"World of Warcraft": Verletzung von Rechten durch die Bot-Software
Vor Gericht geht es ja allgemein etwas gesitteter zu. Doch das Oberlandesgericht Hamburg hatte sich nun dem Onlinerollenspiel „World of Warcraft“ zu widmen. Dessen Urheber sah sich durch eine Bot-Software in seinen Rechten gestört. Der höchste Spruchkörper der Elbestadt beendete damit einen seit mehreren Jahren andauernden Rechtsstreit zumindest vorläufig.
Der Klageweg als letzte Option
Das Rollenspiel „World of Warcraft“ erfreut sich seit mehr als einer Dekade einer hohen Bekanntheit. Viele Millionen Menschen weltweit begeben sich in die Fantasiewelt, um hier ihre Figuren zu pflegen, Aufgaben zu lösen, sich mit Gleichgesinnten zu treffen und virtuelle Monster zu besiegen. Das Game hat sich mittlerweile zu einem milliardenschweren Wirtschaftsfaktor gemausert. Alleine über die Mitgliedschaften sowie die Zukäufe bestimmter Ausrüstungsgegenstände und Merchandisingartikel nimmt der Rechteinhaber Blizzard jährlich erhebliche Summen ein. Diesen Geldfluss sah er durch die Bossland GmbH nun gefährdet: Das Unternehmen entwickelte sogenannte Bots, durch die ein Spieler online gewisse Vorteile erlangen kann. Blizzard sah darin eine Gefahr für sein Image und klagte gegen Bossland – denn eine Bekämpfung der Bots im Spiel sowie durch geeignete Softwarelösungen, die ein Einloggen des Bots verhindern sollten, war bislang gescheitert.
Wie arbeitet ein Bot?
Bei den von Bossland angebotenen Bots „Honorbuddy“ und „Gatherbuddy“ handelte es sich um zwei kleine Computerprogramme. Sie ermöglichen es einem Spieler, sich eine zusätzliche Unterstützung geben zu lassen. Das geschieht in diesem Falle dadurch, dass die Bots einem zuvor festgelegten Schema folgen. Sie steuern die virtuelle Figur automatisch, sammeln Gold und Wertsachen ein, besiegen Monster durch eine bestimmte Reihenfolge von Waffenhieben, lösen die jeweiligen Aufgaben und erledigen dergleichen mehr. Kurzum, der Spieler muss nicht mehr Zeit und Mühen investieren, um seinen Charakter in „World of Warcraft“ auf das nächste Level zu heben. Die Arbeit übernehmen die Bots für ihn. Seit Jahren dreht sich aber genau um deren Anwendung eine brisante Debatte. Der Einsatz solcher Bots ist umstritten. Bislang war er zwar moralisch verwerflich, betrat rechtlich aber eher eine Grauzone. Durch das Urteil des Oberlandesgerichts Hamburg ist er jedoch auch juristisch untersagt worden.
Blizzard sieht sein Image gefährdet
Der Rechteinhaber Blizzard, der das Spiel „World of Warcraft“ betreibt, sah sich durch den Einsatz der Bots geschädigt. Er wollte sein Game einer ehrlichen Klientel anbieten, die den Spaß des virtuellen Abenteuers suche. Seit längerer Zeit würden aber solche Bots dazu führen, dass sich viele Spieler abwenden, da sie gegen die automatisch gesteuerten Figuren unterlegen seien. Etwa beim Kampf gegen seltene Monster, beim Lösen zeitlich befristeter Aufgaben oder Ähnlichem. Es würde der Verlust erheblicher Einnahmen drohen, wenn Bossland weiterhin seine Software für das Spiel anbieten dürfe, argumentierte Blizzard. Denn durch die rückläufigen Zahlen an Mitgliedschaften und Abonnements sei es dem Rechteinhaber nicht mehr möglich, kostendeckend zu arbeiten. Neben diesem wirtschaftlichen Aspekt sei aber auch das Ansehen gefährdet – „World of Warcraft“ habe sich immer gegen solche Bots gerichtet und könne deren Anwesenheit nun nicht länger akzeptieren.
Der Vertrieb der Bots ist rechtswidrig
Das Oberlandesgericht in Hamburg beendete den Streit jetzt. Es untersagte der Bossland GmbH, die beiden Bots weiterhin anzubieten. Denn die Programme seien geeignet, manipulierend in das Spiel einzugreifen. Damit wiederum sei das Image des Rechteinhabers ebenso gefährdet wie dessen Einnahmen aus dem Game. Der Spruchkörper folgte damit einem Urteil des Landgerichts Hamburg, das bereits im Jahre 2012 den Einsatz eines ähnlichen Bots verboten hatte. Blizzard kann daher mit erheblichen Schadensersatzforderungen rechnen, wenn Bossland weiterhin seine Programme gezielt zur Verwendung in „World of Warcraft“ modifiziert. Allerdings ist damit noch immer kein Ende im Rechtsstreit zwischen beiden Seiten zu sehen. Seit Jahren hatte man sich vor den deutschen Gerichten bekämpft. Erwirkte Blizzard eine juristische Lösung, fand die Bossland GmbH noch immer das Schlupfloch darin. Es scheint wie eine Fehde, die keine Partei wirklich gewinnen kann.
OLG Hamburg, Urteil vom 06.11.2014, Az. 3 U 86/13