Kosten für die Providerauskunft sind anteilig zu erstatten
Die Richter des Bundesgerichtshofes hatten über die Rechtsbeschwerde der Klägerin betreffend ihre Verfahrenskosten gemäß § 101 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 und Abs. 9 S. 1 UrhG zu entscheiden. Die vorgelagerten Kosten der Klägerin in ihrem Verfahren gegen einen Internet-Provider auf Auskunft über die Inhaber von 32 IP-Adressen dienen der Vorbereitung auf einen bevorstehenden Rechtsstreit gegen die Person, die über die streitgegenständliche IP-Adresse für eine Urheberrechtsverletzung verantwortlich zeichnet. Die Verfahrenskosten sind anteilig auf die das Urheberrecht verletzenden Personen zu verteilen.
Die Klägerin geht mit ihrer Rechtsbeschwerde gegen einen Internetprovider vor und nimmt ihn in Anspruch auf Auskunft über die Inhaber von 32 IP-Adressen. Die Klägerin vertreibt das Computerspiel „Deux Ex Human Revolution“. Die Inhaber der 32 streitgegenständlichen IP-Adressen hatten dieses Computerspiel unbefugt im Internet angeboten und damit gegen das Urheberrecht (§ 101 UrhG) verstoßen. Die Klägerin hatte zuvor eine richterliche Verfügung über die Verwendung der für die Erteilung einer solchen Auskunft erforderlichen Personendaten erwirkt. Die Klägerin hat die Festsetzung der Verfahrenskosten beantragt und forderte die Beklagte zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf. Nachdem die Beklagte in ihrer Eigenschaft als Internet-Provider die geforderte Auskunft erteilt hatte, erhob die Klägerin gegen die Beklagte Klage auf Unterlassung und Erstattung der Abmahnkosten, da die erteilte Auskunft ihrer Meinung nach unzureichend war. Das Verfahren endete mit einem Vergleich, in dem sich die Beklagte verpflichtete, die Kosten des Rechtsstreits zur Abgeltung aller Ansprüche zu tragen. Im Kostenfestsetzungsverfahren nahm die Klägerin die Beklagte für die gesamten Kosten des Verfahrens ihrer Filesharing-Klage in Anspruch. Zu den Anwalts- und Abmahngebühren kamen die Kosten des vorgelagerten Auskunftsverfahrens hinzu.
Das Landgericht wies ihren Kostenfestsetzungsantrag jedoch zurück, woraufhin die Klägerin sofortige Rechtsbeschwerde einlegte und in der nächsten Instanz ihr Klagebegehren weiter verfolgte. Die Beschwerdeführerin wollte die Beklagte für die Kosten des gesamten Auskunftsverfahrens in Anspruch nehmen, obwohl sie nur Inhaberin von zwei der streitgegenständlichen 32 IP-Adressen ist. Die Beschwerde vor dem Oberlandesgericht blieb erfolglos. Auch die Richter des Bundesgerichtshofes wiesen das Klagebegehren der Beschwerdeführerin in diesem Rahmen zurück. Sie gestanden der Klägerin die anteilige Geltendmachung der vorgelagerten Kosten im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens zu. Die Entscheidung des Senats lautet dahingehend, dass die Klägerin die Kostenfestsetzung von 2/32 geltend machen kann. Die Beklagte hat als Inhaberin von zwei der 32 streitgegenständlichen IP-Adressen lediglich ihren Anteil an den vorgelagerten Kosten des Filesharingverfahrens zu tragen. Mit ihrer Beschwerde argumentiert die Klägerin, die Kosten wären in derselben Höhe angefallen, wenn es sich nur um zwei anstatt um 32 IP-Adressen als Gegenstand des Verfahrens gehandelt hätte. Die Richter der Beschwerdeinstanz folgen der Argumentation der Klägerin nicht. Sie begründen ihre Entscheidung damit, dass die Beklagte sich im Rahmen des Gesamtschuldnerausgleichs nicht bei den Inhabern der 30 weiteren IP-Adressen schadlos halten kann. Es ist der Beklagten nicht möglich, die Inhaber der weiteren 30 IP-Adressen zu ermitteln. Ferner ist sie juristisch nicht in der Lage, sie mit Erfolg als Gesamtschuldner auf Ausgleich gemäß § 426 BGB in Anspruch zu nehmen.
Die Richter gehen nicht davon aus, dass die Personen, die die von der Klägerin behaupteten Urheberrechtsverletzungen begangen haben, gemäß § 421 BGB als Gesamtschuldner in Anspruch genommen werden können. Diese Inanspruchnahme würde voraussetzen, dass es sich bei den 32 Inhabern der verfahrensgegenständlichen IP-Adressen nicht um selbständige Täter, sondern um Beteiligte oder Mittäter handelt (§ 830 BGB). Im Fall einer erfolgreichen Inanspruchnahme eines Rechtsstreits und des Kostenfestsetzungsverfahrens hätten die Täter nicht gemäß § 100 Abs. 4 ZPO als Gesamtschuldner gehaftet, sondern anteilig nach Kopfteilen (§ 100 Abs. 1 ZPO). Diesen Rechtsgedanken legten die Richter ihrer Entscheidung zugrunde und legen im Kostenfestsetzungsverfahren eine Haftung für die Beklagte in Höhe von 2/32 der notwendigen Kosten zur Verfahrensvorbereitung gemäß § 91 Abs. 1 ZPO fest.
BGH, Beschluss vom 15.05.2014, Az. I ZB 71/13