Kommerziell erstelltes Foto
Eine Zeitschrift druckt zur Vorweihnachtszeit einen Artikel über Bücher. Daneben prangt ein Foto, auf dem ein Opa seinem Enkelkind vorliest. Das Bild verstärkt die Wirkung des Artikels. Die Szene sieht aus wie aus dem Leben gegriffen, sie ist jedoch gestellt. Der abgebildete ältere Herr verdient als Fotomodell sein Geld. Das Foto war vor Jahren von einem Fotografen als Symbolfoto geschossen worden, um über eine Agentur vermarktet zu werden und so dem abgebildeten Mann seinen Verdienst einzubringen.
Es wurde veröffentlicht, ohne dass der ältere Herr eine Vergütung erhielt. Er klagte und bekam in zweiter Instanz vor Gericht ein Anrecht auf Bezahlung zugesprochen. Da er das Bild nicht selbst geschossen hatte, kamen urheberrechtliche Ansprüche nicht in Betracht. Jedoch hatte der Verlag das Bild ohne Wissen des Fotomodells veröffentlicht. Damit sah der Mann sein Recht am eigenen Bild verletzt, also einen Verstoß gegen das Kunsturhebergesetz (§ 22 KUG). Folglich bestand er auf die Zahlung von Schadensersatz. Dieses wurde durch das Amtsgericht in erster Instanz jedoch abgelehnt, da das Foto nicht zu Werbezwecken benutzt worden war. Weiter erkannte es für das Bild keinen eigenständigen Vermögenswert an, da es den Mann in einer alltäglichen Situation zeige.
Dagegen legte der ältere Herr Berufung ein. Schließlich sei das Foto allein zu dem Zweck gemacht worden, es zu verkaufen. Bei einer Veröffentlichung stünde dann üblicherweise die Bezahlung an. Er verdiene sein Geld schon länger auf diese Art. Der Zeitschriftenverlag habe in der Vergangenheit bereits Fotos von ihm veröffentlicht und dafür Geld bezahlt. Daher mache es für ihn keinen Unterschied, ob das Foto für Werbung oder andere Zwecke in der Zeitschrift veröffentlicht wurde.
Das Landgericht verneinte ebenso einen Anspruch auf Schadensersatz, da es in der Veröffentlichung des Fotos keine schwerwiegende Verletzung der Persönlichkeitsrechte des Mannes sah. Das Bild war nicht zu Werbezwecken benutzt worden.
Allerdings befand das Landgericht, dass der Verlag sich durch das Abdrucken des Fotos einen Vermögensvorteil verschafft hatte. Die normalerweise übliche Zahlung an das Fotomodell bei Veröffentlichung hatte er sich erspart. Wenn Fotos von Prominenten veröffentlicht werden, hat eine Zeitschrift dafür die Lizenz zu erwerben. Nur, weil das Fotomodell nicht prominent ist, kann deshalb nicht automatisch kostenlos ein Foto von ihm veröffentlicht werden. Das Vorlesefoto war allein zum Zweck der Vermarktung entstanden. Überwiegend werden solche Fotos von Verlagen für Werbezwecke gekauft und genutzt, da sie ihnen dadurch Geld einbringen. Allein die Tatsache, dass das Foto nichts bewirbt, bedeutet nicht, dass das Fotomodell bei einer Veröffentlichung nicht bezahlt werden braucht. Sonst wäre ja der Verdienst eines Fotomodells für sein Bild abhängig von dem Erfolg der jeweiligen Werbekampagne.
Fotos, die zu kommerziellen Zwecken gemacht worden sind, haben ihren eigenen Vermögenswert. Dieser ist unabhängig davon, wie oft oder wozu ein Bild benutzt wird. In diesem Fall wurde es für einen redaktionellen Artikel benutzt. Der Verlag ist folglich dazu verpflichtet, das für eine Veröffentlichung übliche Honorar an das Fotomodell zu zahlen (§ 812 Abs. 1 S. 1 BGB).
LG Kiel, Urteil vom 30.08.2013, Az. 1 S 223/12