Kein Schutz von Live-Stream nach EU-Recht
Die Übertragung einer Sportveranstaltung per Live-Stream stellt nach geltendem EU-Recht keine Verletzung des Urheberrechts dar. Allerdings kann ein Verstoß gegen weitergehende nationale Gesetze vorliegen. So der Tenor eines vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) am 26. März 2015 ergangenen Urteils (Az. C-279/13).
In dem vor dem EuGH verhandelten Streitfall ging es um die Übertragung von Eishockeyspielen. Als Kläger trat C More Entertainment, ein Schwedischer TV-Bezahlsender auf. Der klagte gegen den Webseitenbetreiber Linus Sandberg, der auf seiner Homepage Linke eingefügt hatte, über den die Übertragung zweier Matches kostenlos via Live-Stream verfolgt werden konnte. Daraufhin kontaktierte C More Entertainment Herrn Sandberg telefonisch und forderte ihn auf, die beanstandeten Links von seiner Webseite zu nehmen. Als der Beklagte dieser mündlichen Aufforderung nicht nachkam, wurde sie ihm vom Kläger schriftlich mit dem Hinweis zugestellt, dass die Links Urheberrechtsverletzung darstellten. In der Folge verhinderte C More Entertainment durch Einbau eines zusätzlichen Schutzes die Übertragung mittels der vom Kläger auf seiner Homepage zur Verfügung gestellten Links und klagte gegen Linus Sandberg aus Schadensersatz.
Nachdem zwei Instanzen dem Antrag des Klägers entsprochen, den Beklagten schadensersatzpflichtig schuldig gesprochen und darüber hinaus zur Zahlung einer Geldstrafe verurteilt hatten, leitete der Oberste Gerichtshof Schwedens den Fall an den EuGH in Luxemburg weiter. Dort sollte geprüft werden, ob die Schwedische Rechtsprechung in dieser Frage dem geltenden EU-Recht entspreche. Grund hierfür war das Begehren der Schwedischen Richter prüfen zu lassen, ob ihre nationale Gesetzgebung im Widerspruch zur Rechtsprechung der EU stehe. Während die EU eine Urheberrechtsverletzung erst bei einem Abruf des geschützten Objekts als gegeben ansehe, gewähre das Schwedische Recht einen weitergehenden Schutz, der bereits im Setzen eines Hyperlinks eine öffentliche Wiedergabe sehe.
Laut Urteil des EuGH vom 26. März 2015 wird in der maßgeblichen Info-Richtlinie der EU nicht auf Live-Streams eingegangen. Dagegen obliege es den einzelnen Mitgliedsstaaten, ihren Sendeanstalten und Unternehmen das ausschließliche Recht einzuräumen, darüber zu bestimmen, ob und auf welche Weise Inhalte öffentlich verfügbar gemacht werden.
Wie das EuGH in seiner Urteilsbegründung weiter ausführte, dient die Europäische Info-Richtlinie der Harmonisierung des Binnenmarkts. Die Beseitigung nationaler Rechtsunterschiede, welche für das Funktionieren des Binnenmarktes nicht maßgeblich sind, gehört dagegen nicht zu den Zielen, welche mit der Richtlinie verfolgt werden sollen. Daher wurden Schutz- und Urheberrechte von der EU nur in einzelnen Teilen harmonisiert.
Was die in der Europäischen Info-Richtlinie aufgeführten "Übertragungen auf Abruf" vom Live-Stream unterscheidet, ist der Umstand, dass sie öffentlich zu jeder Zeit und an jedem Ort zur Verfügung stehen. Es stehe den nationalen Gerichtsbarkeiten frei, eigene Gesetze in Bezug auf Live-Streams zu erlassen. So ist in Artikel 8 Absatz 3 der EU-Richtlinie 2006/115 festgelegt, dass die zur EU gehörenden Staaten das Recht haben, weitergehende Gesetze zu verabschieden, welche die Schutzrechte von Urheberrechtsinhabern regeln. Dies beinhaltet auch die drahtlose Verbreitung bezahlter Sendeinhalte.
EuGH, Urteil vom 26.03.2015, Az. C-279/13