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Urheberrechtsschutz von Stadtplänen

BGH, Beschluss vom 26. 2. 2014, I ZR 121/1


Urheberrechtsschutz von Stadtplänen

In dem Beschluss vom 26.2.2014 hat sich der Bundesgerichtshof mit der Frage nach einer Verletzung urheberrechtlicher Verwertungsrechte an einer Landkarte beschäftigt, wegen der die Klägerin vor dem Landgericht Berlin Schadensersatz verlangt hatte. 

Die Hintergründe der Entscheidung 

Die Klägerin bietet auf ihrer Internetseite das Recht zur Nutzung von Landkarten an, wofür sie die Zahlung von Lizenzgebühren verlangt. Die Karten stellt ein bulgarisches Unternehmen auf der Grundlage eines Werkvertrags mit der Klägerin her. Ihr wurde auch das ausschließliche Recht zur unbeschränkten Nutzung der Karten in gedruckter und elektronischer Form eingeräumt. Die Mitarbeiter des bulgarischen Unternehmens erstellen die Karten nach konkreten Vorgaben, die in einem Zeichenschlüssel der Klägerin festgelegt sind. Es gab keine Möglichkeiten und Freiheiten, um bei der Gestaltung der Karten von den Vorgaben abzuweichen. 

Der Beklagte ist Betreiber einer Internetseite, auf der im August 2009 ein Ausschnitt von einer Karte abrufbar war, der laut Klägerin einer der Karten entsprach, die in ihrem Auftrag hergestellt worden ist. Sie hatte ihn daraufhin abgemahnt und zur Zahlung von Schadensersatz aufgefordert. Als dies scheiterte, erwirkte sie eine Unterlassungsverfügung. 

Der Beklagte gab daraufhin eine Abschlusserklärung ab, um den Rechtsstreit beizulegen, verweigerte aber die Zahlung von Schadensersatz und Abmahnkosten. Die Klägerin hat daraufhin den Beklagten auf Zahlung einer fiktiven Lizenzgebühr, Abmahnkosten sowie Kosten der Dokumentation des behaupteten Verstoßes und Rechtsanwaltskosten für das Abschlussschreiben in Anspruch genommen. Das Amtsgericht hat die Klage nur in Hinsicht auf die Dokumentationskosten abgewiesen, den Beklagten aber ansonsten zur Zahlung verurteilt. Seine Berufung blieb erfolglos, da das Berufungsgericht davon ausging, dass der Klägerin gemäß §§ 97, 16, 19a UrhG ein Schadensersatzanspruch in der vom Amtsgericht zugesprochenen Höhe zustünde. Der Beklagte habe den Kartenausschnitt, an dem der Klägerin die ausschließlichen Nutzungsrechte hatte, unberechtigt vervielfältigt und auf seiner Internetseite öffentlich zugänglich gemacht. Wiederum legte der Beklagte Revision ein und begehrte Klageabweisung.

Der Beschluss des BGH 

Nach Ansicht des BGH lagen keine Zulassungsgründe vor, die Revision hätte auch keine Aussicht auf Erfolg. Das Berufungsgericht hatte die Zulassungsfrage aufgeworfen, ob die Urheberschaft vom Urheber des den Karten zugrunde liegenden Zeichenschlüssels abhängt. Der Frage kommt aber laut BGH keine grundsätzliche Bedeutung zu.

Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine für die Entscheidung erhebliche, klärungsbedürftige und -fähige Rechtsfrage aufwirft. Diese muss sich auch in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen können und deswegen das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berühren, also allgemein von Bedeutung sein. 

Wenn die durch das Berufungsurteil aufgeworfene Rechtsfrage zweifelhaft ist, also über Umfang und Bedeutung einer Rechtsnorm Unklarheiten bestehen, ist diese Rechtsfrage klärungsbedürftig. Derartige Unklarheiten bestehen zum Beispiel, wenn zu einer Rechtsfrage keine Entscheidung des BGH existiert und sie von mehreren Oberlandesgerichten unterschiedlich beantwortet wird. Auch bei einer uneinheitlichen Beurteilung der Literatur kann eine Rechtsfrage klärungsbedürftig sein, aber nicht, wenn abweichende Literaturmeinungen vereinzelt geblieben oder nicht nachvollziehbar sind. 

An einer solchen Klärungsbedürftigkeit der vom Berufungsgericht aufgeworfenen Frage fehlte es hier.

Nach § 7 UrhG ist Urheber der Schöpfer des Werkes. Wenn mehrere Personen am Werk beteiligt sind, hängt die Schöpfereigenschaft davon ab, wer einen tatsächlich schöpferischen Beitrag und wer lediglich einen nichtschöpferischen Gehilfenbeitrag geleistet hat. Die mechanische Durchführung oder Ausgestaltung der Vorgabe ist nichtschöpferisch, wenn kein Spielraum für eigene individuelle schöpferische Gestaltung bleibt, sodass keine Urheberschaft vorliegt. Der Hersteller von Karten, der an Vorgaben wie Zeichenschlüssel und Musterblätter gebunden ist und keine Freiheiten hat, um eine für den Urheberrechtsschutz ausreichende individuelle kartografische Leistung zu erreichen, ist kein Urheber. 

Auch die Revision hatte keine Aussicht auf Erfolg. Sie machte geltend, dass das Berufungsgericht es rechtsfehlerhaft versäumt habe, Feststellungen zum geistig-schöpferischen Gehalt des Zeichenschlüssels zu treffen.

Das Berufungsgericht hat dem Kartenausschnitt Werkcharakter im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG beigemessen, was der BGH auch bejaht. Nach dieser Norm gehören zu den geschützten Werken der Wissenschaft Darstellungen wissenschaftlicher oder technischer Art, unter anderem Zeichnungen, Karten, Skizzen und plastische Darstellungen. Dazu können auch Stadtpläne und Landkarten zählen, wenn es sich um persönliche geistige Schöpfungen handelt. Das Berufungsgericht ging laut BGH zutreffend davon aus, dass es hier auf den Werkcharakter des vom Beklagten vervielfältigten Stadtplanausschnitts der Klägerin und nicht auf den Werkcharakter des zugrundeliegenden Zeichenschlüssels ankommt.

Urheberrechtlich bedeutsame schöpferische Züge können in der Gesamtkonzeption einer Landkarte liegen. Dazu gehört die individuelle Auswahl des Dargestellten ebenso wie die Farbgebung, Beschriftung oder Symbolgebung, die ein individuelles Kartenbild ergeben können. Nach Ansicht des BGH erkannte das Berufungsgericht hier zutreffend, dass die Karte durch eine individuelle Farbgebung und eine spezielle und prägende Auswahl von gekennzeichneten Gebäuden, Sehenswürdigkeiten und Buslinien eine ausreichende Schöpfungshöhe erreicht hatte. 

BGH, Beschluss vom 26. 2. 2014, I ZR 121/13


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