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Raubkopie-Urteil muss Werk und Rechteinhaber konkret benennen

OLG Hamm, Beschluss vom 11.09.2014, Az. 5 RVs 87/14


Raubkopie-Urteil muss Werk und Rechteinhaber konkret benennen

Vielfach wurde schon darüber diskutiert, unter welchen Umständen eine gewerbsmäßige unerlaubte Verwertung urheberrechtlich geschützter Werke, sogenanntes Raubkopieren, vorliegt. Nun hat das OLG Hamm dargelegt, welche Anforderungen an ein Urteil zu stellen sind, das dieses Delikt zum Gegenstand hat.

Die Angeklagte hatte nach den Feststellungen der Vorinstanz zwischen dem 20. Oktober 2012 und dem 5. Januar 2013 mehrere CDs und DVDs auf Flohmärkten verkauft. Dabei habe es sich um Raubkopien gehandelt, was die Angeklagte gewusst habe. Betroffen seien unter anderem die CDs "DJ Dark Shadow, Chartbox Volume 10" und "Chartsurfer - Volume 26" sowie die DVDs "Beat Hits DVD - Volume 28" und "Jim Hit Mix 2012" gewesen.
Das AG Essen verurteilte die (vorbestrafte) Angeklagte wegen gewerbsmäßiger unerlaubter Verwertung urheberrechtlich geschützter Werke in vier Fällen zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 3 Monaten. Dagegen legte die Angeklagte Berufung ein - mit teilweisem Erfolg: Das LG Essen schraubte die Freiheitsstrafe auf 9 Monate herunter (29 Ns 4/14). Gegen dieses Urteil legte die - noch nicht rechtskräftig - Verurteilte Revision beim OLG Hamm ein.

Feststellungen des Landgerichts nicht konkret genug

Das OLG Hamm ließ es nicht ausreichen, dass das LG Essen in seinem Urteil Angaben zu den Titeln der Alben gemacht hatte, und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LG zurück.
Zwar sei das LG zu Recht vom Straftatbestand des § 108 Abs. 1 Nr. 5 UrhG ausgegangen, weil die Staatsanwaltschaft der Angeklagten vorgeworfen hatte, ohne Erlaubnis der Rechteinhaber entgegen § 85 UrhG (Verwertungsrechte der Tonträgerhersteller) Tonträger verwertet zu haben. Allerdings reichten die Feststellungen des LG im Urteil nicht für eine Verurteilung wie geschehen aus. § 108 Abs. 1 Nr. 5 UrhG diene "dem Schutz des Tonträgerherstellers bzw. seiner verwertungsrechtlichen Befugnisse". Hersteller von Tonträgern haben nach § 85 Abs. 1 UrhG das ausschließliche Recht, den Tonträger zu vervielfältigen, zu verbreiten und öffentlich zugänglich zu machen. Der persönliche Schutzbereich der Tonträgerhersteller ist in § 126 UrhG geregelt, auf die das OLG näher eingeht. Vor diesem Hintergrund bedürfe es "der Feststellung einer konkret geschützten Tonaufnahme (Titel, Interpret, ggf. Album) und des dazugehörigen Rechteinhabers". Die bloße Feststellung, dass die Angeklagte Raubkopien hergestellt habe, könne für eine Verurteilung nach § 108 Abs. 1 Nr. 5 UrhG nicht genügen, ebenso wenig wie die Angabe der CD- und DVD-Albumtitel. Rechteinhaber ließen sich so nicht erkennen. Teilweise handele es sich sogar offenbar um Piratenlabels, welche naturgemäß nicht geeignet seien, den tatsächlichen Rechteinhaber erkennen zu lassen.

Ausnahmen möglich

Ausnahmsweise sind nach Ansicht des OLG konkrete Feststellungen zum Tonträgerhersteller/Rechteinhaber entbehrlich, sofern feststeht, dass der Tonträgerhersteller seinen Sitz in einem Mitgliedsland des Genfer Übereinkommens zum Schutz der Hersteller von Tonträgern gegen die unerlaubte Vervielfältigung ihrer Tonträger(TontrSchÜ) hat (vgl. § 126 Abs. 3 UrhG). Denn dann könne es möglich sein, Rückschlüsse von den Interpreten, Titeln und Musikunternehmen auf bekannte Tonträgerhersteller in den USA zu ziehen. Die USA sind bereits 1974 dem Tonträger-Abkommen beigetreten. Auch diesbezügliche Feststellungen fehlten in dem Urteil des LG Essen, so dass die Revision der Angeklagten Erfolg hatte.

OLG Hamm, Beschluss vom 11.09.2014, Az. 5 RVs 87/14


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