Schadensersatz bei falscher Providerauskunft
Im Laufe seines Lebens wechselt ein Mensch mehrfach den Wohnort. Zuweilen erreichen ihn aber auch in seiner neuen Bleibe noch die Nachwirkungen seines Tuns. Etwa dann, wenn er sich einer Rechtsverletzung schuldig gemacht hat und seine Daten auf Umwegen an den Anspruchsinhaber gelangen. Dabei kann es allerdings zu Fehlern kommen. Einen solchen hatte das Amtsgericht in Celle im Januar 2013 zu verhandeln.
Über weite Entfernungen
Geklagt hatte ein ehemaliger Bundeswehrsoldat. Dieser bewohnte zunächst eine Stube im Fliegerhorst der im späteren Verlauf beklagten Kaserne. Aus dieser zog er im Jahre 2009 aus und übergab die Räumlichkeiten der Eigentümerin. Diese vermietete das Zimmer weiter. Der Kläger trat anschließend weitere Aufenthalte in Berlin und Wales an, wo er sich zu Studienzwecken hinbegab. Dort erreichte ihn über seine Eltern und seine Freundin im Jahre 2011 auch das Schreiben eines Rechteinhabers, der von ihm die Summe von rund 1.200 Euro einforderte. Mit dieser sei der pauschale Schadensersatz für das Herunterladen eines geschützten Films mit pornografischem Inhalt über eine Tauschbörse zu vergüten.
Eigene Forderungen geltend gemacht
Jedoch stellte sich schnell heraus, dass der Soldat den Rechtsverstoß nicht begangen haben konnte. Zum fraglichen Zeitpunkt bewohnte er die Stube bereits nicht mehr und hatte auch keinen Zugang zu dieser. Insofern gab der Betroffene die vom Rechteinhaber gewünschte Unterlassungserklärung nicht ab, sondern drehte den Spieß um: Er verklagte die Kaserne auf einen Schadensersatz. Immerhin sei ihm durch den unrichtigen Vorwurf ein Schaden entstanden, da seine persönliche Ehre und Integrität angegriffen wurde. Dazu sei es gekommen, weil die Kaserne ihn fälschlicherweise als Besitzer der Stube genannt hatte. Darüber hinaus verlangte er die Begleichung der Rechnung des Anwalts. Das Amtsgericht Celle bestätigte den Anspruch für alle rechtlichen Aufwendungen, verweigerte es aber, das Urteil auch auf den gewünschten Schadensersatz auszustrecken.
Kein Schaden entstanden
Für die Geltendmachung eines Schadensersatzes müsste zunächst ein Schaden vorliegen. Dieser könnte in dem unrichtigen Abmahnschreiben des Rechteinhabers zu sehen sein, der den Soldaten nach Auskunft der Kaserne anschrieb. Hierbei wäre insbesondere von einer Verletzung der Persönlichkeitsrechte des Betroffenen auszugehen. Allerdings fehlte dem Brief die Außenwirkung. Lediglich die Freundin und die Eltern des Klägers hatten die Mahnung gelesen – außer ihnen wusste niemand davon. Eine allgemeine Rufschädigung trat mithin nicht ein. Im Innenverhältnis den Eltern und der Lebenspartnerin gegenüber entstand ebenso wenig ein Schaden, da sich der Sachverhalt umkompliziert als Missverständnis aufklären ließ. Immerhin hatte der Soldat den Film tatsächlich nicht herunterladen können, da er zum fraglichen Zeitpunkt weder die Stube bewohnte noch in Deutschland lebte.
Die Frage der Haftung
Interessant gestaltete sich der Fall vor allem deswegen, weil die Klage nicht gegen den Produzenten des Films eingereicht wurde. Dessen Mahnschreiben traf zwar den falschen Ansprechpartner, doch verließ sich der Rechteinhaber auf die Auskünfte der Kaserne. Diese hatte er dazu aufgefordert, ihm alle relevanten Daten des Bewohners der Stube mitzuteilen. Die Kaserne verstieß daher gegen ihre Sorgfaltspflicht, als sie den Namen und die Anschrift des Soldaten weitergab, der das Zimmer längst nicht mehr bezogen hatte. Durch die verdeutlichte Geltendmachung des Anspruchs hätte die Kaserne diese Schutzpflichten in besonderem Maße ernst nehmen und die Anfrage nicht mit falschen Angaben einreichen dürfen. Dafür haftete sie in diesem Falle.
AG Celle, Urteil vom 30.01.2013, Az. 14 C 1662/12