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Nachforschungspflicht des Anschlussinhabers

AG Bielefeld, Urteil vom 30.04.2015, Az. 42 C 842/14


Nachforschungspflicht des Anschlussinhabers

Das Amtsgericht Bielefeld hat mit Urteil vom 30. April 2015 entschieden, dass der Anschlussinhaber eines Internetanschlusses bei einem Verstoß gegen das Urheberrecht aufgrund eines illegalen Downloads über eine Sharing-Plattform im Hinblick auf seine sekundäre Darlegungslast lediglich vortragen muss, welche Personen als Täter infrage kommen, weil sie Zugriff auf den Internetanschluss hatten. Nach Auffassung des Gerichts ist die Pflicht zur Nachforschung jedoch nicht darauf auszuweiten, dass der Anschlussinhaber verpflichtet werden könnte, den tatsächlichen Täter zu ermitteln. Darüber hinaus müsse der Inhaber des Internetanschlusses auch nicht ermitteln, welcher Nutzer zu dem Zeitpunkt der Verletzungshandlung den Internetanschluss genutzt hat. Die Entscheidung beruht darauf, dass Tauschbörsen auch dann eingesetzt werden können, wenn der Nutzer gerade nicht präsent ist, so dass die Software auch bei Abwesenheit abgerufen werden kann.

Dem Rechtsstreit lag folgender Sachverhalt zu Grunde:

Die Klägerin hat in dem Verfahren ihrer Ansprüche auf Schadensersatz gegen die Beklagte geltend gemacht. Konkret ging es um einen urheberrechtlichen Verstoß durch das Anbieten eines Filmwerkes über eine Tauschbörse. Es handelte sich vorliegend um den Film „Niko - ein Rentier hebt ab”. Am 01. November 2010 wurde die Beklagte durch den Anwalt der Klägerin schriftlich abgemahnt. Die Klägerin hat vorgetragen, dass ihr die alleinigen Verwertungs- und Nutzungsrechte an dem Werk zustehen würden. Am 10. November 2009 sei der Film über eine Tauschbörse verbreitet worden. Durch die Nachforschungen konnte die Klägerin ermitteln, dass der Internetanschluss der Beklagten zuzuordnen war. Dementsprechend hat die Klägerin auch behauptet, dass es die Beklagte selbst gewesen sei, die das streitgegenständliche Filmwerk zum Download im Internet angeboten hat. Darüber hinaus hat die Klägerin bestritten, dass auch andere Personen auf den Anschluss der Beklagten Zugriff gehabt haben könnten.

Demgegenüber behauptete die Beklagte, dass das Auskunftsverfahren, das die Klägerin durchgeführt hatte, fehlerhaft gewesen sei. Ihr Internetanschluss werde von sieben anderen Nutzern verwendet, wobei die Nutzung eigenständig erfolgt. Die Beklagte hat in dem Prozess darauf hingewiesen, dass sie die anderen Personen mehrfach darüber aufgeklärt hat, dass keinerlei Inhalte über den Internetanschluss heruntergeladen werden dürfen, die verboten oder kostenpflichtig sind. Als der Beklagten die anwaltliche Abmahnung zugegangen ist, habe sie die anderen Personen umgehend darüber befragt, ob sie die Urheberrechtsverletzung begangen hätten. Die anderen Nutzer gaben jedoch an, dass sie die vorgeworfene Tathandlung nicht begangen hätten.

Im Ergebnis wies das Amtsgericht Bielefeld die Klage ab. Der Klägerin stehe nach Auffassung des Gerichts kein Anspruch auf Zahlung der geltend gemachten Lizenzgebühr gemäß §§ 97, 97 a Abs. 1 S. 2 UrhG zu. Die Beklagte hafte nicht als ermittelte Täterin für die Verletzung des Urheberrechts. Es sei insoweit nicht eindeutig feststellbar, dass die Beklagte das streitgegenständliche Filmwerk tatsächlich über eine Tauschbörse am 10. November 2010 für andere Internetnutzer zur Verfügung gestellt hat.

Gegen die tatsächliche Täterschaft spreche bereits die Vermutung, dass mehrere Personen in dem Haushalt der Beklagten Zugriff auf den gemeinsamen Internetanschluss zum Tatzeitpunkt gehabt haben. Es sei insoweit nicht erwiesen, dass die Beklagte vorsätzlich die Tatherrschaft ausgeübt hat. Es sei aufgrund der technischen Weiterentwicklung des Internets vielmehr so, dass der Internetanschluss bei Annahme eines Mehrpersonenhaushaltes von jedem Nutzer eigenständig genutzt wird. In Anlehnung an die Rechtsprechung des BGH hat das Amtsgericht Bielefeld sodann entschieden, dass es ausreichend ist, wenn der Anschlussinhaber darlegen kann, dass der Internetanschluss zum Tatzeitpunkt auch von anderen Menschen genutzt werden konnte. Insoweit treffe die Klägerin die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Anschluss zum Zeitpunkt der Urheberrechtsverletzung alleine von der Beklagten genutzt worden ist. Die Beklagte sei ihrer sekundären Darlegungslast insofern nachgekommen. Das Amtsgericht Bielefeld kam in seinem Urteil zu dem Entschluss, dass die Beklagte nachvollziehbar andere Personen benennen konnte, die zum Tatzeitpunkt ebenfalls Zugriff zu dem Internetanschluss hatten. Weitere Nachforschungen seien ihr im Hinblick auf die vorgeworfene Handlung nicht zuzumuten. Insbesondere könne dem Inhaber des Anschlusses nicht zugemutet werden, alle Personen zu überwachen, die den gemeinsamen Internetanschluss nutzen.

AG Bielefeld, Urteil vom 30.04.2015, Az. 42 C 842/14


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