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Perspektivische Verzerrung

Unzulässigkeit einer perspektivischen Bearbeitung eines auf einem Buchcover abgebildeten Prominenten


Perspektivische Verzerrung

Der Journalist und Moderator Günther Jauch ist in der Öffentlichkeit bestens bekannt. Er moderiert Quizshows und auch politische und gesellschaftskritische Talkshows und Berichte. Der Münchner Werbetexter Peter Wiesmeier war als Kandidat in der beliebten Quizshow „Wer wird Millionär?“ Wiesmeier hat seine Erfahrungen mit dem Moderator und dem Quiz-Zirkus in einem Buch dargestellt. Das Werk mit dem Titel „Ich war Günther Jauchs Punching-Ball! Ein Quizshow-Tourist packt aus“ erschien im Solibro Verlag.

Auf dem Cover des Buches war ein Foto von Jauch zu sehen, allerdings nicht im Original. Es wurde bearbeitet und perspektivisch verändert. Der gesamte Oberkörper des Moderators wird auf diesem Foto nach unten hin wesentlich schmaler. Die Hände waren am unteren Buchteil zu sehen, und zwar im Verhältnis zum Körper sehr viel kleiner. Außerdem hatte der Verlag das Bild vertikal gestaucht. Beurteilt man die äußere Erscheinung des Moderators nach diesem Foto, dann passt der Kopf nicht zum Körper. Er wirkt unnatürlich groß. Dagegen zeigt das Foto extrem kleine Hände im Verhältnis zum Kopf. Günther Jauch klagte gegen die Veröffentlichung des Buches mit diesem manipulierten Bild, nachdem er den Verlag erfolglos abgemahnt hatte.

Das Landgericht Hamburg gab dem Moderator Recht und entschied zu seinen Gunsten. Die Richter zogen zur Beurteilung des Falles eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes (BverfG) aus dem Jahr 2005 heran. Ron Sommer, der ehemalige Chef der Telekom, hatte vor dem Gericht erfolgreich gegen die Veröffentlichung seines manipulierten Fotos geklagt. Niemand habe ein Recht darauf, von anderen Menschen nur so wahrgenommen zu werden, wie er sich selbst sehe und gern gesehen werden möchte, so das BverfG. Allerdings hat er ein „Recht, dass ein fotografisch erstelltes Abbild nicht manipulativ entstellt ist, wenn es Dritten ohne Einwilligung des Abgebildeten zugänglich gemacht wird“.

Die Karlsruher Richter führten weiter aus, dass die Aussage des Bildes zweifelhaft wird, wenn das Foto zu stark verändert wird. „Solche Manipulationen berühren das Persönlichkeitsrecht, einerlei ob sie in guter oder in verletzender Absicht vorgenommen werden oder ob Betrachter die Veränderung als vorteilhaft oder nachteilig für den Dargestellten bewerten.“ Das Landgericht Hamburg schloss sich den Ausführungen des BverfG an. Auch nach dem Kunsturhebergesetz ergab sich für das Gericht kein Verzicht auf die Einwilligung zu dem veröffentlichten Foto. Selbst für den Fall, dass die Quizshow ein zeitgeschichtliches Ereignis sein sollte, so verbiete das Gesetz die Verbreitung bildlicher Darstellungen, wenn die berechtigten Interessen des Dargestellten verletzt werden.

Der beklagte Verlag hatte argumentiert, dass man es hier mit einer Karikatur zu tun habe, die in einem satirischen Zusammenhang mit den Texten des Buches stehe. Doch auch hier folgten die Richter den Argumenten des Verlages nicht. Weder durch den Titel noch den Klappentext würde eine satirische Grundlage gelegt, damit das Bild auch in dieser Weise wahrgenommen werden könne. In der Begründung des Urteils bezeichneten die Richter das Bild als „Entstellung ohne erkennbaren Sinn oder Hintergrund“. Man könne das manipulierte Bild keinesfalls als Karikatur einordnen, also einer überspitzten Darstellung von Personen oder gesellschaftlichen Zusammenhängen. Man könne nicht sehen, dass mit diesem Bild Eigenschaften des Klägers auf ironische und satirische Weise oder mit Humor überzeichnet werden sollen. Das Landgericht Hamburg untersagte die Veröffentlichung des strittigen Bildes.

LG Hamburg, Urteil vom 14.10.2011, Az. 324 O 196/11 


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