinungen

LG Münster, Urteil vom 08.07.2015, Az. 012 O 187/15


Abgrenzung von Tatsachen und Meinungen

Das Landgericht Münster hat mit Urteil vom 8. Juli 2015 entschieden, dass das Verständnis eines unbeteiligten Durchschnittslesers anzuwenden ist, wenn es in der Sache um die Abgrenzung zwischen der zulässigen Meinungsäußerung und der Behauptung von unzulässigen sowie unwahren Tatsachen geht. In dem vorliegenden Fall mussten die Richter über einen streitbefangenen Aufsatz in einem Onlinemagazin entscheiden. In dem Artikel hatte ein Tierschutzverein Fotografieren von tierschutzwidrigen Zuständen erstellt. Nunmehr stellte sich in dem Rechtsstreit die Frage, ob er diesen Zustand selbst herbeigeführt hatte, um die Bilder aufzunehmen. Die Behauptungen der Gegenseite gingen sogar so weit, dass dem Verein vorgeworfen worden ist, vorab einen Einbruch begangen zu haben.

Bei dem Kläger handelte es sich um einen Verein, der sich für den Tierschutz engagiert. Bei der Beklagten handelte es sich demgegenüber um die Betreiberin eines digitalen Angebotes im Internet. Sie veröffentlicht darüber unter anderem ein Printmagazin, dass sich insbesondere an Landwirte richtet.

Am 30. März 2014 veröffentlichte der Kläger einen Artikel. Darin ging es um die Haltung von Hennen in einem landwirtschaftlichen Betrieb, der für eine Supermarktkette produziert. Da er den Artikel mit Fotoaufnahmen aus einem Stall einer GmbH untermalen wollte, erwirkte diese vor dem Landgericht Hamburg gegen ihn eine einstweilige Verfügung. Diese Verbot dem Kläger zukünftig die Nutzung des Bildmaterials.

Am 4. Februar 2014 publizierte die Beklagte einen digitalen Artikel, um über den Kläger zu berichten. Sowohl in diesem Artikel als auch in einem weiteren vom 12. Mai 2015 behauptete die Beklagte, dass die Bilder durch nächtliche Einbrüche entstanden seien. Dementsprechend würde erst durch den Verein ein tierschutzwidriger Zustand entstehen.

Der Kläger forderte sie noch am selben Tag zur Unterlassung sowie zur Abgabe der beigefügten strafbewehrten Unterlassungserklärung auf. Die Abgabe der Erklärung lehnte sie jedoch ab.

Der Kläger hat in dem Rechtsstreit behauptet, dass die streitgegenständlichen Fotoaufnahmen nicht von seinem Team angefertigt worden sind. Vielmehr handle es sich um das Material eines unabhängigen Rechercheteams. Dementsprechend hätten die Mitglieder das Grundstück nicht betreten. Durch die Veröffentlichung der Beklagten werde er praktisch als Täter dargestellt. Es werde generiert, dass er den tierschutzwidrigen Zustand selbst verursacht hat. Weiterhin werde er als Einbrecher dargestellt.

Das Landgericht Münster erkannte den Unterlassungsanspruch des Klägers an. Dieser ergebe sich gemäß §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1, 19 Abs. 3 GG. Aus der gesetzlichen Grundlage gehe hervor, dass derjenige, dessen allgemeines Persönlichkeitsrecht verletzt wird, seinen Anspruch auf zukünftige Unterlassung geltend machen kann, wobei der Anspruch sich gegen die schädigende Personen errichtet. Vorab sei nach Auffassung des Gerichts jedoch eine Interessenabwägung zwischen der Äußerung und der potentiellen Verletzung vorzunehmen. In dem vorliegenden Rechtsstreit entschied das Landgericht zu Gunsten des Klägers. Er habe glaubhaft machen können, dass die Informationen, die von der Beklagten in ihren Artikeln verbreitet worden sind, tatsächlich unwahr sind. Das Gericht machte sodann darauf aufmerksam, dass die Verbreitung von unwahren Tatsachen kein schützenswertes Interesse genießt.

In diesem Sinne sei eine Abgrenzung zwischen der grundrechtlich geschützten Meinungsäußerung und einer Tatsachenbehauptung vorzunehmen. Im hiesigen Fall entschied das Gericht auf Tatsachenbehauptungen. Hierbei seien jedoch grundsätzlich wahre Behauptungen zu akzeptieren. Hingegen seien unwahre Behauptungen nicht mehr geschützt. Um den Wahrheitsgehalt der Aussage zu konkretisieren, ist der objektive Sinngehalt zu berücksichtigen.

Das Gericht sah es als überwiegend wahrscheinlich an, dass der Kläger die Stallungen nicht selbst betreten hatte, um die streitgegenständlichen Fotoaufnahmen zu erstellen. Ebenso sei nicht ersichtlich, dass Mitglieder seines Teams verantwortlich gemacht werden könnten. Ferner sei er nicht für die tierschutzwidrigen Zustände verantwortlich zu machen. Gleichwohl gehe der unvoreingenommene und verständige Leser davon aus, dass der Kläger gerade nicht als Tierschutzverein, sondern vielmehr als Täter in Erscheinung getreten ist. Dadurch werde er in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt, weil es sich dabei gerade nicht um eine wahre Tatsachenbehauptung handelt. Da das handelnde Rechercheteam nicht zum Mitgliederkreis des Klägers gehörte, konnte ihm auch ein rechtswidriges Vorgehen durch Nutzung der Bilder nicht nachgesagt werden.

LG Münster, Urteil vom 08.07.2015, Az. 012 O 187/15


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