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Schadensersatz für Herausgeber eines Sammelwerks

Urheberrechtsverletzung: Der Schadensersatzanteil des Herausgebers eines Sammelwerks ist erforderlichenfalls vom Tatrichter zu schätzen


Schadensersatz für Herausgeber eines Sammelwerks

Die Urteilsformel bestimmt in erster Linie auch den Umfang der Rechtskraft eines Urteils. In den Fällen, in denen die Urteilsformel allein nicht ausreicht, ist nach einer Entscheidung des BGH eine Auslegung von Tatbestand und Entscheidungsgründe vorzunehmen. Erforderlichenfalls sind auch der jeweilige Wille und die abgegebenen Erklärungen der Parteien zur Auslegung der Urteilsformel heranzuziehen.

Unerlaubte Veröffentlichung fremder Werke im Internet

Der Herausgeber einer Fachzeitschrift für ein mathematisches Teilgebiet gleichen Namens (K-Theory) publizierte in den Jahren zwischen 1987 bis 2006 Beiträge verschiedener Autoren. Ab Oktober 2004 hatte ein Verlag für wissenschaftliche Publikationen alle Ausgaben der K-Theory ohne Erlaubnis in sein Online-Portal eingestellt. Der Herausgeber der Fachzeitschrift sah in diesem Vorgehen eine Verletzung seines Urheberrechts. In zwei Zivilverfahren verklagte er die Betreiber des Online-Portals letztlich erfolgreich zur Zahlung der erzielten Gewinne aus der ungenehmigten Online-Veröffentlichung.
Der Betreiber des Online-Portals erteilte dem Herausgeber eine Gewinnauskunft, wonach er in den Jahren 2004 bis 2006 einen Gewinn von 286.932 Euro erzielt habe. Zur Auszahlung kamen letztlich jedoch lediglich 10.000 Euro.
Der Herausgeber machte daraufhin die Auszahlung des gesamten Gewinns als Schadensersatz geltend, da seiner Auffassung nach den rechtskräftigen Urteilen keine Beschränkung auf Gewinnanteile zu entnehmen gewesen seien. Eine solche Kürzung des auszuzahlenden Gewinns legitimiere sich auch nicht im Hinblick auf die Verletzung der Urheberrechte der Zeitschriftenautoren. Diese hätten ihm – so die Einlassung des Herausgebers – die Nutzungsrechte an ihren Beiträgen unentgeltlich eingeräumt.

Schätzung der Schadensersatzhöhe durch Tatrichter

Der BGH stimmte dem Herausgeber insoweit zu, dass ihm die Auszahlung eines von dem Betreiber des Online-Portals erzielten Gewinnanteils zustehe, da unzweifelhaft eine Verletzung seiner Rechte als Herausgeber des Sammelwerks vorliege. Die Bezifferung der Höhe des Gewinnanteils obliege dem Tatrichter, der eine Schätzung vorzunehmen habe.
Der BGH widersprach allerdings der Ansicht der vorhergehenden Instanz, dass der gesamte aus den ungenehmigten Online-Veröffentlichungen resultierende Gewinn auf einer Urheberrechtsverletzung des Herausgebers beruhen würde und entsprechend Schadensersatz zu leisten sei.
Bei einem Anerkenntnisurteil wie dem vorliegenden komme es für die Auslegung einer Urteilsformel primär auf den Willen und die Erklärungen der Parteien an.

Schadensersatz nur für eigene Urheberrechtsverletzung

Im vorliegenden Fall habe sich aus den Entscheidungsgründen der zugunsten des Herausgebers ergangenen rechtskräftigen Urteile eindeutig ergeben, dass sich der herauszugebende Gewinn ausschließlich auf den Gewinnanteil aus der Zeitschriftenveröffentlichung bezogen habe, der auf der Urheberrechtsverletzung des Herausgebers selbst beruhte. Der Schadensersatzanspruch habe sich jedoch nicht auf den Gewinn bezogen, der auf die Verwertung der Autorenbeiträge zurückgegangen sei. Der Herausgeber könne nur die Herausgabe jenes Gewinns als Schadensersatz verlangen, der durch die Verletzung seines nach dem Urheberrecht geschützten Rechts erzielt worden sei. Die Herausgabe des Gewinns, der sich dagegen auf andere Umstände wie die Verletzung der Urheberrechte anderer beruhe, könne nicht geltend gemacht werden.

Die Rolle der Zeitschriftenbezieher

Nach Auffassung des BGH stehe dieser Wertung nicht entgegen, dass den Beziehern der Zeitschrift bei Abschluss ihrer Verträge noch unbekannt war, welche Artikel künftig in welchem Einzelheft zur Veröffentlichung gelangen würden. Für einen ursächlichen Zusammenhang zwischen dem mit der Veröffentlichung der Zeitschrift erzielten Gewinn und den in der Zeitschrift erschienenen Beiträgen genüge es, dass die Zeitschriftenbezieher bei Vertragsabschluss annahmen, dass in den Heften solche Beiträge erscheinen würden. Unerheblich sei es, ob die anderen Zeitschriftenautoren ihre Nutzungsrechte möglicherweise dem Herausgeber unentgeltlich zur Verfügung gestellt hätten.

BGH, Urteil vom 24.07.2014, Az. I ZR 27/13


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