Open-Source-Software nur mit vollständigem Quellcode
Eine Open-Source-Software darf nur angeboten werden, wenn mit der Lieferung gleichzeitig der vollständige Quellcode mitgeliefert wird.
Hintergrund der Entscheidung ist eine Klage eines Softwareentwicklers, der die Urheberrechte für eine Software besitzt, die er ausschließlich im Rahmen des GPLv2-Lizenzvertrages veröffentlicht. Diese Software ist wiederum in Teilen Bestandteil des Betriebssystems „GNU/ Linux“.
GPLv2-Lizenzverträge sind dazu da, die Urheberrechte bei freier Software zu schützen und gleichzeitig den freien Zugang zu diesen Programmen zu gewährleisten. Hierzu müssen immer der volle Quellcode sowie der GPL-Lizenzvertrag (hier Version 2) mitgeliefert werden.
Das beklagte Unternehmen ist eine in Deutschland ansässige Firma, welches Hardware und Unterhaltungselektronik vertreibt. Dazu gehören auch Mediaplayer, deren Firmware über die Internetseite des Anbieters herunter geladen werden können. Diese Firmware wiederum verwendet ein Linux Betriebssystem, welches eben Teile der Software des Klägers enthält.
Eine Überprüfung der herunter geladenen Firmware ergab jedoch, dass dieses Unternehmen die Software ohne vollständigen Quellcode zur Verfügung stellte. Deshalb hatte der Kläger bereits zuvor dieses Unternehmen erfolgreich abgemahnt.
Das Gericht stellt dazu fest, dass die Firmware ohne vollständigen Quellcode geliefert wurde, was klar gegen den Lizenzvertrag GPLv2 verstoße. Der Verstoß komme alleine schon dadurch zustande, dass die Software ohne den vollständigen Quellcode öffentlich zugänglich gemacht werde. Alleine die Möglichkeit, die Software im Internet herunterladen zu können, erfülle die Voraussetzungen des § 19a UrhG (Recht der öffentlichen Zugänglichmachung). Der Anbieter verstoße dabei gegen die Bestimmungen des Lizenzvertrages, wenn er nicht gleichzeitig den vollen Quellcode sowie den Lizenzvertrag selbst zu gleichwertigen Bedingungen und am selben Ort zur Verfügung stelle. Die Unterlassung der Lieferung des vollständigen Quellcodes und Lizenzvertrages sei ein klarer Verstoß gegen die GPLv2, da nur bei Einhaltung dieser Voraussetzungen das sog. Copy-Left Prinzip des § 3 GPLv2 gewährleistet sei. Die Verletzung dieser Regeln der GPLv2 erfülle den Tatbestand der unberechtigten Nutzung, da nach § 4 GPLv2 ein Verstoß gegen die Bestimmungen des Lizenzvertrages auch den Verlust aller Nutzungsrechte mit sich führe.
Obwohl das Unternehmen erklärte, es habe sich zuvor von seinem chinesischen Lieferanten versichern lassen, dass mit den Produkten nicht gegen Rechte Dritter verstoßen würde, ließ das Gericht diese Argumentation nicht gelten, sondern warf dem Unternehmen vor, fahrlässig schuldhaft gehandelt zu haben. Es sei nämlich nicht ausreichend, auf die Versicherungen des Lieferanten zu vertrauen, sondern man hätte vielmehr eigene Überprüfungen anstellen müssen, selbst wenn diese einen finanziellen Aufwand bedeutet hätten.
Da das beklagte Unternehmen ausweislich seines Impressums auf seiner Internetseite für die Verbreitung seiner Firmware verantwortlich sei, habe der Kläger zu Recht gegen das Unternehmen auf Unterlassung geklagt. Auch die erneute Abmahnung sei rechtens gewesen, da durch den Verstoß gegen die vorherige Unterlassungsverpflichtungserklärung eine Wiederholungsgefahr bestanden habe.
In der Praxis bedeutet dies, dass Unternehmen, die eine Open-Source-Software oder Teile einer solchen zur Verfügung stellen, darauf achten müssen, dass sie immer den vollständigen Quellcode sowie die Lizenzverträge (GPLv2 oder andere Versionen) am gleichen Ort und unter gleichwertigen Bedingungen bereitstellen. Die Versicherung eines Lieferanten, mit seinem Produkt würde nicht gegen die Rechte Dritter verstoßen, reicht dabei nicht aus. Ein Abweichen von dieser Norm zieht den Verlust aller Nutzungsrechte für den Unternehmer nach sich.
LG Hamburg, Urteil vom 14.06.2013, Az. 308 O 10/13