Lizenz für Paparazzi-Bilder
Ein in redaktioneller Form erscheinender Beitrag, der ein Paparazzifoto verwendet und dem in Verbindung mit der Wortberichterstattung inhaltlich der Charakter einer Werbeanzeige für die Zeitung zukommt, kann einen Anspruch des ohne seine Zustimmung Abgebildeten gegen den Verleger auf Bezahlung eines fiktiven Lizenzbetrages in der Höhe von 50.000 € zur Folge haben.
Die Abbildung von Paparazzifotos an geeigneter Stelle wird von Zeitungen nicht ungern als Mittel zur Steigerung der Absatzzahlen benutzt. Das Verhältnis zwischen der Pressefreiheit beziehungsweise dem Informationsinteresse der Allgemeinheit und den Persönlichkeitsrechten des solchermaßen zur Schau Gestellten war Gegenstand einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamburg:
Der Kläger, ein auch als Fotograf und Unternehmer bekannter und nach dem Verfahren bereits verstorbener Prominenter, nahm die Beklagte im Verfahren als Verlegerin einer Wochenzeitung unter anderem auf Zahlung einer Lizenz in Anspruch. Bestandteil des von der Beklagten in der Zeitung veröffentlichten Beitrags war ein großformatiges Paparazzifoto, das den Kläger beim Lesen der Wochenzeitung in einer offensichtlich privaten Situation zeigte, in der er sich unbeobachtet fühlte. Im Begleittext wurde in mehreren Passagen speziell auf die Lektüre der Zeitung durch den Kläger und die Bekanntheit des Klägers hingewiesen. Der Beitrag war nicht als Werbeanzeige gekennzeichnet.
Das Oberlandesgericht Hamburg hatte eine Abwägung zwischen dem Schutz der persönlichen Sphäre des Klägers und dem Interesse der Öffentlichkeit an einer vollständigen Information über das Zeitgeschehen vorzunehmen, die zugunsten des Klägers ausfiel. Der Beitrag vermittelte nach den Entscheidungsgründen insgesamt lediglich die aktuelle Neuigkeit, dass der Kläger am Sonntag auf seiner Jacht die von der Beklagten verlegte Zeitung gelesen hatte. Dieser geringe Informationswert führte nach der mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs übereinstimmenden Ansicht des Oberlandesgerichts Hamburg dazu, dass dem Persönlichkeitsrecht des Klägers und seinem Recht am eigenen Bild der Vorrang vor dem Informationsinteresse der Allgemeinheit einzuräumen war.
Die Beklagte hatte durch die Veröffentlichung aber auch in die vermögensrechtlichen Bestandteile des Persönlichkeitsrechts des Klägers eingegriffen. Sowohl durch das Bild als auch durch die begleitende Textberichterstattung wurde die Tatsache, dass der Kläger die von der Beklagten verlegte Zeitung gelesen hatte, in den Vordergrund gestellt. Der Beitrag ähnelte inhaltlich weitgehend einer Werbeanzeige, deren Werbewirksamkeit durch das Abstellen auf die Prominenz des Klägers noch gesteigert wurde. Die Beklagte hatte den Kläger dadurch unentgeltlich als Werbeträger für die Zeitung gebraucht. Die Einwilligung in die wie hier weitgehende Vereinnahmung einer Person für Werbezwecke wird aber üblicherweise durch eine angemessene Zahlung abgegolten. Das Oberlandesgericht Hamburg bejahte daher den Anspruch des Klägers auf Herausgabe des ersparten Lizenzbetrages als Wertersatz für die Nutzung nach den Vorschriften der ungerechtfertigten Bereicherung sowie als Schadensersatz aus unerlaubter Handlung.
Die Höhe des zu leistenden Betrages wurde vom Oberlandesgericht Hamburg wie vom Kläger begehrt mit 50.000 € geschätzt. Maßgeblich für die Beurteilung der Angemessenheit waren nach der Ansicht des Oberlandesgerichts Hamburg dabei der hohe Bekanntheitsgrad des Klägers, der hohe Aufmerksamkeitswert des Beitrags und schließlich die hohe Auflage und weltweite Verbreitung der Zeitung.
Das Landgericht Hamburg hatte die Klage hinsichtlich des Lizenzanspruchs noch abgewiesen. Das Oberlandesgericht Hamburg verurteilte die Beklagte auf die Berufung des Klägers zur Bezahlung des Lizenzbetrages.
Oberlandesgericht Hamburg, Urteil vom 10.08.2010, Az. 7 U 130/09