Intime Fotos müssen nach Trennung gelöscht werden
Nach dem Ende einer Beziehung besteht grundsätzlich ein Anspruch auf Löschung intimer Foto- und Filmaufnahmen gegenüber dem ehemaligen Partner.
Dies stellte das OLG Koblenz in einem Urteil vom 20.05.2014 (Az. 3 U 1288/13) fest und wies daher im Ergebnis die von den Parteien gegen das Teil-, Anerkenntnis- und Endurteil des LG Koblenz als erstinstanzliche Entscheidung eingelegte Berufung zurück.
Klägerin und Beklagter hatten im Vorfeld des Verfahrens eine längerfristige Beziehung unterhalten, in deren Verlauf der Beklagte als professioneller Fotograf zahlreiche Bildaufnahmen erstellt hatte. Diese zeigten die Klägerin unter anderem unbekleidet, teilweise bekleidet und vor sowie nach dem Geschlechtsverkehr mit dem Beklagten. Weiterhin hatte die Klägerin auch selbst intime Fotos von sich erstellt und dem Beklagten regelmäßig in digitaler Form überlassen.
Darüber hinaus befanden sich jedoch im Besitz des Beklagten auch Bildaufnahmen, die die Klägerin bei alltäglichen Handlungen zeigten und die entsprechend keinen intimen Bezug aufwiesen.
Nach Ende der Beziehung veröffentlichte der Beklagte persönliche Nachrichten aus dem vorangegangenen E-Mail-Verkehr zwischen ihm und der Klägerin gegenüber Dritten.
Die Klägerin machte daraufhin einen gerichtlichen Unterlassungsanspruch hinsichtlich der weiteren Veröffentlichung entsprechender Nachrichten geltend. Im Rahmen eines Teilvergleichs vor der Erstinstanz verpflichtete sich der Beklagte zudem, keinerlei Bild- oder Filmaufnahmen der Klägerin öffentlich zu machen oder Dritten zu zeigen.
In einem weiteren Antrag verlangte die Klägerin jedoch auch die Löschung sämtlicher vorhandener Bild- und Filmaufnahmen auf den Datenträgern des Beklagten.
Das LG Koblenz entsprach diesem Antrag jedoch nur hinsichtlich solcher Foto- und Filmaufnahmen, die einen intimen Bezug zu der Klägerin aufwiesen. Ein solcher Anspruch lasse sich nach Ansicht der Richter grundsätzlich aus den §§ 823, 1004 BGB in Verbindung mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht herleiten, welches insbesondere auch die informationelle Selbstbestimmung schützen soll. Zwar hatte die Klägerin vorliegend ihre Zustimmung zur Anfertigung der fraglichen Aufnahmen gegeben, dies könne jedoch nicht absolut und ohne Berücksichtigung der inzwischen geänderten persönlichen Umstände gelten.
Insbesondere erschien es vorliegend aufgrund des vorherigen Verhaltens des Beklagten nicht ausgeschlossen, dass dieser trotz seines Versprechens hinsichtlich des Unterlassens der weiteren Veröffentlichung intimer Nachrichten und Bildaufnahmen zukünftig weitere Aufnahmen veröffentlichen würde. Aufgrund ihres intimen Charakters seien solche Aufnahmen zudem grundsätzlich dazu geeignet, das Ansehen der Klägerin gegenüber Dritten erheblich zu beeinträchtigen.
Dieser Anspruch würde sich nach Meinung der Richter jedoch nicht auf solche Aufnahmen erstrecken, die die Klägerin in Alltagssituationen ohne intimen Bezug zeigten.
Die hierbei von der Klägerin geltend gemachte Persönlichkeitsrechtsverletzung sei demnach grundsätzlich geringer und eine Beeinträchtigung ihrer Reputation gegenüber Dritten daher auch weniger wahrscheinlich. Das LG stellte daher fest, dass es der Klägerin zumutbar sei, die Aufnahmen im weiteren Besitz des Beklagten zu belassen.
Das OLG Koblenz hatte nun im Rahmen einer dagegen von der Klägerin eingereichten Berufung zu entscheiden, ob sich ein entsprechender Löschungsanspruch auch auf Bild- und Filmaufnahmen ohne intimen Bezug erstrecken kann.
Im Rahmen dessen verneinten die Richter in erster Konsequenz die Anwendung des § 6 Abs. 1 BDSG (Bundesdatenschutzgesetz), da die Anwendung der Norm aufgrund § 1 Abs. 2 Nr. 3 BDSG und § 27 BDSG ausgeschlossen sei. Demnach würde es sich vorliegend um eine rein privaten Sachverhalt handeln, der grundsätzlich nicht von dem Schutzzweck des BDSG erfasst sei.
In seinem übrigen Urteil schloss sich das OLG Koblenz im wesentlichen der erstinstanzlichen Entscheidung des LG an. Insbesondere sei vorliegend das Persönlichkeitsrecht der Klägerin durch die weitere Speicherung von Bildaufnahmen mit alltäglichen Bezug nur gering beeinträchtigt. Den Löschungsanspruch auch auf solche Aufnahmen zu erweitern, hatte das LG daher zutreffend abgelehnt.
Mit dem vorliegenden Urteil hat das OLG Koblenz grundsätzlich im Sinne einer weiten Auslegung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts entschieden. Zu Recht verneinten die Richter dabei den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch hinsichtlich der Löschung sämtlicher angefertigter Foto- und Filmaufnahmen, was bereits aus pragmatischen Gründen zu einer im Ergebnis fraglichen Lösung geführt hätte.
Als zumindest problematisch lässt sich jedoch auch die Umsetzung der nun getroffenen Entscheidung bezeichnen. Insbesondere erscheint die Durchsetzung des Löschungsanspruchs in der Praxis als zumindest fraglich, da durch moderne Technologien die virtuelle Speicherung auf einer praktisch unbegrenzten Anzahl von Datenträgern problemlos möglich ist.
Eine rechtliche oder gerichtliche Überprüfung der vollständigen Löschung entsprechend intimer Aufnahmen erscheint daher nahezu ausgeschlossen.
Aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung des Falles hat das OLG Koblenz jedoch vorliegend die Revision zugelassen. Ob daher in naher Zukunft mit einem Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofs zu dieser Thematik zu rechnen ist, hängt somit wesentlich von dem weiteren Klagewillen der Beteiligten ab.
Oberlandesgericht (OLG) Koblenz, Urteil vom 20. Mai 2014, Aktenzeichen 3 U 1288/13