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Nutzung von Teilen amtlicher Landkarten

BGH, I ZR 138/13


Nutzung von Teilen amtlicher Landkarten

Der Bundesgerichtshof hatte darüber zu entscheiden, ob gemäß Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 96/6/EG unabhängige Elemente als Sammlung zu deklarieren sind, weil sich die einzelnen Elemente voneinander trennen lassen, ohne den Wert ihres Informationsgehaltes zu beeinträchtigen. Ist jeder denkbare Informationswert wichtig, oder derjenige Wert maßgebend, der zweckbestimmend für die Sammlung und des daraus resultierenden Nutzerverhaltens ist?

Der Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat die Beantwortung dieser Frage offen gelassen, das Verfahren ausgesetzt und die Angelegenheit dem Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung vorgelegt.

Kläger ist der Freistaat Bayern, der durch das Landesamt für Vermessung und Geoinformationen topografische flächendeckende Landkarten für das gesamte Gebiet des Bundeslandes Bayern herausgibt. Der Kläger behauptet, der Beklagte habe zur Reproduzierung des durch ihn hergestellten Kartenmaterials sechs Karten des Klägers verwendet und die diesen zugrundeliegenden Daten übernommen. Er hat den Beklagten auf Auskunft, Rechnungslegung und Unterlassung verklagt. Die streitgegenständlichen Karten werden noch für das Revisionsverfahren von Bedeutung sein. Das Landgericht (LG München, Az. 7 O 18006/07) ist dem Klagebegehren des Klägers gefolgt und hat den Beklagten zur Rechnungslegung und Auskunftserteilung verurteilt. Ferner hat es die Schadensersatzpflicht des Beklagten festgestellt. Das Berufungsgericht (OLG München, Az. 29 U 4267/12) hat die Klage abgewiesen. Die Revision hat es nur insoweit zugelassen, als das der Schutz von Datenbanken gemäß §§ 87 ff. UrhG betroffen ist und die Berufungsrichter die damit einhergehenden Ansprüche des Klägers verneint haben. Mit dem Rechtsmittel begehrt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Der Erfolg des eingelegten Rechtsmittels hängt von der Auslegung des Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 96/9/EG ab. Das Berufungsgericht kann keine Ansprüche des Klägers auf der Grundlage der §§ 87 ff. UrhG feststellen, da es eine Datenbank als eine Sammlung von Daten, Werken und anderen Elementen klassifiziert, die sich voneinander trennen lassen, ohne dass ihr Informationswert dadurch beeinträchtigt wird. Datenbanken enthalten nach Meinung des Berufungsgerichtes ein System oder eine Methode, mit der sich ein oder mehrere der Sammlung zugrundeliegende Elemente wieder auffinden lassen. Dieser Maßstab gilt auch für Landkarten, die eine Vielzahl unterschiedlicher Informationen in Form einer Sammlung enthalten.

Die streitgegenständlichen Karten enthalten eine systematische Anordnung im Sinne von Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 96/9/EG. Ein Nutzer braucht nicht regelmäßig alle den Karten zugrundeliegenden Informationen. Das Rechtmittel der Revision ist ausschließlich auf die Verneinung der Ansprüche auf Rechnungslegung und Auskunft gemäß § 101 UrhG und §§ 242, 259 BGB und das Begehren auf Feststellung der Schadenersatzpflicht nach § 97 UrhG aufgrund einer Verletzung der Rechte des Klägers an den Datenbanken (§§ 87 ff. UrhG) beschränkt. Für die endgültige Beurteilung dieser Klagesache kommt es darauf an, ob die weiteren Voraussetzungen einer Datenbank im Sinne der zuvor zitierten Paragrafen vorliegen. Nach der regelmäßigen Rechtsprechung ist eine Datenbank „eine Sammlung von Werken, Daten oder anderen unabhängigen Elementen, die systematisch oder methodisch angeordnet und einzeln mit Hilfe elektronischer Mittel oder auf andere Weise zugänglich sind und deren Beschaffung, Überprüfung oder Darstellung eine nach Art und Umfang wesentliche Investition erfordert.“ Im Revisionsverfahren ist mangels abweichender Feststellung der Berufungsinstanz zugunsten des Klägers davon auszugehen, dass eine Datenbank im Sinne der Rechtsprechung vorliegt. Der Senat des BGH geht ebenso wie die Berufungsinstanz davon aus, dass eine topografische Landkarte eine Sammlung von systematisch angeordneten Daten enthält. Der EuGH klassifiziert vorliegende Informationen dann als Sammlung unabhängiger Elemente, wenn sich die Elemente voneinander trennen lassen, ohne dass ihr Informationswert in literarischer, künstlerischer, musikalischer oder sonstiger Hinsicht verloren geht. Aus dieser Rechtsprechung folgt jedoch nicht automatisch, dass diese Klassifizierung auch auf das streitgegenständliche Kartenmaterial anzuwenden ist. Die Meinung der Rechtsexperten geht in diesem Punkt auseinander. Eine Information ist auch dann als unabhängiges Element einzustufen, wenn das ausgewählte Element die Ansprüche des Nutzers der Datenbank nur teilweise befriedigt.

Der BGH als Revisionsinstanz stellt fest, dass dem Datenbankhersteller das alleinige und ausschließliche Recht auf Verwertung, Vervielfältigung, Verbreitung und Veröffentlichung der in der Datenbank gespeicherten Informationen zusteht. Das Berufungsgericht hat die Frage offen gelassen, ob der Beklagte schuldhaft die Rechte des Klägers mit der Nutzung des streitgegenständlichen Kartenmaterials im Sinne des Urhebergesetzes und der weiteren zuvor zitierten Paragrafen verletzt hat. Das Berufungsgericht hat folgerichtig keine Feststellungen hinsichtlich der Frage getroffen, ob die Darstellung, Beschaffung und Überprüfung der in den klagegegenständlichen Karten enthaltenen Informationen eine nach Art und Umfang wesentliche Investition erfordern. Die Richter stellen unter Berücksichtigung der Gesamtdarstellung auf die Zweckbestimmung des jeweiligen Mediums und sein Informationsgehalt ab. Die Aufzeichnung eines kinematografischen, audiovisuellen, literarischen oder musikalischen Werkes fällt als solche nicht unter die Richtlinie 96/9/EG. Hierdurch werden die Teile vom Schutz als Datenbank ausgenommen, bei denen einzelne Teile ihren Informationsgehalt und ihre Aussage erst im Zusammenhang mit dem Ganzen erhalten. Werden einzelne Elemente aus ihrer angeordneten Reihenfolge herausgelöst, wird ihr Wert beeinträchtigt.

BGH, Beschluss vom 18.09.2014, Az. I ZR 138/13


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