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Zeitungs- und Zeitschriftenverlage bei Honoraren für freie Journalisten

Vertragsgestaltungsspielraum der Zeitungs- und Zeitschriftenverlage bei Honoraren für freie Journalisten


Zeitungs- und Zeitschriftenverlage bei Honoraren für freie Journalisten

1. Der Eigentumserwerb an journalistischem Material freier Journalisten unterliegt nicht der Inhaltskontrolle des § 307 BGB, da es sich um privatrechtliche Verträge handelt.

2. Pauschalvergütungen für freie Journalisten sind zulässig, ihre Angemessenheit kann jedoch nur im Einzelfall geprüft werden. Allerdings müssen die Vertragsbestimmungen in diesem Falle transparent gefasst sein.

3. Eigentumserwerb an Originalwerken (z.B. Dias) unzulässig, sofern dem Urheber ein eigenes Verwertungsrecht zugestanden wird.

4. Einwendungen gegen Verwertungen durch den Urheber aufgrund „wichtiger Verlagsinteressen“ unwirksam, da diese wichtigen Verlagsinteressen nicht klar bestimmbar sind.

5. Prüfung und Auszahlung von eingereichten Rechnungen bei Großverlagen dürfen länger als 30 Tage in Anspruch nehmen.

6. Keine Benachteiligung der freien Journalisten, wenn sie für ihre Spesenabrechnungen zuvor zumindest mündliche Vereinbarungen mit dem Verlag treffen müssen.

Hintergrund war eine umfangreiche Klage eines Berufsverbandes freier Journalisten gegen ein großes deutsches Pressehaus. In vorliegendem Urteil werden lediglich die zur Revision zugelassenen Tatbestände behandelt. Für weitergehende Entscheidungen hinsichtlich dieser Klage wird auf das Urteil des Kammergerichts, Az. 5 U 66/09, verwiesen.

1. Im Rahmen des Eigentumserwerbs an journalistischem Material freier Journalisten komme der Schutzgedanke des § 31 Abs. 5 Urheberrechtsgesetz (UrhG) als Grundlage einer Inhaltskontrolle der AGB nicht in Betracht (vgl. BGH, Az. I ZR 81/80), so das Gericht, da es sich um „privatautonome Vertragsgestaltungen“ handele (vgl. BGH, Az. VIII ZR 178/08, VIII ZR 293/10), die auch einen Eigentumserwerb über den eigentlichen Vertragszweck hinausgehender Nutzungen einschließe. Zwar komme durch die Neufassung des Urheberrechtsgesetzes von 2002 insbesondere im § 11 Satz 2 UrhG eine Stärkung der angemessenen Vergütung zustande, diese beziehe sich aber nicht auf die Rechtseinräumung.

2. Die Angemessenheit einer Vergütung könne nur im konkreten Falle geprüft werden und entziehe sich der abstrakten Inhaltskontrolle des § 307 BGB (vgl. BGH, Az. I ZR 81/80, VIII ZR 178/08), so das Gericht weiter. Laut Gesetzgeber greife § 11 Satz 2 UrhG nur, wenn es keine klaren Vertragsregelungen gebe (vgl. BT-Drucks. 14/8058, S. 18). Eine Überprüfung im Rahmen einer Verbandsklage sei daher nicht möglich. Auch sei vom Gesetzgeber eine Pauschalvergütung nicht grundsätzlich ausgeschlossen worden (vgl. BT-Drucks. 14/6433, S. 12) bzw. sollten die üblichen Verlagsstrukturen mit Festbeträgen erhalten bleiben (vgl. BT-Drucks. 14/8058, S. 18). Somit kann eine Pauschalvergütung durchaus angemessen sein (vgl. BGH, Az. I ZR 38/07). Zwar sei bei einer unbestimmbaren Nutzungsdauer eine erfolgsabhängige Vergütung vorzuziehen (vgl. BGH, Az. I ZR 38/07), dies sei bei Sammelwerken (wie einer Zeitung/ Zeitschrift) jedoch schwer nachprüfbar, da der Anteil eines Artikels/ Bildwerkes am Erfolg des Sammelwerkes nur schwer bezifferbar sei.

Die Vertragsbestimmungen seien in vorliegendem Fall jedoch unwirksam, da sie nicht transparent wären (vgl. BGH, Az. VIII ZR 121/04). Insbesondere blieben die Bedingungen für eine evtl. zusätzliche Vergütung unklar.

Gleiches gelte für den Begriff „kooperierende Verlage“, denn dieser Begriff sei weder klar formuliert, noch könne er im Sinne seiner Verwendung in Tarifverträgen herangezogen werden, da frei ausgehandelte Verträge hiervon nicht betroffen seien. Es müsse also im Hinblick auf eine weitergehende Nutzung geprüft werden, ob diese von der Rechtseinräumung erfasst sei (§ 31 Abs. 5 UrhG) bzw. sich diese weitere Nutzung in der Pauschalvergütung angemessen wiederfände (§32 Abs. 1 Satz 3 UrhG).

3. Würden dem Urheber eigene Verwertungsmöglichkeiten zugesprochen, so sei ein Eigentumsübergang von Originalwerken (z.B. Dias) an den Nutzer nicht zulässig. Eine Verwertung durch den Urheber sei sonst nicht mehr uneingeschränkt möglich, da die Verwendung von Kopien durch ihre schlechtere Qualität zu Verwertungseinschränkungen führten.

4. Vertragsklauseln, die sich auf „wichtige Verlagsinteressen“ bezögen, verstießen gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB, da es unklar bliebe, welche wichtigen Verlagsinteressen dies sein könnten, die eine Weiterverwertung durch den Urheber verhindern könnten.

5. Im Massengeschäft großer Zeitungsverlage sei es angemessen, für Rechnungsprüfungen und Auszahlungen eine Frist von über 30 Tagen zu gewähren (z.B. 6 Wochen).

6. Absprachen hinsichtlich der Spesenabrechnungen stellten keine Benachteiligung der freien Journalisten dar, so das Gericht; diese könnten auch mündlich erfolgen. Diese Regelungen bezögen sich auf Auftragsarbeiten, nicht auf spontane, durch Aktualität begründete Auslagen. Es seien aber auch generalisierende Spesenbestimmungen für unerwartete Ereignisse möglich.

In der Praxis bedeutet dies für freie Journalisten, dass sie auch weiterhin mit pauschalierten Vergütungen einverstanden sein müssen. Allerdings müssen die Verträge dabei klare Formulierungen verwenden, die alle Nutzungsformen und Honorare überprüfbar machen. Auch können für die Verwehrung eigener Verwertungen nicht „wichtige Verlagsinteressen“ herangezogen werden. Die freien Journalisten behalten grundsätzlich die Eigentumsrechte an Originalwerken, sofern ihnen hierfür eigene Verwertungsrechte zugebilligt wurden. Allerdings können auch weiterhin klare Absprachen hinsichtlich der Spesen vom Verlag verlangt werden. Werden Honorare/ Spesen u.U. mehr als 30 Tage nach Rechnungsstellung ausgezahlt, so dürfen nicht ab dem 31. Tag Zinsen berechnen werden; eine Frist von z.B. 6 Wochen ist hier zulässig.

BGH, Urteil vom 31.05.2012, Az. I ZR 73/10


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